Entscheidungsstichwort (Thema)

Gleichzeitige Einlegung von Revision und Beschwerde wegen Nichtzulassung derselben; Statthaftigkeit einer Revision ohne Zulassung

 

Leitsatz (NV)

1. Die gleichzeitige Einlegung von Revision und Nichtzulassungsbeschwerde führt für sich genommen nicht zur Unzulässigkeit der Revision, wenn diese nicht an den Erfolg der Beschwerde geknüpft ist, sondern beide Rechtsmittel selbständig und voneinander unabhängig geführt werden.

2. Eine Revision ist nur dann ohne Zulassung statthaft, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die geeignet erscheinen, einen Verfahrensfehler i. S. des § 116 Abs. 1 FGO darzutun. Es genügt nicht, daß der betreffende Mangel nur behauptet wird.

 

Normenkette

FGO § 115 Abs. 2-5, § 116 Abs. 1, 120

 

Verfahrensgang

FG Rheinland-Pfalz

 

Tatbestand

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hat gegen die seine Klagen teilweise abweisenden Urteile in Sachen Umsatzsteuer 1973 bis 1978 und Gewerbesteuermeßbeträge 1973 bis 1978 mit Schriftsätzen vom 4. Juni 1984 Nichtzulassungsbeschwerde ,,bzw. das sonst zulässige Rechtsmittel der Revision" eingelegt. In den Rechtsmittelschriften selbst hat er lediglich beantragt, die Revision zuzulassen. Doch suchte er in der Folgezeit zweimal um die Verlängerung der Revisionsbegründungsfristen nach und reichte schließlich mit Schriftsätzen vom 6. August 1984 auch die Revisionsbegründungen mit entsprechenden Anträgen ein.

 

Entscheidungsgründe

Die vom Senat gemäß §§ 121, 73 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Revisionen sind unzulässig.

1. Der Kläger hat gleichzeitig mit den Beschwerden wegen Nichtzulassung der Revision auch schon die Revisionen selbst eingelegt. Dies folgert der Senat vor allem daraus, daß der Kläger zweimal die Verlängerung der Revisionsbegründungsfristen gemäß § 120 Abs. 1 Satz 2 FGO begehrte und schließlich die Rechtsmittel auch innerhalb der verlängerten Fristen begründete. Der Kläger gab damit klar und eindeutig zu verstehen, daß er von Anfang an die verschiedenen Rechtsmittel (Beschwerden und Revisionen) selbständig und voneinander unabhängig führen wollte.

2. Die Revisionen sind jedoch nicht zulässig.

a) Dies folgt zwar nicht schon daraus, daß sie gleichzeitig mit den Beschwerden erhoben worden sind. Denn sie wurden nicht an deren Erfolg geknüpft. Anders als bei solchermaßen bedingten Revisionseinlegungen (siehe hierzu den Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Oktober 1973 VIII R 219/72, BFHE 110, 393, BStBl II 1974, 34) handelt es sich in den Streitfällen nur um nebeneinander eingelegte Rechtsmittel. Das ergibt sich nicht nur aus der Formulierung in den Rechtsmittelschriften, sondern insbesondere auch aus dem anschließenden selbständigen Betreiben der Revisionsverfahren (Anträge auf Verlängerung der Revisionsbegründungsfristen und Einreichen der Revisionsbegründungen innerhalb der verlängerten Fristen noch vor einer Entscheidung des BFH über die Nichtzulassungsbeschwerden). In solchen Fällen führt das gleichzeitige Einlegen einer Revision zusammen mit der Nichtzulassungsbeschwerde für sich genommen nicht schon zur Unzulässigkeit der Revision (BFH-Urteil vom 28. März 1979 I R 58-59/78, BFHE 128, 135, BStBl II 1979, 650).

b) Die vom Kläger eingelegten Revisionen sind jedoch gleichwohl nicht statthaft.

Der Wert des Streitgegenstandes übersteigt in keiner der beiden Streitsachen 10 000 DM (Art. 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs). In der Gewerbesteuermeßbetragssache sind noch 7 769 DM streitig, in der Umsatzsteuersache nur noch 5 258 DM.

Die entsprechenden Nichtzulassungsbeschwerden (Az. . . .) hat der Senat mit Entscheidung vom heutigen Tag als unzulässig verworfen (§ 115 FGO).

Schließlich hat der Kläger auch keine Verfahrensmängel im Sinne des § 116 Abs. 1 FGO gerügt, die dazu führten, daß seine Revisionen zulassungsfrei wären. Der Hinweis in den Rechtsmittelschriften vom 4. Juni 1984 im Anschluß an die Rüge der vorweggenommenen Beweiswürdigung, die Urteile des Finanzgerichts (FG) hätten ,,demnach keine ausreichende Begründung im Sinne des § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO", genügt nicht den Anforderungen dieser Vorschrift.

Eine Revision ist nur dann ohne Zulassung statthaft, wenn Tatsachen vorgetragen werden, die geeignet erscheinen, einen Verfahrensfehler im Sinne des § 116 Abs. 1 FGO darzutun. Es genügt nicht, daß der betreffende Mangel nur behauptet wird (siehe hierzu auch Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 116 Anm. 2B, mit weiteren Nachweisen). So ist eine Rüge nach § 116 Abs. 1 Nr. 5 FGO insbesondere nur dann schlüssig begründet, wenn mit ihr geltend gemacht wird, das FG habe einen bestimmten Sachverhaltskomplex überhaupt nicht berücksichtigt (Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 11. Aufl., § 116 FGO Tz. 23 a. E.). Daran fehlt es im Streitfall. Der Kläger hat insoweit lediglich denselben Sachverhalt, auf den er bereits die Rügen der vorweggenommenen Beweiswürdigung und der mangelnden Sachaufklärung gestützt hatte, auch der Rüge der unzureichenden Begründung der FG-Urteile zugrunde gelegt. Er hat jedoch keine weiteren Tatsachen vorgetragen, die diesen zusätzlichen Schluß rechtfertigen könnten. Solche sind auch für den Senat nicht ersichtlich, zumal das FG in seinen Urteilen ausführlich begründet hat, weshalb es von einer Zeugeneinvernahme abgesehen hatte.

 

Fundstellen

BFH/NV 1986, 619

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