Haftung des GmbH-Geschäftsführers wegen falscher USt-Voranmeldung

Ein GmbH-Geschäftsführer haftet wegen Steuerhinterziehung (§ 71 AO), wenn er fehlerhafte Umsatzsteuervoranmeldungen nicht zeitnah berichtigt.

Hintergrund:

Der (ehemalige) GmbH-Geschäftsführer B wurde vom Finanzamt wegen Umsatzsteuerhinterziehung gemäß § 71 AO in Haftung genommen. Er hatte in der Umsatzsteuervoranmeldung „seiner“ GmbH für Dezember 2000 Vorsteuerbeträge in Höhe von 280.000 DM geltend gemacht, die aus in Rechnung gestellten Mindestlizenzgebühren resultierten. Kurz danach wurde festgestellt, dass der Rechnungsaussteller offenbar gar nicht über die Lizenzen verfügen durfte. Daraufhin wurde der Lizenzvertrag durch die GmbH fristlos gekündigt und die Forderung nie beglichen. Erst zwei Jahre danach reichte B eine Umsatzsteuerjahreserklärung für das Jahr 2000 ein, in der der Vorsteuerabzug aus der Rechnung über die Mindestlizenzgebühren berichtigt wurde. Der Rückforderungsanspruch des Finanzamts wurde von der GmbH nicht mehr beglichen, es folgte das Insolvenzverfahren. Der ehemalige GmbH-Geschäftsführer B wurde vom Amtsgericht zeitnah wegen Hinterziehung von Umsatzsteuer zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 18 Monaten auf Bewährung verurteilt. Das Finanzamt nahm B im November 2006 für die rückständige Umsatzsteuer 2000 nebst Zinsen und Säumniszuschlägen der GmbH in Haftung. Dagegen richtete sich die Klage vor dem Finanzgericht.

Entscheidung:

Das Finanzgericht gelangte zu der Überzeugung, dass es sich bei der Rechnung über die Mindestlizenzgebühren um einen Abschlag bzw. eine Anzahlung handelte, weil zum Zeitpunkt der Rechnungsstellung noch keine Leistungen erbracht waren. Da die GmbH die Rechnung über den zu zahlenden Abschlag nicht bezahlt hat, war der Vorsteuerabzug aus dem Abrechnungspapier gemäß § 15 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 UStG von vornherein unzulässig. Er wurde damit von B bereits in der Umsatzsteuervoranmeldung für Dezember 2000 zu Unrecht geltend gemacht. Der Kläger hat nach Überzeugung des Finanzgerichts auch den subjektiven Tatbestand der Steuerhinterziehung verwirklicht, da er vorsätzlich gehandelt hat. Es kann dahingestellt bleiben, ob er bereits zum Zeitpunkt der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung (Februar 2001) wusste, dass er den Vorsteuerabzug zu Unrecht geltend gemacht hat. Spätestens im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung des Lizenzvertrages durch die GmbH Anfang März 2001 stand fest, dass die Rechnung aus Dezember 2000 über Lizenzgebühren gegenstandslos geworden ist. Dem Kläger war also bekannt, dass es aufgrund der Abgabe der Umsatzsteuervoranmeldung zu Unrecht zu einer Auszahlung eines Umsatzsteuerguthabens gekommen ist und er einen Steuervorteil erlangt hat, auf den er keinen Anspruch hatte. Damit ist er seiner Pflicht nach § 153 Abs. 1 Nr. 1 AO (Berichtigung von Erklärungen) nicht nachgekommen.

(FG München, Urteil v. 7.7.2011, 14 K 1355/08)

Praxishinweis:

Der Kläger hatte „für die GmbH“ Vorsteuer geltend gemacht, die aus einer Anzahlungsrechnung resultierte, ohne dass die Rechnung beglichen worden war. Natürlich wird der subjektive Tatbestand einer Steuerhinterziehung nicht ohne weiteres allein dadurch erfüllt, dass eine Anzahlungsrechnung nicht als solche erkannt wird. Darauf kam es aber letztlich gar nicht an. Fest stand, dass spätestens bei Kündigung des Lizenzvertrages klar sein musste, dass der Vorsteuerabzug zu Unrecht zur Auszahlung gelangt ist. Der GmbH-Geschäftsführer hätte deshalb unverzüglich eine berichtigte Umsatzsteuervoranmeldung bzw. eine zutreffende Umsatzsteuerjahreserklärung einreichen müssen. Da er im Laufe des Verfahrens gegenüber dem Finanzamt offenbar eingeräumt hat, dass die umgehende Abgabe der Umsatzsteuererklärung zur sofortigen Insolvenz geführt hätte und er deshalb die Berichtigung des Vorsteuerabzugs erst in der im Jahr 2003 abgegebenen Umsatzsteuerjahreserklärung durchgeführt hat, war es offensichtlich, dass der Kläger bei seinem Handeln nicht etwa irrte.

Gerade bei der Umsatzsteuer neigt „die Praxis“ zum Teil dazu, erkannte Fehler erst einmal hinten anzustellen und (irgendwann) bei Abgabe der Umsatzsteuerjahreserklärung „glatt zu ziehen“. Nicht zuletzt dieses Urteil zeigt, dass ein solches Vorgehen – je nach Höhe der fehlerhaften Umsatzsteuer/Vorsteuer – erhebliche (Haftungs-)Folgen haben kann. Unrichtige oder unvollständig abgegebene Erklärungen sind – sofern es dadurch zu einer Verkürzung von Steuern kommen kann oder bereits gekommen ist – unverzüglich dem Finanzamt anzuzeigen und richtig zu stellen (vgl. § 153 Abs. 1 AO).