Anteiliger Werbungskostenabzug bei einer Feier aus beruflichem und privatem Anlass
Hintergrund
S war im Streitjahr bei einer Steuerberatungs-GmbH mit rund 300 Mitarbeitern angestellt. Im Januar legte er die mündliche Prüfung ab und wurde am 19.2. zum StB bestellt. Am 17.4 hatte er seinen 30. Geburtstag. Für den 8.5. lud er Kollegen, Verwandte und Bekannte zu einer Feier anlässlich der bestandenen Prüfung und seines Geburtstags ein. Von den Gästen waren 46 Arbeitskollegen, 32 Verwandte und Bekannte. Ein 21-köpfiger Posaunenchor machte Musik.
Die Gesamtaufwendungen (Hallenmiete und Bewirtung) betrugen 3.413 EUR (pro Person rund 35 EUR). Diese teilte S nach Köpfen auf, wobei er 46 Personen (Geschäftsleitung und Berufskollegen) dem beruflichen Bereich und 53 Personen (private Gäste einschließlich Posaunenchor) dem privaten Bereich zuordnete. Dementsprechend machte er 1.586 EUR (46,47 % von 3.413 EUR) als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
Das FA und auch das FG lehnten dies mit dem Hinweis auf die Vermischung beruflicher und privater Belange ab.
Entscheidung
Der BFH vertritt eine großzügigere Auffassung. Er verweist auf den Grundsatzbeschluss des Großen Senats vom 21.9.2009, GrS 1/06 (BStBl II 2010, 672) und die nachfolgende Rechtsprechung (Beschluss vom 24.9.2013, VI R 35/11, BFH/NV 202014, 500). Danach ist, wenn Aufwendungen auf beruflichen und privaten Umständen beruhen und der erwerbsbezogene Teil nicht von untergeordneter Bedeutung ist, der Abzug des beruflich veranlassten Kostenanteils zulässig, sofern dieser sich nach objektiven Maßstäben zutreffend und leicht nachprüfbar abgrenzen lässt.
Für die danach erforderliche Beurteilung der beruflichen oder privaten Veranlassung ist in erster Linie auf den Anlass der Feier abzustellen. Jedoch kann sich auch bei der Feier eines persönlichen Ereignisses aus den Umständen ergeben, dass die Aufwendungen gleichwohl beruflich veranlasst sind. Umgekehrt rechtfertigt ein Ereignis aus der beruflichen Sphäre allein nicht die Annahme, dass die Aufwendungen ausschließlich beruflich veranlasst sind.
Bei der Einladung befreundeter Arbeitskollegen sind neben dem Anlass der Feier weitere Kriterien heranzuziehen, z.B. wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich um Kollegen, Geschäftsfreunde und Mitarbeiter oder um private Bekannte handelt. Da Arbeitskollegen häufig auch private Kontakte pflegen, kann auch entscheidend sein, ob nur ausgesuchte Kollegen eingeladen sind oder die Einladung nach allgemeinen Kriterien (z.B. alle Auszubildenden oder alle Kollegen einer Abteilung) ausgesprochen wurde. Sind die Aufwendungen gemischt veranlasst, weil Gäste aus dem beruflichen und aus dem privaten Bereich teilgenommen haben, sind die Gesamtkosten anteilig nach Gästen aufzuteilen.
Der BFH verwies den Fall an das FG zurück. Er betont zum einen, dass die Bestellung zum StB, auch wenn sie ein persönliches Ereignis darstellt, in erster Line beruflichen Charakter hat. Zum anderen gibt er dem FG die Prüfung auf, ob sich die Einladung der Kollegen nach abstrakt berufsbezogenen Kriterien bestimmte und damit berufsbezogen war oder ob nur einzelne Kollegen eingeladen waren, sodass eher die privaten Neigungen bestimmend waren.
Hinweis
Die Entscheidung setzt die Rechtsprechungslinie fort, nach der bei gemischten Aufwendungen der berufliche Anteil, sofern er sich abgrenzen lässt, abziehbar sein muss. Denn die Leistungsfähigkeit wird gemindert, wenn eindeutig beruflich veranlasster Aufwand vorliegt. Deshalb kommt auch bei einem privaten Anlass - hier runder Geburtstag - ein anteiliger Abzug in Betracht, soweit die Gäste dem beruflichen Bereich zuzuordnen sind. Da aber zu Arbeitskollegen häufig auch engere private Beziehungen bestehen, kann von einer (nahezu ausschließlichen) beruflichen Veranlassung nur dann ausgegangen werden, wenn die Einladung nach allgemeinen Kriterien ausgesprochen wird, z.B. nach der Funktion oder entsprechend der Zugehörigkeit zu einer Abteilung. Anders dürfte es regelmäßig sein, wenn nur bestimmte Kollegen angesprochen wurden und sich vermuten lässt, dass die private Beziehung im Vordergrund stand.
Entsprechendes dürfte übrigens für die Ausgaben gelten, die den Gästen entstehen, z.B. für die üblichen Geschenke und auch für die Anfahrt zur Feier. Die Kriterien des BFH eignen sich auch hier für die Abgrenzung von beruflichen und privaten Kosten. In gleicher Weise müssten auch die vom Gastgeber entgegengenommenen Geschenke zum Teil als steuerlich zu erfassende Einnahmen angesetzt werden. Es sind daher auch Fälle denkbar, in denen wegen der gegenzurechnenden Geschenke kein abziehbarer Aufwand mehr verbleibt.
BFH, Urteil v. 8.7.2015, VI R 46/14, veröffentlicht am 21.10.2015
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