Entscheidungsstichwort (Thema)

Aussetzung der Vollziehung eines SchenkSt-Bescheides

 

Leitsatz (NV)

Zur Aussetzung der Vollziehung eines auf § 3 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG 1959 gestützten Schenkungsteuerbescheides, dessentwegen Feststellungen zum Erwerbsgrund fehlen.

 

Normenkette

AO § 144 Abs. 1 S. 2, § 145 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a, b, § 148 S. 1; BGB § 2113 Abs. 1; BewG § 5 Abs. 2, § 6; EGAO 1977 Art. 97 § 10; ErbStG 1959 § 2 Abs. 2 Nr. 5, § 3 Abs. 1 Nrn. 1-2, 6, § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g, § 23 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2 S. 2, Abs. 3; VGFGEntlG Art. 3 § 3 Abs. 2 S. 4

 

Tatbestand

Das FG hat die auf Aufhebung der SchenkSt-Festsetzung gerichtete Klage abgewiesen.

Auf die Revision des Kl. hat der Senat mit Urteil vom heutigen Tage das finanzgerichtliche Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen, damit dieses (erstmals) über die Begründetheit der Klage entscheide.

Während des Laufs des Revisionsverfahrens hat der Kl. beim BFH Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt, nachdem er erfolglos Vollziehungsaussetzung beim FA begehrt hatte.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag ist begründet.

Nach § 69 Abs. 3 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen, wenn die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO gegeben sind. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsaktes, die die Aussetzung der Vollziehung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn bei der summarischen Prüfung des angefochtenen Verwaltungsaktes im Aussetzungsverfahren neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfrage oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken.

1. Das FG ist - wie auch das FA - davon ausgegangen, daß der Erwerb der Forderung durch R dem Grunde nach SchenkSt nach § 3 Abs. 1 Nr. 6 ErbStG 1959 ausgelöst habe. Diese rechtliche Würdigung begegnet angesichts dessen, daß keine Feststellungen über den Erwerbsgrund getroffen sind, nicht unerheblichen Bedenken. Nach § 2 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG 1959 galt beim Erwerb von Todes wegen als vom Erblasser stammend, was als Entgelt für die Übertragung der Anwartschaft eines Nacherben gewährt wird. Die Vorerbin K konnte über das Grundstück (welches - soweit ersichtlich - das Nachlaßvermögen ihres verstorbenen Ehemannes ausmachte) nur mit Zustimmung der Nacherben wirksam verfügen, zu deren Gunsten der Nacherbenvermerk im Grundbuch eingetragen war, und ihre kaufvertragliche Verpflichtung erfüllen, das Grundstück frei von in Abteilung II des Grundbuchs eingetragenen Belastungen zu übertragen (§ 2113 Abs. 1 BGB). Wie der Senat bereits in seiner Entscheidung vom 30. Oktober 1979 II R 4/76 (BFHE 129, 68, BStBl II 1980, 46) ausgeführt hat, kann der Nacherbe seine Anwartschaft auch auf den Vorerben übertragen mit der Folge, daß dieser in der Verfügung über das ererbte Vermögen keinen Beschränkungen unterliegt. Für eine derartige Übertragung der Anwartschaft des R als Nacherben spricht, daß im Zusammenhang mit dem Grundstückskaufvertrag einerseits die Zustimmung zur Verfügung über das Grundstück erteilt worden sein muß, wie sich das aus dem Grundbuchvollzug ergibt, andererseits die Vorerbin sich bereits zur lastenfreien Umschreibung in bezug auf die Eintragung des Nacherbenvermerks verpflichtet hat. Zugleich hatte sich R, handelnd sowohl für sich als auch als Testamentsvollstrecker der im Erbschein aus dem Jahre 1963 ausgewiesenen weiteren Nacherben, am Abschluß des Kaufvertrages beteiligt, wobei für die beiden gleichberechtigten Nacherben je eine gleichhohe Forderung begründet worden war.

Sollte die Steuerpflicht aber dem Grunde nach aus § 2 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG 1959 herzuleiten sein, so wäre der Steueranspruch im Zeitpunkt seiner Geltendmachung verjährt gewesen. Die Steuer wäre nämlich nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. g ErbStG 1959 im Zeitpunkt der Übertragung der Nacherbschaft entstanden. Die - fünfjährige (§ 144 Abs. 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung - AO -) - Verjährungsfrist hätte mit Ablauf des Kalenderjahres zu laufen begonnen, in dem der Erwerber Kenntnis von dem Erwerbe erlangt hat (§ 145 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. a AO). Selbst wenn angenommen wird, dieses Ereignis wäre erst im Jahre 1968 eingetreten, wäre der Anspruch mit Ablauf des Jahres 1973 erloschen (§ 148 AO).

2. Tatsächliche Unklarheiten bestehen hinsichtlich des Rechtsgrundes des Erwerbs eines weiteren Forderungsteils in Höhe von zusätzlich . . . DM aufgrund Änderungsvereinbarung vom Januar 1968. Im Zeitpunkt des Abschlusses dieser Vereinbarungen war der neue Erbschein vom Mai 1968 noch nicht erteilt. Ob der Erbschein aus dem Jahre 1963 bereits eingezogen war, ist nicht festgestellt und läßt sich anhand der Aktenlage nicht feststellen. Dazu kommt, daß R, obwohl aufgrund des Erbscheins vom Mai 1968 als einziger Nacherbe ausgewiesen, nicht die gesamte gestundete Kaufpreisforderung erhalten hat, sondern daß der Witwe des ursprünglich im Erbschein aus dem Jahre 1963 ausgewiesenen weiteren Nacherben G . . . DM daraus zugewendet wurden. Wann die Löschungsbewilligung für den Nacherbenvermerk erteilt wurde, ist aus dem Grundbuchauszug nicht ersichtlich; dort erscheint nur das Datum der Löschung. War die Nacherbenanwartschaft des R bereits vorher von ihm auf die Vorerbin übertragen worden, so ist möglicherweise im Zeitpunkt des Abschlusses der Änderungsvereinbarung die Geschäftsgrundlage für diese Vereinbarung, so wie sie geschlossen worden war, weggefallen gewesen und deshalb eine neue Vereinbarung abgeschlossen worden. In diesem Falle wäre - unter der Annahme, es handle sich um die Übertragung der Anwartschaft des R als Nacherben - der Anspruch aus § 2 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG 1959 ebenfalls im Zeitpunkt seiner Geltendmachung erloschen gewesen.

Haben K und R die Vereinbarung, die im Zusammenhang mit dem Verkauf des Grundstücks geschlossen worden war, aufrechterhalten und eine weitere Vereinbarung abgeschlossen, so würde sie sich als Schenkung bzw. freigebige Zuwendung i. S. des § 3 Abs. 1 Nrn. 1 oder 2 ErbStG 1959 darstellen können. Der Steueranspruch wäre dann im Zeitpunkt seiner Geltendmachung noch nicht erloschen gewesen, weil die fünfjährige Verjährungsfrist (vgl. § 144 Abs. 1 Satz 1 AO i. V. m. Art. 97 § 10 EGAO 1977) frühestens im Jahre 1982, dem Todesjahr der Schenkerin, zugleich das Jahr, in dem das FA von dem Erwerb Kenntnis erlangte, zu laufen begonnen hätte (vgl. § 145 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b AO; siehe auch das Senatsurteil vom 6. Mai 1981 II R 61/77, BFHE 133, 258, BStBl II 1981, 688).

In diesem Falle wäre dann dem Umstand Bedeutung beizumessen, daß sich R nach dem Klagevortrag verpflichtet hatte, gegenüber K Leistungen zum Lebensunterhalt zu erbringen, soweit sie diesen nicht aus eigenem Einkommen (Nießbrauch an den verzinslichen Forderungen, Leibrente aufgrund Kaufvertrags, monatliche Leistungen aufgrund Verzichts auf das dingliche Wohnrecht) bestreiten konnte. Diese Lasten wären zwar im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer aufschiebend bedingt gewesen, doch muß nach dem Sachverhalt der Bedingungseintritt bis zur Steuerfestsetzung unterstellt werden (siehe hierzu § 23 Abs. 1 ErbStG 1959 i. V. m. §§ 6, 5 Abs. 2 BewG).

Die hierzu abgegebenen Erklärungen und vorgelegten Beweismittel haben nicht entsprechend Art. 3 § 3 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit unberücksichtigt zu bleiben. Die Zurückweisung durch das FG bildet einen Teil der Entscheidung über die Begründetheit der Klage, zu der das FG, weil es die Klage schon wegen Fehlens einer Sachurteilsvoraussetzung abgewiesen hat, keine Stellung mehr nehmen konnte.

Wenngleich eine Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit des Vortrages spricht, R sei gegenüber K die Verpflichtung zu Leistungen eingegangen, weil auch seine Erbin, die Mutter des Kl., Leistungen erbracht hat, so ist jedoch unklar, im Zusammenhang mit welchen Vereinbarungen R diese Verpflichtungen einging. Diese Unklarheit muß dazu führen, zunächst davon auszugehen, daß sie möglicherweise im Zusammenhang mit der gedachten freigebigen Zuwendung aufgrund Änderungsvereinbarungen stehen. Geht man davon aus und weiter davon, daß Leistungen im Gesamtbetrag von über . . . DM durch Unterlagen belegt sind, so wäre für die SchenkSt-Pflicht kein Raum mehr.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416433

BFH/NV 1990, 294

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