Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Sachzuwendungen von nicht nur geringem Wert aus Anlaß des Weihnachtsfestes sind steuerpflichtiger Arbeitslohn, wenn die Grenzen des § 6 Ziff. 10 LStDV überschritten sind.

Erholungsbeihilfen, auch wenn diese den Arbeitnehmern über eine Betriebskrankenkasse zugewandt werden, können steuerpflichtigen Arbeitslohn darstellen.

 

Normenkette

EStG § 19; LStDV §§ 2, 6 Ziff. 10, § 6/12

 

Tatbestand

Streitig ist,

ob der Gegenwert von Gutscheinen, die die Beschwerdeführerin (Bfin.) ihren Arbeitnehmern, die Kinder haben, ausgehändigt, um damit Weihnachtsgeschenke zu kaufen, die bei der Betriebsweihnachtsfeier von der Bfin. überreicht werden, der Lohnsteuer zu unterwerfen ist;

ob Beträge, die die Bfin. an die Betriebskrankenkasse gezahlt hat, um einem Teil ihrer Arbeitnehmer einen Erholungsaufenthalt zu ermöglichen, als Arbeitslohn zu betrachten sind.

Zu a): Seit mehr als 25 Jahren veranstaltet die Bfin. alljährlich zu Weihnachten eine Betriebsfeier. Alle Arbeitnehmer der Bfin., die Kinder haben, erhalten kurz vor diesem Zeitpunkt für jedes Kind einen Weihnachtsgutschein im Werte von 25 DM, der in Ladengeschäften in Zahlung genommen wird. Die gegen diese Gutscheine eingekauften Weihnachtsgeschenke werden im Betriebe der Bfin. abgeliefert und bei der Weihnachtsfeier den Kindern durch den "Weihnachtsmann" ausgehändigt. Neben den Kindern der Betriebsangehörigen wird auch eine geringfügige Anzahl von Kindern bedacht, deren Eltern mit dem Unternehmen der Bfin. unmittelbar nichts zu tun haben. In den Jahren 1948 bis 1950 hat die Bfin. für diese Weihnachtsgutscheine 23.030 DM aufgewandt.

Zu b): Im Jahre 1951 wurde 99 Arbeitnehmern und 60 ihrer Ehefrauen ein Aufenthalt in Heimen im Harz ermöglicht. Die Teilnehmer hatten dafür außer den von ihnen selbst aufzubringenden Reisekosten nur einen Tagessatz von 2 DM zu zahlen, während die Kosten im übrigen von der Betriebskrankenkasse gezahlt wurden, die ihrerseits am 14. November 1951 von der Bfin. für die Durchführung dieser als vorbeugenden Gesundheitsfürsorge bezeichneten Maßnahmen einen Betrag von 13.500 DM erhielt.

Das Finanzamt sah hinsichtlich der für die Weihnachtsgutscheine wie für den Erholungsaufenthalt aufgewandten Beträge Lohnsteuerpflicht als gegeben an und verlangte zu a) 2.763 DM, zu b) 1.440 DM Lohnsteuernachzahlung. Die Steuer war, mangels der notwendigen Einzelunterlagen pauschal mit 12 % unter Zugrundelegung eines Durchschnittseinkommens von 300 bis 350 DM in Steuerklasse III/2 berechnet worden.

Nach erfolglosem Einspruch erreichte die Bfin. mit der Berufung die Freistellung zu a). Das Finanzgericht sah in dem Gegenwert der ausgehändigten Weihnachtsgutscheine keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn, sondern "Gelegenheitsgeschenke". Dagegen seien die Zuschüsse für den Aufenthalt für die Betriebsangehörigen im Harz, die diesen über die Betriebskrankenkasse zugeflossen seien, allein auf das Dienstverhältnis zur Bfin. zurückzuführen und deshalb steuerpflichtig. Darin ändere die Einschaltung der Betriebskrankenkasse nichts; bei der engen Verbindung der Betriebskrankenkasse mit der Bfin. sei die Erholungsförderung durch die Betriebskrankenkasse als Zuwendung durch die Bfin. selbst aufzufassen. Die Befreiungsvoraussetzungen des Abschn. 10 der Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) seien nicht gegeben. Die Höhe der Pauschalfestsetzung mit 12 % sei nicht zu beanstanden, da sich eine Einzelberechnung mangels der erforderlichen Unterlagen nicht habe durchführen lassen und deshalb eine Schätzung nach § 217 der Reichsabgabenordnung (AO) geboten gewesen sei.

Gegen diese Entscheidung ist von der Bfin. Rechtsbeschwerde (Rb.) und vom Vorsteher des Finanzamts Anschlußbeschwerde erhoben.

Mit der letzteren wird gerügt, daß der Begriff eines "Gelegenheitsgeschenkes" vom Finanzgericht verkannt sei. In der Weihnachtszuwendung an die Betriebsangehörigen von 25 DM für jedes Kind sei kein "Gelegenheitsgeschenk" zu erblicken, weil es sich um einen alljährlich wiederkehrenden Anlaß handele, und weil auch der Betrag von 25 DM im Einzelfalle nicht als "kleine Aufmerksamkeit" zu werten sei.

Mit der Rb. der Bfin. wird gerügt, daß das Finanzgericht zu Unrecht in dem den Arbeitnehmern der Bfin. durch die Betriebskrankenkasse im Wege der vorbeugenden Gesundheitsfürsorge verschafften Erholungsaufenthalt eine lohnsteuerpflichtige Leistung der Bfin. erblickt habe. Nicht die Bfin. habe die Zuschüsse an ihre Arbeitnehmer in Auswirkung des Lohnverhältnisses gegeben, sondern die Betriebskrankenkasse habe sie in Durchführung der ihr obliegenden Aufgabe an ihre Mitglieder geleistet. Die Betriebskrankenkasse sei aber in keiner Weise mit dem Betriebe der Bfin. identisch, sie stelle vielmehr eine selbständige Körperschaft des öffentlichen Rechts dar.

 

Entscheidungsgründe

Die Prüfung der Anschlußbeschwerde und der Rb. ergibt folgendes:

Zu a) Weihnachtszuwendungen. Nach dem Grundsatz des § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 2 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) ist davon auszugehen, daß alles, was von dem Arbeitgeber dem Arbeitnehmer in Beziehung auf das Arbeitsverhältnis zugewendet wird, Arbeitslohn darstellt und damit der Lohnsteuer unterworfen ist (vgl. z. B. Urteil des Reichsfinanzhofs IV 31/38 vom 5. Januar 1939, Reichssteuerblatt - RStBl - 1939 S. 299). In der Zuwendung der Gutscheine über je 25 DM für jedes Kind eines Betriebsangehörigen kann nichts anderes als ein Zufluß aus dem Arbeitsverhältnis an die in Frage kommenden Arbeitnehmer erblickt werden, wenn schon nicht diese selbst, sondern deren Kinder die unmittelbaren Nutznießer gewesen sind. Die Vorschrift des § 6 Ziff. 10 LStDV über die steuerfreien Weihnachtszuwendungen kann nicht Platz greifen, weil der darin vorgesehene Betrag von 100 DM unstreitig schon anderweit erschöpft war. Somit wäre grundsätzlich die Steuerpflicht gegeben, es sei denn, daß die Weihnachtsgabe von 25 DM je Kind als "Gelegenheitsgeschenk" anzusehen wäre. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hat den Kreis der "Gelegenheitsgeschenke" im Laufe der Rechtsentwicklung immer enger gezogen (z. B. Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 60/31 vom 3. Juni 1931, RStBl 1931 S. 641; VI A 478/35 vom 13. Mai 1936, RStBl 1936 S. 850). Danach kann von nichtsteuerbaren Gelegenheitsgeschenken dann nicht mehr die Rede sein, wenn solche bei häufig und regelmäßig wiederkehrenden Gelegenheiten gewährt werden. Unbestritten pflegt die Bfin. die Weihnachtsgutscheine alljährlich an ihre Betriebsangehörigen auszuschütten. Es handelt sich deshalb nicht um eine Zuwendung, die nur in vereinzelten Fällen aus besonderem Anlaß stattfindet, sondern um eine ständig wiederkehrende. Es kann deshalb darin kein "Gelegenheitsgeschenk" erblickt werden. Vielmehr wirken sich diese Gaben der Bfin. als zusätzliche Weihnachtszuwendungen aus, die über die im § 6 Ziff. 10 LStDV zugelassene Grenze von 100 DM hinausgehen und deshalb der Lohnsteuer zu unterwerfen sind, ohne daß es noch der Prüfung bedarf, ob die Höhe der Einzelbeträge deren Behandlung als "Gelegenheitsgeschenke" auszuschließen vermöchte. Dem steht das Urteil des Bundesfinanzhofs V 119/53 U vom 3. Dezember 1953 (wird demnächst im Bundessteuerblatt - BStBl - veröffentlicht) nicht entgegen. Dort handelt es sich um eine umsatzsteuerliche Beleuchtung, ob Leistungsaustausch gegeben ist, bei der insbesondere die Frage einer rechtlichen Verpflichtung zu der Leistung von Belang ist, die für die lohnsteuerliche Betrachtung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 LStDV auszuscheiden hat.

Zu b) Zuschüsse an die Betriebskrankenkasse. Auch hier ist ebenso wie zu a) davon auszugehen, daß alles, was der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern in Beziehung auf das Arbeitsverhältnis und als dessen Ausfluß zuwendet, Arbeitslohn darstellt und damit der Lohnsteuer unterworfen ist. Dies gilt nicht zuletzt auch für Erholungsbeihilfen (vgl. das zur Veröffentlichung bestimmte Urteil IV 303/53 U vom 14. Januar 1954).

Die Bfin. ist nun der Auffassung, daß nicht sie ihren Arbeitnehmern die Erholungsbeihilfe und damit einen geldwerten Vorteil zuwandte, sondern dieses allein von der rechtlich selbständigen Betriebskrankenkasse an ihre Mitglieder erfolgt sei, die Bfin. dagegen sich darauf beschränkt habe, die Betriebskrankenkasse mit Zuschüssen zu versehen. Dem kann zwar nicht entgegengehalten werden, daß zwischen der Bfin. und der Betriebskrankenkasse die engsten personellen und arbeitsmäßigen Bindungen bestehen. Daß solche Bindungen vorhanden sind, liegt in der Natur der Sache und nicht zuletzt an den einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen und kann an der rechtlichen Selbständigkeit der Betriebskrankenkassen, die nach §§ 4, 225, 245 der Reichsversicherungsordnung Körperschaften des öffentlichen Rechts mit eigener Rechtspersönlichkeit darstellen, nichts ändern.

Rechtlich gesehen ist die Erholungsfürsorge von der von der Bfin. rechtlich getrennten Betriebskrankenkasse durchgeführt. Sie hat die Anmietung der Pensionen vorgenommen, und nur sie ist nach außen hin in Erscheinung getreten, wie im Laufe des Verfahrens unter Beweis gestellt wurde. Gleichwohl muß dem Finanzgericht im Ergebnis beigetreten werden, daß hier eine Leistung der Bfin. an ihre Arbeitnehmer gegeben ist. Die im Steuerrecht vorherrschende wirtschaftliche Betrachtungsweise macht dies notwendig. Wirtschaftlich gesehen war allein die Bfin. Trägerin der von der Betriebskrankenkasse in die Wege geleiteten Unternehmung der Erholungsverschickung der Betriebsangehörigen. Die Bfin. trägt selbst vor, daß die erst am 1. August 1950 wieder ins Leben getretene Betriebskrankenkasse gar nicht in der Lage gewesen sei, die Erholungsverschickung vorzunehmen, an der die Bfin. "in besonderer Weise interessiert" gewesen sei. Sie trägt ferner vor, daß sie sich bereits im Frühjahr 1951 verbindlich verpflichtet habe, die erforderlichen Gelder für die Erholungsverschickung zur Verfügung zu stellen. Damit ist die Verschaffung der Erholung für die 99 Betriebsangehörigen mit 60 Ehefrauen wirtschaftlich eine Leistung der Bfin., also der Arbeitgeberin an ihre Arbeitnehmer. Die Lohnsteuerpflicht ist deshalb gegeben, zumal auch die Sonderfälle des Abschn. 10 der LStR, wie das Finanzgericht zutreffend ausführt, auch die Bfin. selbst einräumt, nicht vorliegen.

Es ergibt sich mithin, daß zu a) wie b) Steuerpflicht besteht.

Hinsichtlich der Höhe der vom Finanzamt nachgeforderten Steuer kommt das Finanzgericht zu dem Ergebnis, daß der vom Finanzamt angewandte Pauschsatz von 12 % gemäß § 217 AO gerechtfertigt sei, weil es der Bfin. nach ihrer eigenen Darlegung unzumutbar sei, Einzelunterlagen zu bringen und somit nur der Weg der Schätzung übrigbleibe. Das ist nicht zu beanstanden. Jedoch ist im Laufe des Verfahrens unbestritten zum Ausdruck gekommen, daß in den Zuwendungen zu a) - den Weihnachtszuwendungen -, wenn auch im bescheidenen Umfange, solche enthalten sind, die betriebsfremden Kindern zugute kamen. Insoweit kann eine Heranziehung zur Lohnsteuer nicht erfolgen; diese Beträge, die ggf. zu schätzen sind, sind aus dem Gesamtbetrage zu a) noch auszuscheiden.

Die von der Bfin. mit dem Ziel der Beseitigung der Steuerpflicht zu b) (Zuschüsse an die Betriebskrankenkasse) eingelegte Rb. ist somit als unbegründet zurückzuweisen. Auf die Anschlußbeschwerde des Vorstehers des Finanzamts ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und die Sache an das Finanzgericht zurückzuverweisen, damit die Lohnsteuerberechnung zu a) noch richtiggestellt wird.

 

Fundstellen

BStBl III 1954, 111

BFHE 1954, 524

BFHE 58, 524

StRK, LStDV:6 R 6

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