Leitsatz (amtlich)

Der Senat verbleibt bei seiner im Urteil vom 20. Oktober 1961 VI 108/61 U (BFHE 73, 860, BStBl III 1961, 578) ausgesprochenen Auffassung, daß, wenn das von dem Bausparer angesparte Guthaben vor der Zuteilung der Bausparsumme zurückgezahlt wird, nicht die Auszahlung der Bausparsumme, sondern eine Rückzahlung der Beiträge (§ 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG 1969) vorliegt. Das ist auch der Fall, wenn der Bausparer im Zeitpunkt der zur Rückzahlung führenden Kündigung alle für eine Zuteilung erforderlichen Mindestvoraussetzungen erfüllt hatte, die Zuteilung sich aber aus bei der Bausparkasse liegenden Gründen verzögert hat.

 

Normenkette

WoPG 1969 § 2 Abs. 2 S. 3, § 5 Abs. 2 Sätze 3-4, § 10 Abs. 1

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte für im Jahre 1967 geleistete Beiträge auf einen im Dezember 1967 abgeschlossenen Bausparvertrag über 30 000 DM eine Wohnungsbau-Prämie von 400 DM erhalten. Im Januar 1971 erreichte er durch Zahlung von 140 DM die für eine Zuteilung satzungsgemäße Mindestsparsumme von 40 %. Die Zuteilung, mit der der Kläger nach seinem Vortrag normalerweise im Frühjahr 1971 hätte rechnen können und auf die er sich durch Beginn eines Bauvorhabens auch eingestellt hatte, kam wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten der Bausparkasse nicht zustande. Ein zur Stützung der Bausparkasse gebildetes Verwaltungskonsortium teilte dem Kläger mit Schreiben vom 27. April 1971 mit, daß in absehbarer Zeit mit der Zuteilung eines Kredits nicht zu rechnen sei und daß bei Herabsetzung der Bausparsumme zur Verkürzung der Wartezeit eine Zuteilung im II. Quartal 1972 in Betracht kommen könne. Gleichzeitig wies es auf die Rechtsfolgen einer Rückzahlung der geleisteten Beiträge nach Kündigung des Vertrages hin. Daraufhin kündigte der Kläger den Bausparvertrag. Die Bausparkasse zahlte das Guthaben unter Abzug der Wohnungsbau-Prämie an die vom Kläger angegebene Adressatin, die es für ein Wohnungsbauvorhaben des Klägers verwendete, aus. Die Prämie zahlte sie an den Beklagten und Revisionsbeklagten (FA) zurück. Über die Verpflichtung des Klägers zur Rückzahlung der Prämie erteilte das FA einen Bescheid. Einspruch und Klage hiergegen hatten keinen Erfolg.

Das FG verwies auf die in § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG 1969 vorgesehene Unterscheidung zwischen der Rückzahlung der geleisteten Beiträge und der Auszahlung der Bausparsumme. Es führte u. a. aus: Die Bausparsumme setze sich im wesentlichen aus den geleisteten Beiträgen und dem Bauspardarlehen zusammen. Zur Auszahlung komme es auf Grund der Zuteilung; vorher könne man nicht von einer Auszahlung sprechen (Urteil des BFH vom 20. Oktober 1961 VI 108/61 U, BFHE 73, 860, BStBl III 1961, 578). Würden Beiträge vor Ablauf der Sperrfrist zurückgezahlt, wie es hier geschehen sei, so sei die Prämie an das FA zurückzuzahlen. Unschädlich sei zwar die Auszahlung der Bausparsumme, wenn die empfangenen Beträge unmittelbar und unverzüglich zum Wohnungsbau verwendet würden, nicht aber die Rückzahlung geleisteter Beiträge.

Mit der vom FG zugelassenen Revision erkennt der Kläger an, daß § 2 Abs. 2 WoPG 1969 zwischen Rückzahlung und Auszahlung unterscheidet. Er ist jedoch der Auffassung, daß sich die Auszahlung nicht auf die gesamte Bausparsumme zu beziehen brauche, da der Gesetzgeber selbst auch den Fall einer teilweisen Auszahlung erwähne. Dies sei begrifflich nur vor der Zuteilung denkbar. Es könne also durchaus auch vor der Zuteilung zu einer Auszahlung kommen. Die vom Gesetz geforderte Verwendung zum Wohnungsbau sei in seinem Falle gegeben.

Im übrigen solle § 2 Abs. 2 WoPG 1969 verhindern, daß ein Sparer bei vorzeitiger Auflösung des Bausparvertrages in den Genuß der gewährten Wohnungsbau-Prämie komme. Im Streitfalle liege eine vorzeitige Auflösung aber nur bei formal-juristischer Betrachtungsweise vor, da er spätestens zum Ende des laufenden Quartals (31. März 1971) bei jeder anderen Bausparkasse den Bausparvertrag zugeteilt bekommen hätte. Ohne die Manipulationen des Vorstandes wäre auch die Bausparkasse hierzu in der Lage gewesen, da von ihm aus per Januar 1971 sämtliche Voraussetzungen für die Zuteilung geschaffen worden waren. § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG 1969 müsse dahin gehend ausgelegt werden, daß es für die Erhaltung der gewährten Prämie bzw. der gewährten steuerlichen Vorteile ausreiche, wenn der betroffene vertrags- und gesetzestreue Bürger von sich aus alle Voraussetzungen geschaffen habe und der Formalakt der Zuteilung nur wegen gesetzwidriger Manipulationen der beteiligten Bausparkasse unterbleibe, die der Sparer nicht beeinflussen könne.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist nicht begründet.

Der Senat verbleibt bei seiner bereits im Urteil VI 108/61 U ausgesprochenen und begründeten Auffassung, daß von einer Auszahlung der Bausparsumme nur gesprochen werden kann, wenn der Bausparvertrag zugeteilt worden ist. Denn unter Bausparsumme ist nach den Vertragsbedingungen der einzelnen Bausparkassen die Summe zu verstehen, über die der Bausparvertrag lautet, also (vgl. Abschn. 94 Abs. 2 EStR) der Betrag, den die Bausparkasse auf Grund des Bausparvertrags aus den Mitteln des Zuteilungsstocks auszuzahlen hat (Bausparguthaben zuzüglich Bausparkassendarlehen). Zur Auszahlung der Bausparsumme kommt es nur bei einer vertragsgemäßen Abwicklung des Bausparvertrages, also bei einer Zuteilung. Wird ein Bausparvertrag dagegen nicht vertragsgemäß abgewickelt, sondern vorzeitig, z. B. wie im Streitfall durch Kündigung, aufgelöst, so kommt nur eine Rückzahlung des Bausparguthabens, das aus den geleisteten Beiträgen zuzüglich der Zinsen und abzüglich etwaiger Provisionen und Unkostenbeiträge besteht, in Betracht. Der Senat hat bereits in dem Urteil VI 108/61 U auch darauf hingewiesen, daß bei einer vertragsgemäßen Abwicklung keineswegs immer die volle Bausparsumme an den Sparer ausgezahlt werden muß. Der Sparer kann vielmehr auch nach erfolgter Zuteilung z. B. auf das Bauspardarlehen ganz oder teilweise verzichten oder sich auch nur sein Bausparguthaben ganz oder teilweise auszahlen lassen. Auch in diesem Falle liegt aber eine (teilweise) Auszahlung der Bausparsumme (nicht aber eine Rückzahlung geleisteter Beiträge) vor, weil die Auszahlung im Zuge einer vertragsgemäßen Abwicklung nach erfolgter Zuteilung vorgenommen wird. Dies übersieht der Kläger, wenn er die teilweise Auszahlung der Bausparsumme mit der Rückzahlung geleisteter Beiträge vergleicht.

Im Streitfall hat die Bausparkasse nicht das Guthaben im Zuge der vertragsmäßigen Abwicklung des Bausparvertrages nach erfolgter Zuteilung ausgezahlt, sondern im Anschluß an eine Kündigung des Klägers die Beiträge zurückgezahlt. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger unter den gegebenen Voraussetzungen, wie er behauptet, bei jeder anderen Bausparkasse die Zuteilung des Bausparvertrages erreicht und ob er seinerseits alles getan hatte, um die Voraussetzungen für die zeitgerechte Zuteilung zu schaffen. Der Senat kann nicht über einen fiktiven Sachverhalt entscheiden, sondern muß den Sachverhalt so zugrunde legen, wie er sich darstellt. Ebensowenig kann es für die Entscheidung der vorliegenden Rechtsfrage von Bedeutung sein, ob etwa eine Verzögerung der Zuteilung durch, wie der Kläger vorträgt, gesetzwidrige Manipulationen der beteiligten Bausparkasse oder durch das Versagen der Aufsichtsbehör de bewirkt wurde, oder ob hierdurch etwa bürgerlichrechtliche Schadensersatzansprüche des Klägers begründet wurden.

Da nach der Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 3 WoPG 1969, die nach § 10 Abs. 1 WoPG 1969 im Jahr der Rückforderung 1971 anwendbar war, die Rückzahlung geleisteter Beiträge vor Ablauf von sieben Jahren seit Vertragsabschluß in jedem Falle schädlich ist, ohne daß es auf die Art der Verwendung der Beträge ankäme, hat die Vorinstanz mit Recht die Voraussetzungen für eine Rückzahlung der Prämie an das FA als gegeben angesehen (§ 5 Abs. 2 Sätze 3 und 4 WoPG 1969).

 

Fundstellen

Haufe-Index 71507

BStBl II 1975, 757

BFHE 1976, 245

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge