Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Verbleibregelung bei der Beschäftigungszulage

 

Leitsatz (NV)

Ein Wirtschaftsgut verbleibt auch dann noch im Betrieb (in der Betriebsstätte) des Investors, wenn dieser es kurzfristig, d. h. nicht länger als drei Monate, an einen anderen vermietet.

 

Normenkette

InvZulG 1982 § 4b Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) betreibt einen Autoverleih. Für die Anschaffung von zwei Personenkraftwagen beantragte er beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt - FA -) die Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b des Investitionszulagengesetzes 1982 (InvZulG 1982). Das FA versagte die beantragte Zulage mit der Begründung, die Fahrzeuge würden nicht ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt. Es sei nämlich zu vermuten, daß die Mieter die Fahrzeuge in nicht unerheblichem Umfang privat nutzen würden.

Das Finanzgericht (FG) hat der Sprungklage mit den in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1985, 513 abgedruckten Gründen stattgegeben. Es war der Ansicht, für die Gewährung einer Investitionszulage gemäß § 4b InvZulG 1982 komme es entscheidend darauf an, ob das angeschaffte Wirtschaftsgut aus der Sicht des Investors betrieblich genutzt werde.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 4b InvZulG 1982.

Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger hat sich im Revisionsverfahren nicht geäußert.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

1. Gemäß § 4b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c, bb InvZulG 1982 ist die Anschaffung von Wirtschaftsgütern der hier streitigen Art nur zulagebegünstigt, wenn diese mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung in einem Betrieb oder einer Betriebstätte im Inland verbleiben. Darüber hinaus bestimmt § 4b Abs. 2 Satz 7 InvZulG 1982, daß der Zulageanspruch nur dann entsteht, wenn das angeschaffte Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird.

Hat der Investor das angeschaffte Wirtschaftsgut einem anderen zum Gebrauch überlassen, so ist - was das FG nicht beachtet hat - vorrangig zu prüfen, wo das Wirtschaftsgut i. S. des § 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvZulG 1982 verblieben ist; denn die Entscheidung darüber, ob das Wirtschaftsgut ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt wird, ist nach den Verhältnissen desjenigen zu beurteilen, bei dem das Wirtschaftsgut verblieben ist.

2. Vermietet der Investor das angeschaffte Wirtschaftsgut, so hat das nicht stets gleichzeitig auch zur Folge, daß dieses nicht mehr in dem Betrieb (der Betriebstätte), dem (der) es bisher zuzuordnen war, verbleibt. Sofern Tz. 40 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen (BMF) vom 16. Juni 1982 IV B 2 - InvZul 1010 - 16/82 (BStBl I 1982, 569) dahin zu verstehen sein sollte, daß nach Ansicht des BMF ein Wirtschaftsgut auch bei kurzfristiger Nutzungsüberlassung stets aus dem Betrieb (der Betriebstätte) des Investors ausscheide, könnte dem der Senat nicht folgen.

Nach ständiger Rechtsprechung zu Verbleibregelungen in vergleichbaren zulagerechtlichen Vorschriften (vgl. insbesondere Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. Oktober 1985 III R 79/82, BFHE 145, 479, BStBl II 1986, 150) ist unter dem Begriff ,,Verbleiben" eine dauerhafte räumliche Beziehung des Wirtschaftsguts zu dem Betrieb (der Betriebstätte) zu verstehen. Diese erfordert jedoch nicht, daß das Wirtschaftsgut im räumlich abgegrenzten Bereich des Betriebs (der Betriebstätte) bleiben muß. So ist beispielsweise anerkannt, daß bei Kraftfahrzeugen die Bindung an die Berliner Betriebstätte grundsätzlich auch dann erhalten bleibt, wenn die Fahrzeuge den Raum von Berlin kurzfristig verlassen (BFH-Urteil vom 20. November 1970 VI R 151/69, BFHE 100, 558, BStBl II 1971, 155). Bei Baugeräten ist die Voraussetzung des dreijährigen Verbleibens nach Auffassung der Einkommensteuerreferenten des Bundes und der Länder (BMF-Schreiben vom 14. Mai 1980 IV B 2 - S 1990 - 18/80, IV B 2 - S 1974 - 4/80, BStBl I 1980, 231) auch dann noch als erfüllt anzusehen, wenn diese Wirtschaftsgüter kurzfristig außerhalb des Zonenrandgebiets bzw. Berlin (West) eingesetzt werden. Rechtsprechung und Verwaltungspraxis haben damit der Wesensart und der Zweckbestimmung der genannten Wirtschaftsgüter sowie einem Bedürfnis der Praxis Rechnung getragen. Der erkennende Senat ist darüber hinaus der Ansicht, daß die gemäß § 4b Abs. 2 InvZulG 1982 erforderliche dauerhafte räumliche Beziehung zu dem Betrieb (der Betriebstätte) stets auch dann noch bestehen bleibt, wenn der Investor das Wirtschaftsgut in Erfüllung des Geschäftszwecks nur kurzfristig einem anderen zur Nutzung überläßt. Insoweit verbleibt das Wirtschaftsgut trotz der Nutzungüberlassung im Betrieb (in der Betriebstätte) des Investors; es wird nach wie vor dort eingesetzt. Dabei ist es unerheblich, ob es sich bei dem Mieter um einen Gewerbetreibenden oder um eine Privatperson handelt und wo und zu welchem Zweck der Mieter das Wirtschaftsgut verwendet. Als kurzfristig sieht der Senat einen Zeitraum von bis zu drei Monaten je Vermietung an, und zwar beginnend mit dem Zeitpunkt der tatsächlichen Gebrauchsüberlassung. Diese Auslegung des Senats trägt dem Umstand Rechnung, daß der Investor in Vermietungsfällen regelmäßig innerhalb kurzer Frist wieder die tatsächliche Gewalt über das vermietete Wirtschaftsgut, beispielsweise das Fahrzeug, wiedererlangt. Eine andere Auslegung würde dazu führen, daß bestimmte Branchen, wie z. B. im Ausgangsfall Autoverleihfirmen, ohne ersichtliche Notwendigkeit von der Beschäftigungszulage ausgeschlossen wären.

3. Das FG ist von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat - von seiner Rechtsauffassung ausgehend zutreffend - keine Feststellungen darüber getroffen, welche Laufzeit die einzelnen Mietverträge hatten. Die Sache war daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Dieses wird die erforderlichen Feststellungen nachzuholen haben.

a) Kommt das FG zum Ergebnis, daß der Kläger die Fahrzeuge jeweils nicht für einen längeren Zeitraum als drei Monate vermietet hat, so wird es zur Anwendung des § 4b Abs. 2 Satz 7 InvZulG 1982 noch zu prüfen haben, ob und ggf. in welchem Umfang der Kläger die Fahrzeuge daneben noch privat genutzt hat. Insoweit sind die Grundsätze anzuwenden, die der Senat in seinen Urteilen vom 4. November 1977 III R 145/74 (BFHE 124, 470, BStBl II 1978, 353) und vom 7. März 1980 III R 92/78 (BFHE 130, 221, BStBl II 1980, 412) dargelegt hat. Diese Grundsätze gelten auch für den Anwendungsbereich des § 4b InvZulG 1982, wie sich aus der Begründung des Gesetzes ergibt (BTDrucks 9/1488, S. 16).

b) Beträgt die tatsächliche Mietdauer mehr als drei Monate, dann verbleibt das Fahrzeug nicht mehr im Betrieb (in der Betriebstätte) des Investors (Vermieters). Es kommt dann auf die Verhältnisse beim Mieter an. Handelt es sich um eine Privatperson, so ist die Zulage nicht zu gewähren. Handelt es sich um einen Gewerbetreibenden, so gelten die Grundsätze der Senatsurteile in BFHE 124, 470, BStBl II 1978, 353; BFHE 130, 221, BStBl II 1980, 412.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414569

BFH/NV 1987, 467

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