Rz. 230

Mit der Möglichkeit, bestimmte Kosten gem. § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG abzuziehen, wird das Stichtagsprinzip partiell zugunsten des Bereicherungsprinzips durchbrochen, da diese Kosten teilweise erst nach dem Zeitpunkt der Steuerentstehung entstehen. Durch die Beschränkung auf Kosten, die unmittelbar mit dem Erwerb in Zusammenhang stehen, wird diese Abweichung begrenzt.

Neben Erblasserschulden, die vom Erblasser stammen, und Erbfallschulden, die mit dem Erwerb von Todes wegen beim Erwerber entstehen, sind als weitere Erwerbsschmälerungen die in § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 ErbStG genannten Kosten zu berücksichtigen, Sie sind abzugsfähiger Erwerbsaufwand. Dazu gehören die Kosten der Bestattung des Erblassers, die Kosten für ein angemessenes Grabdenkmal und für die übliche Grabpflege sowie die Kosten, die dem Erwerber unmittelbar in Zusammenhang mit der Abwicklung, Regelung oder Verteilung des Nachlasses oder mit der Erlangung des Erwerbs entstehen. Für diese Kosten kann nach § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG insgesamt ein Pauschbetrag von 10.300 EUR ohne Nachweis abgezogen werden. Sollen höhere Kosten abgezogen warden, muss der tatsächlich angefallene Aufwand nachgewiesen werden.

 

Rz. 231

Umstritten ist die Frage, wie der Begriff der Kosten auszulegen ist, insbesondere ob eigene Dienstleistungen des Erben/Vermächtnisnehmers z. B. in Form von Pflegeleistungen mit der üblichen Vergütung zu erfassen sind. Die Rechtsprechung ist uneinheitlich. Ein Teil der Gerichte ist der Ansicht, das Bereicherungsprinzip gebiete es, auch Dienstleistungen als Erwerbskosten zum Abzug zuzulassen, da auch diese einen Geldwert besäßen. Unentgeltliche Dienstleistungen seien unter Umständen als Erwerbe zu berücksichtigen (s. FG Rheinland-Pfalz vom 28.09.1989, EFG 1990, 479 (480); s. FG München vom 18.05.1988, EFG 1988, 585). Anders das FG Nürnberg, das den Kostenbegriff in Anlehnung an das Einkommensteuerrecht eng fassen will und Eigenleistungen generell als abzugsfähige Kosten ausschließt. Auch das Bereicherungsprinzip erlaube keine andere Beurteilung, § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG konkretisiere die Bereicherung als den Betrag, der sich durch Abzug der Nachlassverbindlichkeiten vom Wert des gesamten Vermögensanfalls ergebe. Im Übrigen verstieße eine Berücksichtigung als Kosten gegen den vom Gesetzgeber mit § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG maximal gewollten Abzug (s. FG Nürnberg vom 09.08.1994, EFG 1995, 127).

 

Rz. 232

Richtig ist, dass im Einkommensteuerrecht ein Abzug der eigenen Arbeitsleistung als Aufwendungen allgemein abgelehnt wird. Es gibt jedoch keinen zwingenden Grund, einen solchen Kostenbegriff bei der Erbschaftsteuer ebenso auszulegen. Das Bereicherungsprinzip, das durch den Abzug der Nachlassverbindlichkeiten verwirklicht werden soll, gebietet vielmehr eine andere Interpretation des Begriffs Kosten. Dabei ist danach zu differenzieren, ob die Eigenleistung des Erwerbers auf einer vertraglichen Verpflichtung gegenüber einem Dritten beruht, oder nicht. Übernimmt es ein Steuerberater, die Erbschaftsteuererklärung für einen Erwerb von ihm selbst zu erstellen, so kann er hierfür keine Kosten abziehen. Anders ist die Situation, wenn der Erwerber sich gegenüber dem Erben zu bestimmten Leistungen wie z. B. Pflegeleistungen verpflichtet hat. In diesem Fall kann die übliche Vergütung in bestimmten Fällen als Kosten der Erlangung des Erwerbs abzugsfähig sein (s. Gebel in T/G/J/G, § 10 Rn. 227).

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