Entscheidungsstichwort (Thema)

Investitionszulage für Kunstgegenstände

 

Leitsatz (NV)

1. Zur technischen und wirtschaftlichen Abnutzung von Kunstwerken als Voraussetzung für eine Investitionszulage.

2. Zu den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache in einer Nichtzulassungsbeschwerde.

 

Normenkette

BerlinFG § 19 Abs. 2 S. 1; FGO § 115 Abs. 3 S. 3

 

Tatbestand

Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine Rechtsanwaltssozietät in A. Für die Anschaffung einer Porzellanfigur der Staatlichen Porzellanmanufaktur Berlin, die sie für 13 859,65 DM für ihr Büro angeschafft hatte, beantragte sie im Streitjahr eine Investitionszulage in Höhe von 10 v. H.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) lehnte die Gewährung der beantragten Investitionszulage ab, nachdem die Staatliche Porzellanmanufaktur Berlin auf Anfrage mitgeteilt hatte, daß die Porzellanfigur als Kunstwerk anzusehen sei. Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage ab. Es verneinte die Abnutzbarkeit der Porzellanfigur als Voraussetzung für die Gewährung der Investitionszulage. Zur Begründung führte es im einzelnen aus: Eine technische Abnutzung als körperlicher Verschleiß des Wirtschaftsguts könne bei einem zu Dekorationszwecken ständig an ein und derselben Stelle aufgestellten Wirtschaftsgut aus Porzellan außer Betracht bleiben. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - (Urteil vom 2. Dezember 1977 III R 58/75, BFHE 124, 172, BStBl II 1978, 164) trete die technische Abnutzung eines Kunstwerks nicht oder nur in so langen Zeiträumen ein, daß sie steuerlich vernachlässigt werden könne. Aber auch eine wirtschaftliche Abnutzung könne nicht bejaht werden, da diese nach der Rechtsprechung des BFH (vgl. Urteile vom 23. April 1965 VI 327/64 U, BFHE 82, 370, BStBl III 1965, 382, und in BFHE 124, 172, BStBl II 1978, 164) nur bei Gebrauchskunst eintrete. Im Gegensatz zur Gebrauchskunst, die marktgängige Stücke des jeweiligen Zeitgeschmacks betreffe, sei die Porzellanfigur von Schadow als Werk eines anerkannten Meisters anzusehen. Dafür spreche, daß sie seit 1976 in unveränderter Form hergestellt und damit erfahrungsgemäß nicht nach einigen Jahren unmodern und weitgehend wertlos werde. Dies ergebe sich aus dem Preis und aus der lohnintensiven Fertigung, zumal die Lohnkosten erfahrungsgemäß weiter steigen würden.

Die Revision hat das FG in seinem Urteil nicht zugelassen.

Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision durch das FG Beschwerde eingelegt, die sie auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache stützt. Sie macht geltend, das FG habe die streitige Porzellanfigur zu Unrecht als Kunstwerk statt als Gebrauchskunst eingestuft und demzufolge rechtsfehlerhaft die Möglichkeit wirtschaftlicher Abnutzung verneint. Im übrigen liege über ,,derartige Gegenstände" keine höchstrichterliche Rechtsprechung vor. Selbst wenn man die Möglichkeit einer wirtschaftlichen Abnutzung verneine, bleibe die technische Abnutzung zu berücksichtigen. Es sei ein Erfahrungssatz, daß Porzellangegenstände (seien es besonders dekorative Porzellanstücke, seien es Gegenstände von Gebrauchsporzellan) mit der Zeit entzweigehen. Eine technische Abnutzung könne also nicht verneint werden.

Das FA hält die Nichtzulassungsbeschwerde für unbegründet.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die Beschwerde ist nicht ordnungsgemäß erhoben worden, da die Klägerin nicht dargetan hat, weshalb die Klärung der von ihr herausgestellten Rechtsfrage von allgemeinem Interesse sein könnte (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Es fehlt insbesondere jeglicher Hinweis darauf, daß, in welchem Umfang und aus welchen Gründen, die Rechtsfrage umstritten ist und inwiefern die für die Beurteilung des Streitfalles maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (vgl. Ruban in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rdnr. 7). Indem die Klägerin die Ansicht vertritt, die Entscheidung des FG hinsichtlich dieser Porzellanfigur sei unzutreffend, trägt sie selbst vor, daß sich die Bedeutung der Sache in der Entscheidung des konkreten Einzelfalles erschöpft. Überhaupt richtet die Klägerin ihre Beschwerdebegründung am konkreten Fall aus, statt eine über den Einzelfall hinausreichende Rechtsfrage herauszustellen. Auch der Hinweis, es liege keine höchstrichterliche Entscheidung vor, führte allein noch nicht zur Zulässigkeit der Nichtzulassungsbeschwerde. Denn die Klägerin hat nicht dargelegt, weshalb die streitige Rechtsfrage nach ihrer Auffassung einer Klärung durch den BFH bedarf (vgl. Klein/Ruban, Der Zugang zum Bundesfinanzhof, Rdnr. 157).

Ungeachtet dessen würde eine Revisionsentscheidung im Streitfall nicht zu einer Fortentwicklung des Rechts führen. Es gibt bereits eine BFH-Rechtsprechung zur Abnutzung von Kunstgegenständen, die vom FG auch seiner Entscheidung zugrunde gelegt worden ist. Nach der Rechtsprechung des BFH ist die Anerkennung der wirtschaftlichen Abnutzung vom künstlerischen Rang des Gegenstandes abhängig, wobei sich Werke anerkannter Meister nicht wirtschaftlich abnutzen. Diese Rechtsprechung ist auch von der Literatur übernommen worden (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19. Aufl., § 7 EStG Anm. 600, Stichwort: Kunstgegenstände; Heuer, Die Besteuerung der Kunst, 2. Aufl., S. 154 Fußn. 145; Heuer, Die AfA-Fähigkeit von Kunstgegenständen, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1983, 357). Ausnahmsweise ist bei über hundert Jahre alten Möbelstücken trotz ihrer Wertsteigerung eine technische Abnutzung bejaht worden, weil diese als Arbeitsmittel ständig in Gebrauch waren (vgl. BFH-Urteil vom 31. Januar 1986 VI R 78/82, BFHE 146, 76, BStBl II 1986, 355).

Das FG hat im Streitfall eine derartige fallspezifische Prüfung vorgenommen. Der Senat könnte sie seinerseits lediglich auf Verstöße gegen allgemeine Erfahrungssätze - wie von der Klägerin gewünscht - und gegen die Gesetze der Logik untersuchen. Dies aber wäre auch wieder nur eine Einzelfallprüfung.

 

Fundstellen

BFH/NV 1989, 129

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