Leitsatz

Ein Leistungsbündel aus Sportschwimmbad und Sauna mit einem einheitlichen Eintrittspreis und einer auf die kombinierte Nutzungsmöglichkeit bezogenen Werbung sprechen für eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre. Eine solche "neue" einheitliche Leistung unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG.

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt ein Schwimmbad mit Sauna. Der Saunabereich kann mit einem beim Eintritt in das Schwimmbad erhaltenen Chip betreten werden. Die Nutzung der Sauna ist im Eintrittspreis des Schwimmbads enthalten. Die Kombination von Schwimmbad und Sauna zu einem einheitlichen Eintrittspreis wurde werbemäßig als besonderes Angebot hervorgehoben. Der Erwerb von getrennten Eintrittsberechtigungen war nicht möglich. Die Klägerin teilte die Umsätze gemäß dem Nutzerverhalten nach der Zählung des Lesegerätes im Sauna-Eingangsbereich in den ermäßigten Umsatzsteuersatz (Schwimmbad) und in den Regelsteuersatz (Sauna) auf. Das Finanzamt dagegen unterwarf die Erlöse als einheitliche Leistung dem Regelsteuersatz. Unstreitig war der ermäßigte Steuersatz für Leistungen an Vereine.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG unterliegt der Eintritt für die Schwimmbad- und Saunanutzung für Einzelpersonen als eine einheitliche "neue" Leistung gesamt dem Regelsteuersatz.

Für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze sowie der Verabreichung von Heilbädern gilt der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG). Ob es sich bei einer Schwimmbad- und Saunanutzung um eine selbstständige Leistung oder um eine einheitliche Leistung handelt, ist aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers zu prüfen. Eine einheitliche Leistung liegt vor, wenn eine Einzelleistung eine Hauptleistung und die andere Einzelleistung eine Nebenleistung bildet. Evtl. teilt die Nebenleistung das steuerliche Schicksal der Hauptleistung. Eine Leistung ist insbesondere dann Nebenleistung, wenn sie für die Kundschaft keinen eigenen Zweck darstellt bzw. wenn zwei Einzelleistungen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden.

Im Streitfall sind diese Leistungselemente nach dem Wesen des angebotenen Gesamtpakets so aufeinander abgestimmt, dass sie aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers ihre Selbständigkeit verlieren. Aus der Verbindung dieser beiden unterschiedlichen Leistungselemente bildet sich ein selbständiges "Neues" mit einem einheitlichen Zweck. Eine Aufspaltung wäre wirklichkeitsfremd. Aus der sportlichen Betätigung "Schwimmen" kombiniert durch die Erholungskomponente "Saunieren" entsteht eine neue kombinierte, selbständige Leistung "Schwimmen und Saunieren". Hierfür spricht auch das angebotene Gesamtpaket mit einheitlichem Eintrittspreis, die Werbemaßnahmen bezogen auf die kombinierte Nutzungsmöglichkeit sowie der im Gesamtpaket - im Vergleich zu Sauna-Marktpreisen - günstige einheitliche Eintrittspreis.

Der ermäßigte Steuersatz kommt nicht in Betracht, weil der Besuch des Schwimmbads im Rahmen eines Gesamtpakets stattfindet und die insoweit einheitliche Leistung den Rahmen des § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG überschreitet. Die Steuersatzermäßigung gilt nur für die unmittelbar mit dem Betrieb der Schwimmbäder verbundenen Umsätze und nicht für übliche und typische Nebenleistungen. Die Ermäßigung scheidet aus, wenn die Überlassung des Schwimmbads - wie im Streitfall - mit weiteren, nicht begünstigten Einrichtungen im Rahmen einer einheitlichen Leistung erfolgt. Die Saunanutzung ist auch keine übliche bzw. typische Nebenleistung zur Schwimmbadnutzung.

Eine nur teilweise Anwendung einer Steuersatzermäßigung kommt bei einer einheitlichen Leistung, wenn - wie hier - nicht ein Hauptelement und ein oder mehrere Nebenelemente bestimmbar sind, nicht in Betracht (EuGH, Urteil v. 18.1.2018, C-463/16 (Stadion Amsterdam); BFH, Urteil v. 2.8.2018, V R 6/16, BStBl 2019 II S. 293). Nach Überzeugung des FG handelt es sich bei der Einräumung der Nutzungsmöglichkeit der Sauna und des Schwimmbads im Rahmen der einheitlichen Leistung um jeweils gleichwertige Leistungselemente. Denn aus Sicht des beide Leistungen in Anspruch nehmenden Durchschnittsverbrauchers ist in qualitativer Hinsicht weder das Schwimmbad noch die Saunalandschaft von untergeordneter Bedeutung. Auch sprechen bei der vorliegend gerade nicht kleinen Sauna die von der Klägerin ermittelten Nutzerzahlen der Sauna mit 17% nicht für eine untergeordnete Bedeutung.

 

Hinweis

Nach Auffassung des FG liegen Gründe für die Zulassung der Revision beim BFH nicht vor. Um zwei getrennte Leistungen Schwimmbad und Sauna mit unterschiedlichen Steuersätzen zu erreichen, müssten wohl zumindest getrennte Eintrittsgelder verlangt werden.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.05.2023, 5 K 3/22

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