vorläufig nicht rechtskräftig

Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH [I R 35/19)]

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Unbeschränkte Steuerpflicht eines im Inland bei den US-Stationierungstruppen tätigen amerikanischen Staatsangehörigen

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Ein Mitglied der US-Streitkräfte, eines zivilen Gefolges oder einer technischen Fachkraft hält sich immer nur dann „nur in dieser Eigenschaft“ im Sinne von Art. X Abs. 1 S. 1 des NATO-Truppenstatuts im Inland im Sinne eines Ausschließlichkeitskriteriums auf, wenn nach den gesamten Lebensumständen erkennbar ist, dass die betreffende Person in dem maßgeblichen Zeitraum fest entschlossen ist, nach Beendigung ihres Dienstes in den Ausgangstaat oder in ihren Heimatstaat zurückzukehren.
  2. Beruht die Rückkehr auf einem nachträglich gefassten Entschluss, ist der Inlandsaufenthalt nicht ausschließlich durch das Dienstverhältnis veranlasst. Maßgeblich sind die Lebensumstände aus Sicht des jeweiligen Besteuerungszeitraums.
  3. Der Aufbau wesentlicher persönlicher Bindungen zu Deutschland durch die Dauer des Aufenthaltes sowie der Erwerb eines Eigenheimes im Inland, das über mehrere Jahre unterbrochen zu eigenen Wohnzwecken dient, sind beachtliche Indizien, die gegen einen Rückkehrwillen in die USA sprechen, insbesondere wenn der Betreffende in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitraum nicht über eine eigene Wohnstätte in den USA verfügt.
 

Normenkette

NATO-Truppenstatut Art. X; EStG §§ 19, 1 Abs. 1 S. 1

 

Streitjahr(e)

2005, 2006, 2007, 2008, 2009, 2010, 2011, 2012

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 03.03.2021; Aktenzeichen I R 35/19)

 

Tatbestand

Der Kläger ist US-amerikanischer Staatsbürger und seit 1982 mit einer deutschen Staatsangehörigen verheiratet. Aus der Ehe ist im März 1991 eine gemeinsame Tochter hervorgegangen.

Der Kläger hatte sich bereits seit ca. 1978 in Deutschland aufgehalten, und zwar zunächst zu Studienzwecken. Daneben hatte er an einer Frankfurter Universität als Tutor für das Fach „Englisch als Zweitsprache“ gearbeitet. Während dieser Studienzeit hatte der Kläger seine Ehefrau, die Beigeladene, kennengelernt und im Jahr 1982 geheiratet.

Seit der Heirat hatten der Kläger und seine Ehefrau (die Beigeladene) eine gemeinsame Wohnung in A. Der Kläger war in den Streitjahren als Manager des zivilen Gefolges der US Stationierungstruppen in Deutschland tätig und erzielte daraus Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit. Diese Tätigkeit als regulärer Teil des zivilen Gefolges der US-Stationierungstruppen in Deutschland hatte er ab Mitte der 90er Jahre aufgenommen. Im Jahr 2003 wurde der Kläger in die USA zurückversetzt. Aufgrund dieser Versetzung verlegten auch die Ehefrau und die gemeinsame Tochter ihren Wohnsitz in die USA. Während des Aufenthaltes in den USA unterrichtete die Ehefrau an der deutschen Schule in B.

Zu Beginn des Schuljahres 2004/2005 kehrte die Ehefrau nach Deutschland zurück und nahm einen befristeten Lehrauftrag an einer Schule an. Der Kläger selbst kehrte aufgrund seiner Versetzung im Oktober 2004 nach Deutschland zurück.

Mit Vertrag vom Dezember 2004 erwarb der Kläger zusammen mit seiner Ehefrau (die Beigeladene) eine Immobilie in C, die sie seit dem März 2005 selbst nutzen.

Die Einkommensteuererklärung für 2005 der Ehefrau des Klägers, der Beigeladenen, ist im Jahr 2007 beim Beklagten eingegangen. Darin wurde eine Zusammenveranlagung beantragt, jedoch die Einkünfte des Klägers nicht erklärt.

Für die Jahre 2005 und 2006 wurde wie beantragt die Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer für beide Ehegatten durchgeführt. Die Einkünfte des Klägers wurden in Höhe der deklarierten Einkünfte in den US Steuererklärungen dem Progressionsvorbehalt unterworfen.

Die Einkommensteuererklärung der Jahre 2007-2012 sind in den Jahren 2009-2014 beim Beklagten eingegangen.

Der Beklagte veranlagte für die Jahre 2007-2012 antragsgemäß und führte die beantragte Zusammenveranlagung durch. Die Einkünfte des Klägers wurden dem Progressionsvorbehalt laut US Steuererklärung unterworfen.

Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide gingen in den Jahren 2009-2014 zur Post.

Im Rahmen eines Einspruchsverfahrens gegen den Bescheid über die Eigenheimzulage teilte der Beklagte mit, dass der Kläger gemäß Art. X Abs. 1 des Abkommens zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen (NTS) bisher als nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt worden sei. Aufgrund der Angaben im Einspruchsverfahren würde jedoch die Wohnsitzfiktion des Artikels X Abs. 1 NTS durchbrochen werden und es sei somit von der unbeschränkten Einkommensteuerpflicht des Klägers auszugehen.

Im Rahmen einer Anfrage wurde durch die Informationsstelle für US Verbindungen mitgeteilt, dass der Kläger auch einen so genannten Zuschuss des Arbeitgebers zur Wohnung am Dienstort erhalten hat.

Nachfolgend wurde eine Prüfung der Steuerfahndung veranlasst.

In den nachfolgend geänderten Steuerbescheiden wurden die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit erhöht. Die entsprechend geänderte...

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