Leitsatz (amtlich)

Der Abgabepflichtige kann in dem Verfahren gegen den Verteilungsbescheid nach § 38 der 19. AbgabenDV-LA mit dem Einwand gehört werden, der aus der Umstellung der verteilten Gesamtverbindlichkeit entstandene Schuldnergewinn unterliege nicht der HGA, sondern der KGA. Wegen des Vorrangs der KGA vor der HGA kann eine Entscheidung darüber jedoch nur in einem KGA-Verfahren getroffen werden.

 

Normenkette

LAG § 97 Abs. 1, § 98; 19. AbgabenDV-LA § 38

 

Tatbestand

Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang.

Auf mehreren Grundstücken, die am 21. Juni 1948 einer OHG gehörten, lastete am 20. Juni 1948 eine Gesamthypothek, die der Sicherung einer RM-Verbindlichkeit in Höhe von 2 117 869 RM diente. Eines dieser Grundstücke ist am 1. August 1953 im Umlegungsverfahren auf die Klägerin übergegangen.

Das FA erließ am 25. April 1958 einen Verteilungsbescheid nach § 38 der 19. AbgabenDV-LA, durch den es die Verbindlichkeiten auf die einzelnen Grundstücke verteilte. Der Bescheid wurde der OHG und der Klägerin zugestellt. Der von der Klägerin dagegen eingelegte Einspruch hatte im ersten Rechtsgang keinen Erfolg. Nachdem das FA davon Kenntnis erlangt hatte, daß die Grundstücke zu der Zeit, als der Verteilungsbescheid erging, bereits im Eigentum eines Gesellschafters der OHG waren, stellte das FA diesen Bescheid auch diesem Gesellschafter zu, der dagegen ebenfalls Einspruch einlegte. Da inzwischen die Klägerin gegen die Einspruchsentscheidung Berufung eingelegt hatte, hielt sich das FA nicht für befugt, über den Einspruch des Gesellschafters zu entscheiden, sondern regte an, die Erbin des inzwischen verstorbenen Gesellschafters, die Beteiligte, zum Verfahren beizuziehen. Das FG entsprach dieser Anregung. Die Berufung hatte im ersten Rechtsgang nur insoweit Erfolg, als die Verteilung der Gesamtverbindlichkeit geändert wurde. Im übrigen wurde die Berufung als unbegründet zurückgewiesen. Der Senat hob durch Urteil III 258/60 vom 19. April 1963 aus formellen Gründen das FG-Urteil und die Einspruchsentscheidung auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung an das FA zurück.

Im zweiten Rechtsgang erließ das FA am 20. Dezember 1963 eine Einspruchsentscheidung, die gegen die Klägerin und die Beteiligte als Alleinerbin des Gesellschafters der OHG gerichtet war. Der Einspruch der Klägerin wurde als unbegründet zurückgewiesen; auf den Einspruch der Beteiligten wurde die Verteilung der Gesamtverbindlichkeit geändert, wodurch sich allerdings die der Klägerin zugeteilte RM-Verbindlichkeit nicht änderte.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das FG ist der Auffassung, daß die Klägerin mit ihrem Einwand, der Schuldnergewinn unterliege nicht der HGA, sondern der KGA, in dem Verfahren gegen den Verteilungsbescheid, bei dem es sich nur um eine Aufschlüsselung des Gesamtbetrags der Verbindlichkeit handele, nicht gehört werden könne.

Mit der Revision beantragt die Klägerin, das FG-Urteil, die Einspruchsentscheidung und den Verteilungsbescheid aufzuheben, hilfsweise die Sache zur anderweitigen Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Sie rügt unrichtige Anwendung der §§ 97 Abs. 1 und 98 LAG. Nach ihrer Auffassung können Einwendungen dagegen, daß ein Schuldnergewinn statt zur KGA fälschlich zur HGA herangezogen worden sei, auch bereits gegen den Verteilungsbescheid geltend gemacht werden.

Das FA hat Zurückweisung der Revision beantragt. Auch die Beteiligte hat zum Ausdruck gebracht, daß sie dem Urteil des FG in vollem Umfang beitrete.

Der BdF ist im ersten Rechtsgang dem Verfahren beigetreten. Er hat die Auffassung vertreten, daß Einwendungen gegen die HGA-Pflicht im Rechtsmittelverfahren gegen den Verteilungsbescheid zulässig seien. In diesem Verfahren könne auch geprüft werden, ob ein bestimmter Schuldnergewinn der KGA oder der HGA unterliege.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.

Der Senat teilt nicht die Auffassung des FG, daß die Klägerin mit ihrem Einwand, der Schuldnergewinn unterliege nicht der HGA, sondern der KGA, in dem Verfahren gegen den Verteilungsbescheid nach § 38 der 19. AbgabenDV-LA nicht gehört werden könne. Ohne zu den vom BdF in seiner Stellungnahme im ersten Rechtsgang gemachten Ausführungen und zu Tz. 29 des BdF-Erlasses IV C/5-LA 2539-5/57 vom 17. Oktober 1957 (LA-Kartei § 98 Karte 3) im einzelnen Stellung zu nehmen, teilt der Senat jedoch insoweit die Auffassung des BdF, daß eine Abgabepflichtige mit dem Einwand, der aus der Umstellung der verteilten Gesamtverbindlichkeit entstandene Schuldnergewinn unterliege nicht der HGA, sondern der KGA, auf jeden Fall in einem Rechtsmittelverfahren gegen einen nach § 38 der 19. AbgabenDV-LA ergangenen Verteilungsbescheid gehört werden kann. Das folgt allein daraus, daß nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. Urteile des BFH III 403/58 U vom 30. Juli 1963, BFH 77, 526, BStBl III 1963, 512; III 147/63 vom 4. Februar 1966, BFH 85, 203, BStBl III 1966, 284) die KGA den Vorrang vor der HGA hat und daß deswegen in einem HGA-Verfahren erst dann eine endgültige Entscheidung getroffen werden kann, wenn zuvor in einem KGA-Verfahren rechtskräftig entschieden ist, daß der betreffende Schuldnergewinn nicht der KGA unterliegt, sofern dies streitig war (vgl. auch BFH-Urteil III 225/62 U vom 28. Oktober 1965, BFH 84, 155, BStBl III 1966, 56).

Das FG-Urteil ist, weil das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird deshalb nach § 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO an das FG zurückverwiesen. Das FG wird zunächst Feststellungen darüber zu treffen haben, ob in der KGA-Sache der OHG ein unanfechtbar gewordener Bescheid vorliegt, in dem festgestellt wird, daß die OHG der KGA unterliegt und die umstrittene Gesamtverbindlichkeit eine Betriebsschuld der OHG gewesen ist. Sollte das der Fall sein, so entfiele damit nach der Rechtsprechung des Senats eine HGA-Pflicht. Sollte sich ergeben, daß über die KGA-Pflicht der OHG bisher noch nicht abschließend entschieden worden ist, so wird das FG das vorliegende Verfahren solange auszusetzen haben (§ 74 FGO), bis das KGA-Verfahren rechtskräftig abgeschlossen ist. Die Auflösung und Löschung der OHG im Handelsregister steht der Durchführung eines gegen sie gerichteten KGA-Verfahrens nicht entgegen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68894

BStBl II 1970, 226

BFHE 1970, 550

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