Rz. 100

Die Definition des Auslandsvermögensbegriffs führt in verschiedenen Fallkonstellationen zu einer Doppelbesteuerung, da zwar mehrere Staaten einen Vermögensgegenstand beim Übergang der Steuer unterwerfen, eine Anrechnung jedoch dennoch nicht möglich ist. Die Definition des Auslandsvermögens erscheint in diesem Fall als zu eng. Der Gesetzgeber ist offenbar davon ausgegangen, dass der Steuerpflichtige im Ausland nur mit dem in § 121 BewG genannten Vermögen, das auf das Ausland entfällt, zur Besteuerung herangezogen wird. Die Realität sieht jedoch häufig anders aus.

 

Rz. 101

Eine Besteuerung im Ausland bei Inländereigenschaft des Erblassers oder Schenkers, die über den Umfang der Vermögensgegenstände des § 121 BewG hinausgeht, kann sich insbesondere aufgrund folgender Umstände ergeben:

  • beschränkte Steuerpflicht im Ausland, die weitere als die in § 121 BewG genannten Vermögensgegenstände einbezieht, also insbesondere Kapitalvermögen und Beteiligungen an Kapitalgesellschaften bis 10 %,
  • unbeschränkte Steuerpflicht im Ausland aufgrund eines ausländischen Wohnsitzes des Erwerbers
  • unbeschränkte Steuerpflicht im Ausland aufgrund eines weiteren Wohnsitzes des Erblassers oder Schenkers neben dem inländischen Wohnsitz,
  • unbeschränkte Steuerpflicht im Ausland, da der Erblasser oder Schenker deutscher Staatsangehöriger ist und innerhalb der letzten fünf Jahre seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt hat (s. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG).
 

Rz. 102

Die nachfolgenden Fälle sollen verdeutlichen, bei welchen Fallkonstellationen eine Doppelbesteuerung droht, da die Anrechnung nach § 21 ErbStG nicht gewährt wird:

 

Beispiel 1:

Ausländischer Staat besteuert i. R.d. beschränkten Steuerpflicht:

Neffe N mit Wohnsitz im Inland erhält nach dem Tod seiner Tante T, ebenfalls mit Wohnsitz im Inland, vermächtnisweise ein Bankkonto mit einem Wert von 100.000 EUR, das bei einer Bank in Staat A belegen ist. Staat A greift auch im Rahmen der beschränkten Steuerpflicht auf Bankguthaben zu, die bei auf seinem Gebiet ansässigen Banken bestehen. Im Staat A wird für das Bankguthaben dadurch eine Erbschaftsteuer i. H. v. 12.000 EUR erhoben.

Lösung:

Eine Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer auf die inländische Erbschaftsteuerlast nach § 21 ErbStG ist nicht möglich. Die Erblasserin war im Inland ansässig. Es gilt der enge Auslandsvermögensbegriff i. S. v. § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG. Als Auslandsvermögen gelten demnach nur Vermögensgegenstände der in § 121 BewG genannten Art, die auf das Ausland entfallen. Hierzu gehören jedoch gerade nicht Einlagen bei ausländischen Banken. Das Bankkonto stellt somit kein Auslandsvermögen i. S. v. § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG dar. Eine Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer auf die inländische Erbschaftsteuer ist somit nicht möglich. Das Bankkonto wird im Ergebnis in beiden Staaten zur Erbschaftsteuer herangezogen.

 

Beispiel 2:

Erwerber ist im Ausland ansässig:

Neffe N mit Wohnsitz im ausländischen Staat A erhält nach dem Tod seiner Tante T, die aus Staat A stammt, jedoch bereits vor Jahren nach Deutschland verzogen ist, vermächtnisweise ein Bankkonto mit einem Wert von 100.000 EUR, das bei einer Bank in Staat A belegen ist und einen Anteil in Höhe von 8 % an einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Staat A mit einem Wert von 100.000 EUR hat. Im Staat A wird für das Bankguthaben und den Anteil an der Kapitalgesellschaft eine Erbschaftsteuer i. H. v. 24.000 EUR erhoben.

Lösung:

Eine Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer auf die inländische Erbschaftsteuerlast nach § 21 ErbStG ist nicht möglich. Die Erblasserin war im Inland ansässig. Es gilt der enge Auslandsvermögensbegriff i. S. v. § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG. Als Auslandsvermögen gelten demnach nur Vermögensgegenstände, der in § 121 BewG genannten Art, die auf das Ausland entfallen. Hierzu gehören jedoch gerade nicht Einlagen bei ausländischen Banken. Das Bankkonto stellt somit kein Auslandsvermögen i. S. v. § 21 Abs. 2 Nr. 1 ErbStG dar. Ebenso gehören hierzu nicht Anteile an Kapitalgesellschaften im Ausland mit einer Beteiligungsquote unter 10 %. Eine Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer auf die inländische Erbschaftsteuer ist somit nicht möglich. Das Bankkonto und die Anteile an der Kapitalgesellschaft werden im Ergebnis in beiden Staaten zur Erbschaftsteuer herangezogen.

 

Beispiel 3:

Erblasser ist innerhalb der letzten fünf Jahre ins Ausland verzogen:

Neffe N mit Wohnsitz im Inland erhält nach dem Tod seiner Tante T, die deutsche Staatsangehörige ist und drei Jahre vor ihrem Tod ihren Wohnsitz nach Staat A verlegt hat, vermächtnisweise ein Bankkonto mit einem Wert von 100.000 EUR, das bei einer Bank in Staat A belegen ist. Staat A besteuert i. R.d. unbeschränkten Steuerpflicht der T in Staat A das Bankguthaben. Im Staat A wird für das Bankguthaben dabei eine Erbschaftsteuer i. H. v. 12.000 EUR erhoben.

Lösung:

Eine Anrechnung der ausländischen Erbschaftsteuer auf die inländische Erbschaftsteuerlast nach § 21 ErbStG ist nicht möglich. Die Erblasserin ist deut...

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