Leitsatz (amtlich)

Der BFH hält an der im Urteil III 225/65 vom 18. Oktober 1968 (BFH 94, 142, BStBl II 1969, 63) vertretenen Auffassung fest, daß für ein Mineralgewinnungsrecht, für das auf den 1. Januar 1935 kein Einheitswert festgestellt worden ist, während des am 1. Januar 1935 beginnenden Hauptfeststellungszeitraums im Wege der Nachfeststellung nach § 23 BewG in der Fassung vor dem BewG 1965 kein Einheitswert festgestellt werden kann.

 

Normenkette

BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 21; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 22; BewG i.d.F. vor BewG 1965 § 23

 

Tatbestand

Die Klägerin ist seit langem Eigentümerin von Mineralquellen, von denen am 1. Januar 1960 nur noch eine benutzt wurde. Für diese Quellen wurden nach den von dem früheren Oberfinanzpräsidenten in Kassel herausgegebenen Richtlinien für die Bewertung der Heilbrunnen und Tafelwässer vom 14. Februar 1936 zum 1. Januar 1935 keine Einheitswerte festgestellt, weil sie nach Landesrecht nicht als Berechtigungen, sondern nur als Bestandteile des Eigentumsrechts am Quellengrundstück anzusehen waren. Es wurden aber für sie Teilwerte ermittelt.

Die Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt a. Main gab als Hauptort für die Bewertung der Heilquellen durch Verfügung S 3196 A - 14 - St III 2 vom 25. Oktober 1962 neue Richtlinien für die Bewertung von Mineral- und Heilquellen auf den 1. Januar 1960 heraus. Nach diesen Richtlinien war im Hinblick auf das Urteil des BFH III 242/59 S vom 22. Juli 1960 (BFH 71, 454, BStBl III 1960, 420) die Feststellung eines Einheitswerts für jede Mineral- oder Heilquelle vorzunehmen, auch wenn nach bergrechtlichen Bestimmungen keine Berechtigung vorlag. Das FA führte aufgrund dieser Richtlinien eine Nachfeststellung des Einheitswerts für die noch genutzte Quelle zum 1. Januar 1960 durch und stellte den Einheitswert durch Bescheid vom 11. Juni 1963 auf ... DM fest. Der dagegen eingelegte Einspruch, mit dem die Klägerin die Zulässigkeit der Nachfeststellung bestritt, hatte keinen Erfolg.

Dagegen war die Klage erfolgreich. Das FG hob die Einspruchsentscheidung und den Einheitswertbescheid zum 1. Januar 1960 vom 11. Juni 1963 auf. Es ist der Auffassung, daß der als Nachfeststellungsbescheid bezeichnete Bescheid nicht auf § 23 BewG in der vor dem BewG 1965 geltenden Fassung gestützt werden könne. Es handele sich vielmehr um die Nachholung einer unterbliebenen Hauptfeststellung. Diese sei jedoch unzulässig, weil sie mit der Einführung neuer, von dem bisherigen System abweichender Bewertungsrichtlinien verbunden sei.

Mit der Revision rügt das FA unrichtige Anwendung des bestehenden Rechts. Es ist der Auffassung, daß die Nachfeststellung zulässig sei.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist nicht begründet.

Der Senat hat in einem gleichgelagerten Fall durch Urteil III 225/65 vom 18. Oktober 1968 (BFH 94, 142, BStBl II 1969, 63) entschieden, daß die Voraussetzungen für die Vornahme einer Nachfeststellung nach § 23 BewG nicht gegeben seien. Er hat darauf hingewiesen, daß weder eine wirtschaftliche Einheit oder Untereinheit neu begründet worden sei noch für eine bereits bestehende wirtschaftliche Einheit oder Untereinheit der Grund für eine Steuerbefreiung weggefallen sei. Er hat es abgelehnt, die Nachfeststellung in eine nachgeholte Hauptfeststellung umzudeuten, weil bei der Nachfeststellung entsprechend dem BFH-Urteil III 301/59 S vom 13. Januar 1961 (BFH 72, 323, BStBl III 1961, 122) die tatsächlichen Verhältnisse und die Wertverhältnisse vom Nachfeststellungszeitpunkt zugrunde gelegt worden seien, während bei einer nachzuholenden Hauptfeststellung die tatsächlichen Verhältnisse und Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 hätten zugrunde gelegt werden müssen. Der Senat hat es ferner abgelehnt, die Nachfeststellung in eine Wertfortschreibung zum Zwecke der Fehlerbeseitigung umzudeuten. Er hat dazu keine Möglichkeit gesehen, weil eine Fortschreibung schon begrifflich einen bereits vorhandenen Einheitswert voraussetze, der durch den Fortschreibungsbescheid geändert werden solle. Er hat zudem darauf hingewiesen, daß es sich, wenn man davon absehe, um eine sogenannte Kollektivfortschreibung handeln würde, die nach der Rechtsprechung (vgl. BFH-Urteil III 116/50 S vom 7. Mai 1961, BFH 55, 301, BStBl III 1951, 116) unzulässig sei.

An dieser Auffassung hält der Senat trotz des Vorbringens des FA auch im vorliegenden Fall fest. Das FA bestreitet selbst nicht, daß die Voraussetzungen, die § 23 BewG für eine Nachfeststellung fordert, nicht vorliegen. Es meint aber, die Nachfeststellung sei deshalb zulässig, weil der Gesetzgeber, wenn er den hier vorliegenden Sachverhalt, daß nämlich die Bewertung des Nutzungsrechts an der Quelle bisher im Wege der Teilwertermittlung erfolgt sei, gekannt hätte, eine solche Regelung getroffen haben würde. Dieser Auffassung folgt der Senat nicht. Das BewG kennt nur drei Arten von Feststellungen eines Einheitswerts. Die Hauptfeststellung, die Fortschreibung (mit den Unterarten Zurechnungs-, Art- und Wertfortschreibung) und die Nachfeststellung. Der Gesetzgeber hat genau abgegrenzt, unter welchen Voraussetzungen jede dieser Feststellungsarten in Betracht kommt. Es geht nicht an, unter Berufung auf eine angebliche Gesetzeslücke eine Nachfeststellung eines Einheitswerts unter anderen als den in § 23 BewG vorgeschriebenen Voraussetzungen einzuführen. Es ist dem FG darin zuzustimmen, daß das der Vorwegnahme einer Hauptfeststellung gleichkäme. Das ist jedoch ebenso unzulässig wie die Durchführung einer Kollektivfortschreibung, die im Ergebnis auch eine vorweggenommene Hauptfeststellung darstellt.

Eine solche Einheitswertfeststellung kann auch nicht als Folge der beiden Urteile des Senats III 242/59 S (a. a. O.) und III 301/59 S vom 13. Januar 1961 (BFH 71, 323, BStBl III 1961, 122) für zulässig angesehen werden. Folgerungen aus diesen beiden Urteilen hätten nur in der Weise gezogen werden können, daß für Mineralgewinnungsrechte eine neue Hauptfeststellung angeordnet worden wäre. Diese Möglichkeit bestand unabhängig von der Anordnung einer gleichzeitigen neuen Hauptfeststellung für die Einheitswerte des Grundbesitzes. Eine Änderung der Richtlinien für die Bewertung der Mineralgewinnungsrechte allein ohne Anordnung einer neuen Hauptfeststellung reichte nicht aus, die Möglichkeit einer Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1960 zu eröffnen. Der Senat bleibt bei seiner Auffassung, daß eine solche Einheitswertfeststellung weder unter dem Gesichtspunkt einer Nachholung der unterbliebenen Hauptfeststellung noch unter dem Gesichtspunkt einer Wertfortschreibung zum Zwecke der Fehlerbeseitigung als zulässig angesehen werden kann. Es ist nicht ersichtlich, warum es nicht angängig sein soll, wie das FA meint, zu prüfen, ob die vom FA vorgenommene Einheitswertfeststellung unter diesen Gesichtspunkten als zulässig angesehen werden könnte. Schließlich ist auch der Einwand des FA unrichtig, durch die Entscheidung des Senats werde die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gestört. Der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG für die BRD kann niemals die Grundlage dafür bieten, einen gesetzlich unzulässigen Verwaltungsakt mit Rücksicht darauf zu bestätigen, daß in vielen anderen Fällen ebenso verfahren worden ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68918

BStBl II 1970, 300

BFHE 1970, 197

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