Entscheidungsstichwort (Thema)

Tatsächliche Nutzungszeiten als sachgerechter Vorsteueraufteilungsmaßstab bei Errichtung von täglich teils vorsteuerabzugsschädlich und teils zur Erzielung umsatzsteuerpflichtiger Umsätze genutzten Sportanlagen. Vorsteuerabzug in den Baujahren vor Fertigstellung der Sportanlagen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Errichtet eine Schule Sportanlagen, die täglich teilweise (vorsteuerabzugsschädlich) für den Schulbetrieb und teilweise (zum Vorsteuerabzug berechtigend) für umsatzsteuerpflichtige Nutzungsüberlassungen an Dritte verwendet werden, so stellt der Umfang der tatsächlichen zeitlichen Nutzung der Sportanlagen für schulische Zwecke einerseits und für steuerpflichtige Nutzungsüberlassungen andererseits, ohne Berücksichtigung der Leerstandszeiten, einen sachgerechten Maßstab dar, um die nach § 15 Abs. 4 UStG erforderliche Aufteilung der durch die Errichtung und den Betrieb der Sportanlagen ausgelösten Vorsteuer vorzunehmen. Gegen die Zuordnung der Leerstandszeiten zu den Zeiten der gewerblichen Nutzung spricht es, wenn die zeitlichen Sphären (Nutzung zu Schul- bzw. zu gewerblichen Zwecken) nicht strikt voneinander getrennt sind.

2. Soweit in den Jahren der Errichtung der Sportanlagen noch keine tatsächliche Verwendung der streitigen Sportanlagen stattfand, kommt es insoweit für den Vorsteuerabzug auf die voraussichtlichen Aufteilungsverhältnisse an. Erforderlich ist eine Verwendungsprognose, wobei die tatsächliche spätere Verwendung als Indiz für die beabsichtigte Verwendung in Betracht kommt. Es kommt also nicht darauf an, was der Unternehmer als die erstrebenswerteste tatsächliche Entwicklung ansieht, sondern darauf, was nach den Erkenntnismöglichkeiten im Zeitpunkt des Leistungsbezugs als die im Erstjahr oder allenfalls in den ersten Jahren der tatsächlichen Verwendung wahrscheinlichste tatsächliche Verwendung erscheint.

 

Normenkette

UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1, Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 26.04.2018; Aktenzeichen V R 23/16)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die bis zum 14.08.2014 entstandenen Kosten des Verfahrens werden der Klägerin zu 24 % und dem Beklagten zu 76 % auferlegt. Die danach entstandenen Kosten werden der Klägerin auferlegt.

Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten zum Vorverfahren war notwendig.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der der Klägerin zu erstattenden außergerichtlichen Kosten abwenden, wenn diese nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darum, ob der Klägerin ein weiterer Vorsteueranspruch aus Baukosten für einen Sportplatz und eine Sporthalle zusteht.

Die Klägerin wurde 1998 gegründet. Nach ihrem Gesellschaftsvertrag verfolgt sie die Förderung von Bildung und Erziehung durch den Betrieb einer sogenannten Internationalen Schule. Sie ermittelt ihren Gewinn nach einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 31.07.

Von den Schülern (bzw. ihren Eltern) erhebt die Klägerin Schulgebühren und Aufnahmegebühren, die sich beispielsweise in 2007 auf ca. 5,1 Million EUR bzw. 535.800 EUR beliefen.

Die Gebäude, in denen die Klägerin den Schulbetrieb abwickelte, hatte sie zunächst angemietet. Nach Abschluss der notariellen Verträge im Dezember 2005 erwarb die Klägerin die entsprechenden Grundstücke im Wirtschaftsjahr 2005/2006. Auf diesen Grundstücken wurde etwa 2005/2006 planungsrechtlich unter Hinweis auf eine Konzeption der Klägerin der Betrieb von Sportanlagen auch für außerschulische Sport- und Spielzwecke ermöglicht (vgl. die Anlage K3 zum Schriftsatz der Klägerin vom 15.02.2016, Bl. 216 – 220 Gerichtsakte – GA – II). Am 18.12.2006 (vgl. Bl. 241 GA II) und 19.12.2006 erteilte der Landkreis B. der Klägerin Genehmigungen zum Bau eines Sportplatzes und einer Dreifeldsporthalle mit Mehrzwecknutzung. Auf Seite 6 der Baugenehmigung für die Halle heißt es: „Für die Internationale Schule A. in C. soll eine Dreifachsporthalle errichtet werden, wobei die schulische Nutzung etwa bis 15 Uhr erfolgen soll. Danach ist eine gewerbliche und außerschulische Nutzung bis gegen 22 Uhr vorgesehen.” Der Klägerin wurde die Auflage erteilt, die Nutzung werktags auf die Zeit von 06.00 Uhr bis 21.30 Uhr und sonn- und feiertags auf die Zeit von 07:00 Uhr bis 21.30 Uhr zu begrenzen (Seite 16). Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt das Gericht auf die Kopie der Baugenehmigung (Bl. 81 – 99 Umsatzsteuersonderprüfungsakte – UStSoprA – I) Bezug. In der Folge begann die Klägerin im Kalenderjahr 2006 mit der Errichtung eines Sport-Campus bestehend aus einem Sportplatz, der Ende 2007 im umsatzsteuerlichen Sinne fertiggestellt und ab Anfang 2008 im umsatzsteuerlichen Sinne verwendet wurde (tatsächliche Verständigung in der mündlichen Verhandlung), und einer Dreifeldsporthalle, die am 01.04.2008 in Betrieb genommen wurde.

Im Zusammenhang mit der Errichtung der streitbefangenen Anlagen und der (nicht mehr streitbefa...

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