Tz. 81

Stand: EL 94 – ET: 10/2018

Meinung 1: Eigenständigkeit des KSt-Rechts

Richtungsweisend bezüglich der kstlichen Qualifikation ausl Gesellschaften war früher das Urt des RFH v 12.02.1930 (RStBl 1930; 444). Dieses wegen der Beteiligung eines Inländers an einer Gesellschaft venezolanischen Rechts oft als "Venezuela-Entsch" zitierte Urt hatte klargestellt, dass ein ausl Rechtsgebilde iR seiner stlichen Bewertung danach zu untersuchen ist, ob es mehr dem Typ einer Kap-Ges oder dem einer Pers-Ges ähnelt. Damit wurde eine Eigenständigkeit des KSt-Rechts ggü dem ZivR hervorgehoben, die auch der BFH, s Urt des BFH v 03.02.1988 (BStBl II 1988, 588) betonte, in dem er ua ausführte, es richte sich "aber ausschl nach dt St-Recht, ob eine rechtsfähige oder nicht rechtsfähige ausl Gesellschaft der dt KSt oder etwa der dt ESt unterliegt". Ähnlich auch s Urt des BFH v 03.02.01988 (BStBl II 1988, 588).

 

Tz. 82

Stand: EL 94 – ET: 10/2018

Dem folgend vertrat die hM der Kommentar-Lit früher die Auff, dass § 1 Abs 1 KStG in eigenständiger stlicher Wertung entscheidet, welche (ausl) Gesellschaften KSt-Subjekte sind (dazu s Klempt, in H/H/R, § 1 Rn 101ff, s Bock, in F/M, KStG, § 1 Rn 72ff, s Lammsfuß, in Kläschen, KStG, § 1 Rn 32ff, s Freericks, in Blümich/Falk, KStG, § 1 Rn 80ff).

 

Tz. 83

Stand: EL 94 – ET: 10/2018

Diese Meinung entsprach der Auff des BVerfG zur Maßgeblichkeit des ZivR für das St-Recht (dazu s Tz 17f). Dazu stellte Debatin (BB 1988, 1155 und BB 1990, 1457) unter Bezugnahme auf das Urt des BFH v 17.07.1968 (aaO) klar, dass zwar eine zivilrechtliche Weichenstellung (Indizwirkung) anzuerkennen sei, dass für die stliche Betrachtung aber letztlich nicht die Rechtsfähigkeit, sondern die wes Strukturmerkmale einer Gesellschaft maßgebend seien.

 

Tz. 84

Stand: EL 94 – ET: 10/2018

Meinung 2: Maßgeblichkeit des ZivR

Oppermann (DB 1988, 1469) ua gingen hingegen davon aus, dass die KSt eine von der Rechtsform abhängige St ist, die an die zivilrechtliche Qualifikation einer ausl Gesellschaft nach der Sitztheorie anknüpft. Diese Auff hatte sich auch die Fin-Verw zu eigen gemacht, die in einem koordinierten Ländererl (s Erl der Fin-Beh Hbg v 15.01.1985, DB 1985, 258) die KSt-Pflicht einer sog "british non-resident ltd" mit Geschäftsleitung und Betrieb im Inl mit der Begr verneint hatte, nach der zivilrechtlichen Sitztheorie sei eine solche Gesellschaft britischen Rechts im Inl nicht rechtsfähig.

 

Tz. 85

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Auch Wassermeyer (DB 1990, 244) knüpfte bei der Auslegung des § 1KStG früher streng formalistisch an das dt Gesellschaftsrecht an und vertrat unter Berufung auf die Rspr des BFH (insbes s Urt des BFH v 29.10.1986, BStBl II 1987, 308, v 29.10.1986, BStBl II 1987, 310 und v 13.09.1989, Az: I R 105/86 nv) die Auff, das St-Recht habe in § 1 und 2 KStG die KSt-Subjekteigenschaft an das dt ZivR angebunden. Daraus schloss er, dass nur eine Kap-Ges dt Rechts mit Sitz und Geschäftsleitung im Inl unbeschr kstpfl sein könne. Ausl Kap-Ges wollte er hiernach unabhängig vom Verwaltungssitz nur den Status der beschr KSt-Pflicht zuerkennen. Wegen Kritik daran s Debatin (BB 1990, 1457).

 

Tz. 86

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Differenzierter urteilte Buyer (DB1990, 1682), der eine ausl Kap-Ges mit Verwaltungssitz im Inl im Gegensatz zu Wassermeyer (aaO) zwar als unbeschr kstpfl ansah, sie jedoch wegen der fehlenden inl Rechtsfähigkeit nicht den Kap-Ges iSd § 1 Abs 1 Nr 1 zuordnete, sondern den Zweckvermögen iSd § 1 Abs 1 Nr 5 KStG.

 

Tz. 86a

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BFH-Entsch v 23.06.1992 zur "Liechtensteiner AG"

Mit seiner Entsch v 23.06.1992 (BStBl II 1992, 972) hatte der BFH in dem oben dargestellten Meinungsstreit – abw von der Verw-Auff zu den "non resident – limiteds" (s Tz 84) – zumindest vorläufig einen Schlusspunkt gesetzt und folgende Position eingenommen:

"Eine im Ausl gegründete Gesellschaft, die wie eine dt Kap-Ges strukturiert ist, kann der unbeschr KSt-Pflicht nach § 1 Abs 1 Nr 5, § 3 Abs 1 KStG auch dann unterliegen, wenn sie ihre Geschäftsleitung im Inl hat und deshalb nach dt internationalen Privatrecht nicht rechtsfähig ist."

In dem Urt ging es um die KSt-Pflicht einer im Fürstentum Liechtenstein gegründeten AG mit Sitz in Liechtenstein und Geschäftsleitung in D. Der BFH führte in seiner Begr aus, dass die KSt-Pflicht dieser AG sich nicht aus § 1 Abs 1 Nr 1 oder § 1 Abs 1 Nr 4 KStG herleiten lässt, weil die AG im Inl mangels Eintragung ins H-Reg nicht rechtsfähig ist. Er vertrat die Auff, dass die volle Zivilrechtsfähigkeit im Inl zwingende Voraussetzung für die Qualifikation eines Gesellschaftsgebildes als Kap-Ges iSd § 1 Abs 1 Nr 1 KStG oder als sonstige jur Pers des privaten Rechts iSd § 1 Abs 1 Nr 4 KStG ist. Ungeachtet dessen kam er aber zu dem Ergebnis, dass im Inl nicht rechtsfähige ausl Gesellschaften, die von ihrem Rechtstypus her Kap-Ges oder sonstigen jur Pers iSd § 1 Abs 1 Nrn 1 oder 4 KStG entsprechen, unbeschr kstpfl nach § 1 Abs 1 Nr 5 KStG sein können, wenn ihr Einkommen weder nach dem KStG noch nach dem EStG...

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