Vorabgewinn der Komplementär-GmbH für Geschäftsführung

Sieht der Gesellschaftsvertrag einer GmbH & Co. KG einen Vorabgewinn der Komplementär-GmbH für die Übernahme der Geschäftsführung der KG vor, die von einem Kommanditisten der KG als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH erbracht wird, so ist der betreffende Betrag nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht der Komplementär-GmbH, sondern dem die Geschäfte führenden Kommanditisten zuzurechnen. Dies gilt unabhängig davon, ob die GmbH dem Kommanditisten ein Entgelt für seine Tätigkeit schuldet.

Hintergrund: Vorabgewinn der Komplementär-GmbH

Gesellschafter der P-GmbH u. Co. KG sind die A-GmbH als nicht an Ergebnis und Vermögen beteiligte Komplementärin und B und C als Kommanditisten. Beide sind alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Komplementär-GmbH. Es bestehen keine Geschäftsführeranstellungsverträge.

Nach dem KG-Gesellschaftsvertrag erhält die Komplementär-GmbH für die Geschäftsführung und die Übernahme der persönlichen Haftung einen jährlichen Vorabgewinn von 200.000 EUR. B und C entnahmen aus ihren Kapitalkonten laufend monatlich Beträge, die von ihren Gewinnanteilen gedeckt waren. Für die Geschäftsführertätigkeit der B und C zahlte die Komplementär-GmbH keine Vergütung.

Das FA sah diese Gewinnverteilung als unangemessen an und rechnete den der Komplementär-GmbH zugewiesenen Gewinnvorab zu gleichen Teilen B und C zu. Die Geschäftsführertätigkeit auf der Ebene der KG sei bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht von der Komplementär-GmbH, sondern von B und C erbracht worden. 

Das FG gab der Klage statt. Die Gewinnverteilungsabrede sei anzuerkennen. Sie stelle keinen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar. Die Thesaurierung auf der Ebene der Komplementärin sei nicht unangemessen.

Entscheidung: Zurechnung des Vorabgewinns beim Kommanditisten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG

Der von der KG der Komplementär-GmbH für die Übernahme der Geschäftsführung geschuldeter Vorabgewinn ist nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG den Kommanditisten zuzurechnen.

Zurechnung der Geschäftsführervergütung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 EStG

Die Zurechnung nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 2 EStG beim Kommanditisten erfasst auch Vergütungen, die der Kommanditist dafür erhält, dass er in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH die Geschäfte der KG führt.

Denn der Kommanditist einer GmbH & Co. KG, der zugleich Geschäftsführer (Organ) der Komplementär-GmbH ist, wird aus einkommensteuerrechtlicher Sicht "im Dienst der Personengesellschaft" tätig. Seine Geschäftsführertätigkeit kann insoweit nicht von seiner Eigenschaft als Mitunternehmer der KG gelöst werden.

Die Zahlung der Tätigkeitsvergütung an den Gesellschafter-Kommanditisten ist einer Gewinnverteilung vergleichbar und kann deshalb steuerlich nicht anders als jene behandelt werden (BFH v. 14.2.2006, VIII R 40/03, BStBl II 2008, 182, Rz 44). Das gilt sowohl für den Fall, dass der Kommanditist die Vergütung für seine Tätigkeit als Geschäftsführer der Komplementär-GmbH unmittelbar von der KG erhält, als auch für den Fall, dass er die Vergütung mittelbar von der Komplementär-GmbH bezieht, die insoweit Ersatz von der KG erhält.

Zurechnung des Vorabgewinns nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG

Aus dieser Beurteilung der Vergütung des Geschäftsführers der Komplementär-GmbH (Tätigkeit "im Dienst" der KG) ergibt sich zugleich, dass die unternehmerische Leistung der Geschäftsführung der KG aus einkommensteuerrechtlicher Sicht nicht von der Komplementär-GmbH, sondern von dem Kommanditisten erbracht wird.

Dementsprechend muss auch in einem Fall (wie dem Streitfall), in dem nicht der Kommanditist selbst (unmittelbar von der KG oder mittelbar unter Zwischenschaltung der Komplementär-GmbH) ein Entgelt für seine Tätigkeit "im Dienst" der KG erhält, sondern der Komplementär-GmbH ein Vorabgewinn für die Geschäftsführung zugewiesen wird, der auf die Geschäftsführung entfallende Gewinnanteil dem die Geschäfte tatsächlich führenden Kommanditisten zugerechnet werden. Denn insoweit handelt es sich zwar nicht um ein Entgelt, aber um einen Vorabgewinnanteil für eine Leistung, die der Kommanditist und nicht die Komplementär-GmbH erbringt.

Der Vorabgewinn ist daher dem die Leistung erbringenden Kommanditisten nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 Halbsatz 1 EStG zuzurechnen. Aus Sicht der Komplementär-GmbH handelt es sich insoweit nicht um eine Sondervergütung oder Gewinnzuweisung der KG, die bei ihr – der Komplementär-GmbH – der KSt unterworfen wird, sondern um eine verdeckte Einlage ihres Gesellschafters, der zugleich Kommanditist der KG ist.

Zurückverweisung an das FG

Im Streitfall fehlten dem BFH Feststellungen dazu, ob die Vergütung der Komplementär-GmbH für die Übernahme des Haftungsrisikos angemessen ist. Das FG hat die insoweit erforderlichen Feststellungen nachzuholen.

Hinweis: Keine Gewinnthesaurierung bei der Komplementär-GmbH

Die BFH-Auffassung ergibt, dass nur ein Gesellschafter-Geschäftsführer der Komplementär-GmbH, der nicht zugleich Kommanditist der KG ist, durch vorherigen Verzicht auf eine Geschäftsführungsvergütung gegenüber der Komplementär-GmbH Gewinne bei der Komplementär-GmbH thesaurieren kann.

Der Gesellschafter-Geschäftsführer, der zugleich Kommanditist ist, hat diese Möglichkeit nicht. Das beruht auf der besonderen Stellung, die ein Gesellschafter der Komplementär-GmbH hat, der zugleich Kommanditist der KG ist. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 EStG will insoweit verhindern, dass der Kommanditist Gewinne der KG der Besteuerung nach den Grundsätzen für die Personengesellschaft entzieht. Eine entsprechende Situation besteht bei einem Gesellschafter der Komplementär-GmbH, der nicht zugleich Kommanditist der KG ist, nicht.

BFH Urteil vom 28.05.2020 - IV R 11/18 (veröffentlicht am 03.09.2020)

Alle am 03.09.2020 veröffentlichten Entscheidungen.