Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer: Keine steuerliche Anerkennung eines Verwandtendarlehens bei sehr langer Laufzeit und fehlender Besicherung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei Darlehen zwischen Verwandten, die der Finanzierung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern dienen und die daher eindeutig betrieblich bzw. durch die Erzielung von Überschusseinkünften veranlasst sind, steht es der steuerlichen Anerkennung nicht entgegen, wenn das Darlehen unter im Einzelnen fremdunüblichen Bedingungen gewährt wurde, solange die laufenden Zinsen vereinbarungsgemäß gezahlt werden.

2. Auch einem derartigen Anschaffungsdarlehen ist die steuerliche Anerkennung jedoch zu versagen, wenn es sich um eine verschleierte Schenkung handelt, weil die feste Laufzeit des tilgungsfreien Darlehens die durchschnittliche Lebenserwartung des Darlehensgebers deutlich übersteigt.

3. Ist das Darlehen von einer verschleierten Schenkung zumindest nicht eindeutig abgrenzbar, weil die Laufzeit die durchschnittliche weitere Lebenserwartung des Darlehensgebers um sieben Jahre übersteigt, fällt im Rahmen des bei Anschaffungsdarlehen zwar untergeordneten, aber dennoch zu durchzuführenden Fremdvergleichs unter Berücksichtigung der Verteilung der Vertragschancen und -risiken die fehlende Besicherung ins Gewicht. Einem derartigen Darlehen, das in Höhe von 400.000 € gewährt wird, ist die steuerliche Anerkennung zu versagen, wenn es ohne jede Besicherung des Rückzahlungsanspruchs für eine feste Laufzeit von 30 Jahren vereinbart wird und nur der Darlehensnehmer, nicht aber der Darlehensgeber die Möglichkeit hat, sich vor Ablauf dieser Frist von dem Vertrag zu lösen.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 1, § 12 Nrn. 1-2

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung von Darlehenszinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung streitig.

Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Die Klägerin zu 1. (im Folgenden: Klägerin) hat eine Schwester.

Die Klägerin erwarb mit Vertrag vom 20.03.2015 von ihren Eltern, A (geboren am ...) und B (geboren am ...), zum Preis von 1.475.000,00 € das in der X-Straße in C bei D belegene Grundstück. Das Grundstück ist mit einem Mehrfamilienhaus bebaut, das aus elf vermieteten Wohneinheiten besteht.

Zur Finanzierung des Kaufpreises schlossen die Kläger mit der E-AG einen Darlehensvertrag über 1.100.000,00 €. Als Sicherheit bestellte die Klägerin eine Grundschuld an dem erworbenen Grundstück in Höhe des Darlehensbetrages. Des Weiteren verpflichtete sie sich zur Sicherungsabtretung der Miet- und Pachtzinsforderungen aus dem Objekt. Auf den weiteren Inhalt des Vertrages wird Bezug genommen (...).

Ferner schlossen die Kläger einen auf den 21.03.2015 datierenden Darlehensvertrag mit den Eltern der Klägerin (...). Der Vertrag enthielt folgende Regelungen:

1. Darlehenssumme

Der Darlehensgeber gewährt dem Darlehensnehmer ein Darlehen über 400.000,- Euro. Das Darlehen wird mit einem Zinssatz von 4,0 % gewährt.

2. Auszahlung der Darlehenssumme

Die Darlehenssumme wird dem Darlehensnehmer mit Unterschrift dieses Vertrages bargeldlos bereitgestellt und dient nur zur Verrechnung mit dem Kaufpreis der Immobilie in der X-Straße in C in Höhe von 1.500.000,- Euro.

3. Laufzeit und Tilgung

Die Laufzeit des Darlehens beträgt 360 Monate. Die Rückzahlung des Darlehens erfolgt in monatlichen Raten zu 0,- Euro. Die Raten werden jeweils zum 01. eines Monats fällig, erstmalig am 01.06.2015. Die Zahlung der Darlehensraten inkl. monatlicher Zins-Zahlung erfolgt per Überweisung an A und B, Bankverbindung siehe Anhang. Der Darlehensnehmer hat jederzeit die Möglichkeit, Sonderzahlungen zu leisten oder das Darlehen durch eine Einmalzahlung vollständig zu tilgen.

4. Sicherheiten

Der Darlehensgeber verzichtet auf Sicherheiten.

In der Einkommensteuererklärung für 2015 machten die Kläger bei den Einkünften der Klägerin aus Vermietung und Verpachtung des Grundstücks in C u. a. Zinsen für dieses Darlehen in Höhe von insgesamt 9.333,31 € als Werbungskosten geltend (1.333,33 € monatlich für sieben Monate).

Am 26.05.2016 fand ein Gespräch an Amtsstelle statt, in dem der Beklagte die Auffassung vertrat, dass es sich bei dem Darlehen in Wahrheit um eine Schenkung handele. Der weitere Inhalt des Gespräches ist zwischen den Beteiligten streitig.

Daraufhin reichten die Kläger einen auf den 26.05.2016 datierenden Nachtrag zu dem Darlehensvertrag vom 21.03.2015 ein, der modifizierte Regelungen zur Rückzahlung des Darlehens und zur Besicherung enthielt. U. a. sollte das Darlehen im Falle eines Verkaufs vor Ablauf der Darlehenslaufzeit sofort zur Rückzahlung fällig werden. Außerdem traten die Kläger ihre Angestelltengehälter und die Mietzinsen aus dem erworbenen Objekt zur Sicherheit an die Darlehensgeber ab. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vereinbarung Bezug genommen (...). Darüber hinaus übersandten die Kläger dem Beklagten ein Schreiben der Eltern der Klägerin vom 16.01....

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