Verschwiegenheitspflicht von Rechtsanwälten versus ZM

Eine Rechtsanwaltsgesellschaft, die gegenüber im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Unternehmen rechtsberatende Tätigkeiten erbringt, darf die Abgabe von Zusammenfassenden Meldungen nicht mit Verweis auf das Berufsgeheimnis bzw. die Verschwiegenheitspflicht verweigern.

Sachverhalt:

Die Klägerin ist eine Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung und betreut u. a. Mandanten, die im Gemeinschaftsgebiet ansässig sind. Weil sie gegenüber diesen Mandanten im Gemeinschaftsgebiet steuerbare sonstige Leistungen aus anwaltlicher Tätigkeit ausführte (vgl. § 3a Abs. 2 UStG), wurde sie mit Bescheid vom 17.10.2011 an die Abgabe der Zusammenfassende Meldung für das zweite Quartal 2010 erinnert. Hiergegen erhob sie fristgemäß Sprungklage. Sie verwies insbesondere darauf, dass sie als Rechtsanwaltsgesellschaft gem. § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO die Weitergabe solcher Informationen verweigern darf, die ihr in ihrer anwaltlichen Eigenschaft anvertraut und bekannt geworden seien. Die Verschwiegenheitspflicht beziehe sich auch auf die Mandatsbeziehung als solche. Der Rechtsanwalt sei gem. §§ 43a Abs. 2 BRAO und 2 der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) zur Verschwiegenheit verpflichtet. Ein Verstoß hiergegen sei gem. § 203 Abs. 1 Nr. 3 StGB strafbewährt.

Entscheidung:

Die Klage hatte keinen Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts ist die Erinnerung an die Abgabe der Zusammenfassenden Meldung zutreffend erfolgt und verletzt die Klägerin nicht in ihrem Recht. Dass die Klägerin gem. § 18a UStG grundsätzlich meldepflichtig ist, war unstrittig. Von dieser grundsätzlichen Pflicht ist sie auch nicht im Hinblick auf ihr Berufsgeheimnis bzw. ihre Verschwiegenheitspflicht als Rechtsanwaltsgesellschaft entbunden. Tragender Zweck der Anforderungen des § 18a UStG ist der Schutz des von der Rechtsordnung anerkannten Gutes der Besteuerungsgleichheit, also ein mit Verfassungsrang ausgestattetes öffentliches Interesse (Art. 3 Abs. 1 GG), und der Schutz des Rechtsstaatsprinzips. Die Frage, welche konkreten Angaben von einem Rechtsanwalt gefordert werden können, ist daher im Wege einer Güterabwägung zwischen der anwaltlichen Schweigepflicht und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu entscheiden.

Bei dieser gebotenen Güterabwägung kann der Schutz des Rechtsanwalts und seiner Mandanten durch das mit Strafe bewährte Steuergeheimnis nicht unberücksichtigt bleiben. Als Gegenstück zu den weitgehenden Offenbarungspflichten des Steuerrechts dient § 30 AO dem privaten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen und anderen zur Auskunftserteilung verpflichteten Personen. Zugleich bezweckt die Vorschrift aber auch, durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der steuerlich erheblichen Sachverhalte zu fördern, um so das Steuerverfahren zu erleichtern, die Steuerquellen vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige, insbesondere gleichwertige Besteuerung sicherzustellen. Diesen im Rechtsstaatsprinzip und im Gleichbehandlungsgebot verankerten öffentlichen Interessen, die über das nur fiskalische Interesse an der Sicherung des Steueraufkommens hinausgehen, komme jedenfalls in Bezug auf die Offenbarungspflichten des § 18a UStG Vorrang vor der anwaltlichen Schweigepflicht zu.

Praxishinweis:

Der BFH hat bereits mit Urteil vom 26.2.2004 (IV R 50/01) entschieden, dass Rechtsanwälte die erforderlichen Angaben zu Bewirtungskosten bzw. Bewirtungsbelegen in der Regel nicht unter Berufung auf die anwaltliche Schweigepflicht verweigern dürfen. Die dort aufgeführten Grundsätze werden vom Finanzgericht mehrfach zitiert, weshalb dem nun anhängigen Revisionsverfahren (Az. des BFH: XI R 15/15) m. E. keine allzu großen Erfolgschancen beizumessen sind. Das Finanzgericht hat in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass die Zusammenfassenden Meldungen im Gemeinschaftsgebiet nicht vertraulich und unter Wahrung des Steuergeheimnisses behandelt würden. Entsprechendes wurde auch von der Klägerin nicht substantiiert vorgetragen.

FG Köln, Urteil v. 15.4.2015, 2 K 3593/11, Haufe Index 8415921