Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsätzliche Bedeutung; Bestimmtheit von Steuerbescheiden; verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rechtsprechung zu Bauherrenmodellen

 

Leitsatz (NV)

1. Rechtsfragen im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Bestimmtheit von Grunderwerbsteuerbescheiden sind im allgemeinen einzelfallbezogen und haben keine grundsätzliche Bedeutung.

2. Die Angabe weiterer oder aller Schuldner, die das FA in Anspruch nehmen könnte, ist im Steuerbescheid nicht erforderlich. Diese Rechtsfrage ist geklärt.

3. Die Frage verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Rechtsprechung zur grunderwerbsteuerrechtlichen Behandlung von Bauherrenmodellen hat keine grundsätzliche Bedeutung.

 

Normenkette

GrEStG 1983 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1; AO 1977 § 119; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unbegründet, da ein Grund zur Zulassung der Revision i.S. von § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht vorliegt.

1. Die Rechtssache hat nicht die vom Kläger behauptete grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr.1 FGO.

a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn eine Rechtsfrage zu entscheiden ist, deren Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortentwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1985 I B 23/85, BFHE 144, 133, BStBl II 1985, 605, m.w.N.). Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärungsfähig sein. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.

Die vom Kläger im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Bestimmtheit von Grunderwerbsteuerbescheiden herausgestellten Rechtsfragen führen nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits. Das Gebot inhaltlicher Bestimmtheit von Steuerbescheiden (§ 119, § 157 der Abgabenordnung - AO 1977 -) gebietet, daß der Regelungsinhalt aus dem Verwaltungsakt eindeutig und exakt entnommen werden kann. Das Erfordernis inhaltlicher Bestimmtheit des Steuerbescheids soll u.a. sicherstellen, daß für den Betroffenen erkennbar ist, welcher Sachverhalt besteuert wird und damit Entstehen der Steuerschuld, ggf. Eingreifen von Steuerbefreiung und -vergünstigung und Verjährung ohne weiteres festzustellen sind (vgl. BFH-Urteil vom 17. September 1986 II R 62/84, BFH/NV 1987, 738, m.w.N.). Welche Anforderungen in dieser Hinsicht an den jeweiligen Steuerbescheid zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab (so BFH-Urteil vom 12. Oktober 1983 II R 56/81, BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140, 141). Dies hat zum einen zur Folge, daß die an die Bestimmtheit von Steuerbescheiden (oder bestimmter Arten von Steuerbescheiden) im einzelnen und konkret zu stellenden Anforderungen regelmäßig nicht allgemein festgestellt werden können. Zum anderen führt diese Einzelfallbezogenheit dazu, daß Rechtsfragen in diesem Zusammenhang nur selten über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung haben werden. Die vom Kläger aufgeworfenen Fragen sind jedenfalls nicht als im Interesse der Allgemeinheit klärungsbedürftige und im Rechtsstreit auch klärungsfähige Rechtsfragen anzusehen.

Soweit die Frage vom Kläger aufgeworfen wird, ob ein Grunderwerbsteuerbescheid, der einen Grundstückserwerb im Rahmen eines Bauherrenmodells betrifft, dem Bestimmtheitserfordernis dann genügt, wenn in ihm ,,lediglich auf den die Steuer auslösenden notariellen Grundstückskaufvertrag" Bezug genommen wird, liegt keine klärungsfähige Rechtsfrage vor. Eine Klärung dieser Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren ist deswegen nicht zu erwarten, weil im Streitfall diese vom Kläger angenommene Sachverhaltskonstellation nicht vorliegt. Der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid enthielt nicht nur den Hinweis auf den Grundstückskaufvertrag. Aus demselben Grund liegt eine klärungsfähige Rechtsfrage auch dann nicht vor, wenn man der Beurteilung insoweit die vom Kläger nachträglich verwendete Formulierung der Rechtsfrage zugrunde legt.

Dies gilt auch für die zweite vom Kläger in diesem Zusammenhang aufgeworfene Frage, wie es zu beurteilen sei, wenn der Bescheid einen konkreten Hinweis auf die zuzuordnende Eigentumswohnung enthalte. Im Streitfall enthält der angefochtene Grunderwerbsteuerbescheid eine über die in der Fragestellung enthaltene Annahme hinausgehende Konkretisierung durch den Bezug auf den Betriebsprüfungs-Bericht (,,Anschaffungskosten lt. BP").

Das vom Kläger herangezogene BFH-Urteil in BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140 enthält keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, der einer ,,analogen Anwendung" auf den Streitfall zugänglich wäre. Es ist ohne weiteres ersichtlich, daß die Grundsätze über die Zusammenfassung mehrerer der Steuer unterliegenden Vorgänge in einem Steuerbescheid für den Streitfall keine Bedeutung haben. Insoweit liegt keine klärungsbedürftige Rechtsfrage vor.

Dies gilt auch für die weitere vom Kläger aufgeworfene Frage, ob es erforderlich sei, in einem Grunderwerbsteuerbescheid auch die übrigen am Erwerbsvorgang Beteiligten, die Gesamtschuldner sind, anzugeben. Die eindeutige Bezeichnung des Steuerschuldners im Steuerbescheid ist unerläßlich, um die (ordnungsgemäße) Vollstreckbarkeit zu gewährleisten. Dies verlangt jedoch nur die Angabe des Schuldners, den das Finanzamt (FA) mit diesem Bescheid in Anspruch nehmen will. Die Angabe weiterer oder aller Schuldner, die das FA materiell-rechtlich in Anspruch nehmen könnte, ist dazu nicht erforderlich. Diese Frage ist durch die Rechtsprechung bereits geklärt (BFH-Urteil vom 28. Juni 1984 II R 204-205/82, BFHE 141, 461, BStBl II 1984, 784; vgl. auch Senatsurteil vom 5. November 1980 II R 25/78, BFHE 132, 114, BStBl II 1981, 176).

b) Auch die vom Kläger - im wesentlichen unter Berufung auf das Urteil des FG Berlin vom 15. November 1990 I 338-339/86, Entscheidungen der Finanzerichte (EFG) 1991, 496 - erhobenen grundsätzlichen Bedenken, insbesondere auch verfassungsrechtlicher Art, gegen die dem FG-Urteil zugrunde liegende Rechtsprechung des erkennenden Senats zur grunderwerbsteuerrechtlichen Behandlung von Bauherrenmodellen werfen keine klärungsbedürftige Rechtsfrage auf. Mit diesen Bedenken hat sich der erkennende Senat bereits wiederholt befaßt und insbesondere die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen seine Rechtsprechung zum grunderwerbsteuerrechtlichen Gegenstand des Erwerbsvorgangs für nicht stichhaltig erachtet (vgl. Urteil vom 24. Januar 1990 II R 94/87, BFHE 160, 284, BStBl II 1990, 590). Auch mit der abweichenden Auffassung des FG Berlin (z.B. Urteil vom 11.Januar 1990, EFG 1990, 440) hat sich der Senat bereits befaßt und diese nicht übernommen (vgl. Urteil vom 5. Februar 1992 II R 110/88, BFHE 166, 402, BStBl II 1992, 357). Die vom Kläger insoweit aufgeworfenen Rechtsfragen sind daher durch die Rechtsprechung geklärt (vgl. bereits Senatsbeschluß vom 27. Februar 1991 II B 27/90, BFHE 163, 495, BStBl II 1991, 465). Im übrigen verweist der Senat auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 27. Dezember 1991 2 BvR 72/90 (BStBl II 1992, 212). Wesentliche neue Gesichtspunkte oder Argumente, mit denen sich der Senat bisher noch nicht auseinandergesetzt hat und die im Interesse der Allgemeinheit eine erneute Klärung und Überprüfung in einem Revisionsverfahren notwendig erscheinen ließen, werden vom Kläger nicht vorgetragen.

2. Ob eine Divergenz vom Kläger ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§ 115 Abs. 3 Satz3 FGO), kann dahingestellt bleiben. Sie liegt jedenfalls nicht vor.

Das Urteil des FG weicht nicht ab i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO von dem BFH-Urteil vom 17. September 1986 II R 62/84 (BFH/NV 1987, 738). Das FG stützt seine Entscheidung nicht auf einen allgemeinen Rechtssatz, der zu einem ebenfalls die Entscheidung tragenden allgemeinen Rechtssatz in dem angezogenen Urteil des BFH in Widerspruch steht. Der BFH hat in dieser Entscheidung im Hinblick auf die Bestimmtheit des Steuerbescheids die Bezugnahme auf den Kaufvertrag auch dann für ausreichend gehalten, wenn dieser sich auf mehrere Grundstücke bezieht. Diesem Urteil läßt sich kein Rechtssatz entnehmen, daß bei anderen Konstellationen die Bezugnahme auf den Kaufvertrag nicht ausreichend sein sollte. Die bloße Tatsache, daß im übrigen im Streitfall insoweit ein anderer Sachverhalt bzw. eine Sachverhaltsvariante vorliege, begründet keine Divergenz.

Das FG-Urteil weicht auch nicht ab vom Urteil des BFH in BFHE 139, 432, BStBl II 1984, 140). Auch diese Entscheidung enthält zwar Ausführungen zur Bestimmtheit von Grunderwerbsteuerbescheiden, jedoch keine Rechtsaussage, die so unmittelbar für einen Steuerbescheid über einen Erwerb im Rahmen eines Bauherrenmodells von Bedeutung sein könnte, daß sich das FG in seiner Entscheidung dazu (stillschweigend) in Widerspruch gesetzt haben könnte.

Das FG hat auch keinen allgemeinen, seine Entscheidung tragenden Rechtssatz aufgestellt, der zu einem allgemeinen Rechtssatz im Urteil des BFH vom 15. Januar 1986 II R 141/83 (BFHE 145, 453, BStBl II 1986, 418) in Widerspruch steht. Die Tatsache, daß im Streitfall der der Besteuerung unterliegende Sachverhalt vor Ergehen der BFH-Entscheidungen verwirklicht wurde, auf die sich das BFH-Urteil vom 15. Januar 1986 bezieht, belegt für sich nicht, daß das FG bei seiner Entscheidung von einer anderen Rechtsauffassung als der BFH ausgegangen ist. Im übrigen hat das FG seine Entscheidung insoweit nicht auf eine bloße Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 15. Januar 1986 beschränkt. Es hat vielmehr ausgehend von den rechtlichen Überlegungen des BFH in seiner Entscheidung dargelegt, warum seiner Meinung nach auch im Streitfall kein die Besteuerung hindernder Vertrauenstatbestand vorlag. Ob die Überlegungen des FG in diesem Zusammenhang im einzelnen zutreffend sind, ist im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde vom Senat nicht zu prüfen. Jedenfalls hat das FG insoweit keinen allgemeinen Rechtssatz aufgestellt, der zu der angezogenen Entscheidung in Widerspruch steht.

Eine Abweichung des FG von dem Urteil des BFH vom 7. November 1973 II 201/65 (BFHE 111, 548, BStBl II 1974, 386) wurde als Zulassungsgrund weder in der Beschwerdeschrift noch in einer innerhalb der Beschwerdefrist nachgereichten Begründung geltend gemacht. Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dieser Entscheidung in anderem Zusammenhang (Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, Rechtsgutachten zur Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids), ist nicht als Behauptung einer Divergenz i.S. des § 115 Abs. 2 Nr.2 FGO zu verstehen. Die nach Ablauf der Beschwerdefrist erfolgte Geltendmachung ist nicht mehr zu berücksichtigen (§ 115 Abs. 3 Sätze 1 und 3 FGO).

 

Fundstellen

BFH/NV 1993, 623

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