Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Umzugskosten, die ein Arbeitnehmer aus Anlaß eines Stellungswechsels aufwendet, sind Werbungskosten.

Der Begriff "Umzugskosten" ist in der Verwaltungsanweisung in Abschn. 21 a LStR rechtlich zutreffend ausgelegt.

Ersetzt ein Arbeitgeber neben den Umzugskosten im Sinne von Abschn. 21 a LStR einem versetzten Arbeitnehmer dessen Ausgaben für die Beschaffung und Herrichtung einer Mietwohnung am neuen Dienstort, so liegt darin grundsätzlich Arbeitslohn.

 

Normenkette

EStG §§ 9, 12 Nr. 1, § 19; LStDV § 4 Ziff. 3

 

Tatbestand

Der Bf. war Vorstandsmitglied eines zum Konzern der ..... -Aktiengesellschaft (abgekürzt: AG) gehörenden Unternehmens in X. Im Streitjahr 1953 berief ihn die AG in die Geschäftsführung der ... -Gesellschaft mbH (abgekürzt: GmbH) in Y. Der Bf. zog nach Y. um und mietete dort eine Familienwohnung. Die AG übernahm die Umzugskosten von 1.210 DM; ferner ersetzte sie dem Bf. 17.096 DM für die Beschaffung und Herrichtung der Mietwohnung.

Das Finanzamt behandelte die dem Bf. ersetzten Beträge als Arbeitslohn, erkannte aber gemäß dem Erlaß der Finanzbehörde Hamburg - 54 - S 2228 - 43 vom 16. Januar 1958 (Der Betrieb 1958 S. 149) einen Betrag von 3.240 DM, d. h. den zwölffachen Betrag der einem vergleichbaren Beamten zustehenden monatlichen Trennungsentschädigung von 270 DM, als Werbungskosten an; desgleichen die Kosten des Umzugs von 1.210 DM und weitere Zuwendungen der AG von insgesamt 1.710 DM. Der Bf. verlangte darüber hinaus auch die restlichen (18.306 DM ./. 3.240 DM ./. 1.710 DM =) 13.356 DM steuerfrei zu lassen.

Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, die Kosten für die Beschaffung und Instandsetzung der Wohnung, die die AG dem Bf. ersetzt habe, seien Arbeitslohn. Diese Zuwendungen seien nicht etwa Ersatz von Werbungskosten; denn Ausgaben für die Beschaffung einer Familienwohnung seien Kosten der Lebenshaltung, die nicht abzugsfähig seien (ß 12 Ziff. 1 EStG). Auch eine Ermäßigung der Einkommensteuer nach § 33 EStG komme nicht in Betracht; denn es liege keine außergewöhnliche Belastung vor; der Bf. habe außerdem für seine Aufwendungen einen Gegenwert in Form eines zehnjährigen Mietvertrages und einer instand gesetzten Wohnung erhalten.

 

Entscheidungsgründe

Die Rb. konnte keinen Erfolg haben.

Zutreffend führt das Finanzgericht aus, daß nach § 12 Ziff. 1 EStG die Kosten der Lebenshaltung das Einkommen eines Steuerpflichtigen nicht mindern dürfen. Zu den typischen Lebenshaltungskosten gehören aber vor allem auch die Ausgaben für die Beschaffung und Unterhaltung der Familienwohnung. Solche Ausgaben bleiben Kosten der Lebenshaltung, auch wenn berufliche Interessen die Wahl und Ausstattung der Wohnung mitbestimmt haben. In solchen Fällen greift die Vorschrift des § 12 Ziff. 1 Satz 2 EStG ein, wonach Aufwendungen für die Lebensführung, die die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung mit sich bringt, auch dann das Einkommen nicht mindern dürfen, wenn sie gleichzeitig zur Förderung des Berufs oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen gemacht werden. Eine andere Beurteilung ist nur möglich, wenn ein leicht und klar abzugrenzender Teil der Gesamtaufwendungen ausschließlich oder doch ganz überwiegend eindeutig durch den Beruf veranlaßt ist. Davon kann im Streitfall keine Rede sein. Der Bf. hat eine Wohnung bezogen, wie sie seinem Einkommen und seinen Familienverhältnissen entspricht. Ersetzt der Arbeitgeber aber einem Arbeitnehmer Kosten der Lebenshaltung, so ist dieser Ersatz grundsätzlich steuerpflichtiger Arbeitslohn. Er kann nicht etwa als Auslagenersatz steuerfrei bleiben; denn dem Arbeitnehmer werden nicht steuerlich abzugsfähige Auslagen ersetzt, sondern Kosten, die steuerlich das Einkommen des Arbeitnehmers nicht mindern dürfen.

Der Bf. meint, die streitigen Ausgaben rechneten als Umzugskosten zu den Werbungskosten, weil sie ohne die dienstliche Versetzung nicht entstanden wären. Umzugskosten, die einem Arbeitnehmer durch eine Versetzung entstehen, sind allerdings grundsätzlich Werbungskosten (Urteil des Senats VI 37/60 vom 25. November 1960, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961 S. 57; Hartz-Over, ABC-Führer Lohnsteuer, Stichwort "Umzugskosten" unter 2 a). Der Begriff "Umzugskosten" kann aber nicht so weit gefaßt werden, wie es der Bf. will. Der Begriff stammt aus dem öffentlichen Dienstrecht und hat dort einen festen und geprägten Inhalt. Auf Grund vieljähriger Verwaltungserfahrung wird dort der durch eine Versetzung beruflich veranlaßte und zu ersetzende Aufwand von den allgemeinen und nicht zu ersetzenden Kosten der Lebenshaltung abgegrenzt. Es ist sinnvoll, den Begriff, so wie er im öffentlichen Dienstrecht entwickelt worden ist und angewandt wird, auch in das Einkommensteuerrecht zu übernehmen. Dies entspricht der vieljährigen Verwaltungsausübung, wie sie in Abschn. 21 a LStR ihren Niederschlag gefunden hat. Die dort gegebenen Verwaltungsanweisungen enthalten eine dem EStG entsprechende Auslegung der §§ 9 und 12 Ziff. 1 EStG. Sie gewährleisten auch eine gleichmäßige Behandlung von Arbeitnehmern des privaten und öffentlichen Dienstes. Gewährt darum ein privater Arbeitgeber unter der Bezeichnung "Umzugskosten" einem versetzten Arbeitnehmer Beträge, die nach Art und Höhe über die in Abschn. 21 a LStR aufgeführten Beträge hinausgehen, so unterliegen sie in der Regel als Arbeitslohn der Besteuerung. Die Umzugskostenentschädigung, die ein privater Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gewährt, kann also nur bis zu dem Betrag steuerfrei bleiben, der der Umzugskostenvergütung eines vergleichbaren Beamten entspricht. Auch aus § 4 Ziff. 3 LStDV 1957 (und später) kann nichts anderes hergeleiet werden. Danach gehören nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn Beträge, die den im privaten Dienst angestellten Personen für dienstlich veranlaßte Umzugskosten gezahlt werden, soweit sie die durch den Umzug entstandenen Mehraufwendungen nicht übersteigen. Der Begriff "Umzugskosten" ist in dieser Vorschrift nicht festgelegt und ist inhaltlich nicht anders abzugrenzen als vorstehend dargelegt ist. Instandsetzungskosten für die Familienwohnung am neuen Dienstort sowie Abstandszahlungen an den Vormieter gehören auf keinen Fall zu den berücksichtigungsfähigen Umzugskosten. Hier besteht zwischen Arbeitnehmern des privaten und öffentlichen Dienstes kein Unterschied. (Vgl. Urteile des Senats VI 61/59 vom 27. November 1959, Der Betrieb 1960 S. 75; VI 44/61 vom 20. Oktober 1961, Der Betrieb 1962 S. 225; Littmann, Das Einkommensteuerrecht, 7. Aufl., § 12 Anm. 5.). Die Vorentscheidung entspricht diesen Rechtsgrundsätzen.

Das Finanzamt hat dem Bf. den zwölffachen Monatsbetrag der einem vergleichbaren Beamten zu gewährenden Trennungsentschädigung als Teil der Umzugskosten steuerfrei belassen. Das Finanzgericht hat diese Behandlung gebilligt. Auch der Senat sieht keine Veranlassung, von der Verwaltungsanweisung, die die Vorinstanzen zugrunde gelegt haben, abzuweichen. Die Verwaltungsanweisung ist von dem Bestreben getragen, auch insoweit private Arbeitnehmer den öffentlichen Bediensteten gleichzustellen, denen nach dem öffentlichen Dienstrecht ein solcher Betrag als Teil der steuerfreien Umzugskostenentschädigung gezahlt werden kann.

Das Finanzgericht hat es ferner ohne Rechtsverstoß abgelehnt, die Aufwendungen des Bf. als außergewöhnliche Belastung im Sinne von § 33 EStG anzuerkennen, da es an einer zwangsläufigen und außergewöhnlichen Belastung fehle. Der Bf. hat sich mit seinen Ausgaben eine Wohnung geschaffen, die seinen Lebensverhältnissen entspricht.

 

Fundstellen

Haufe-Index 410902

BStBl III 1963, 482

BFHE 1964, 443

BFHE 77, 443

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