Rz. 8

Besteuerungsgegenstand ist das verselbständigte Zweckvermögen. Dieses ist gem. § 12 ErbStG i.V.m BewG zu bewerten. Gem. § 10 Abs. 1 Satz 5 ErbStG gilt als steuerpflichtiger Erwerb die Verpflichtung des Beschwerten. Die Steuer ermittelt sich stets nach Steuerklasse III (§ 15 Abs. 1 ErbStG), das persönliche Verhältnis zwischen Erblasser/Zuwendendem einerseits und Verpflichtetem andererseits wird nicht berücksichtigt. Daraus ergibt sich auch, dass gem. § 16 Abs. 1 Nr. 7 ErbStG lediglich ein (persönlicher) Freibetrag von 20.000 EUR berücksichtigt werden kann. Die Steuerbefreiungen des § 13 ErbStG sind auch auf Zweckzuwendungen anwendbar. Relevant sind hier insbesondere die Steuerbefreiungen nach § 13 Abs. 1 Nr. 15, 16b und 17 ErbStG, wobei letztere erfordert, dass die Verwendung zu dem bestimmten Zweck gesichert ist (Einzelheiten s. § 13 Rn. 261). Die Steuer auf die Zweckzuwendung entsteht gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG mit Eintritt der Verpflichtung des Beschwerten. Da keine bestimmte Person, sondern nur ein Zweck als Begünstigter der Zweckzuwendung vorhanden ist, bestimmt § 20 Abs. 1 ErbStG den mit der Zweckzuwendung Beschwerten als Steuerschuldner. Insbesondere Letzteres stellt einen systematischen Bruch dar, da der mit der Zweckzuwendung Beschwerte nicht selbst bereichert ist (ebenso Weinmann in M/W, § 8 Rn. 15; Geck in K/E, § 8 Rn. 14). Ein Ausgleich hierfür wird allerdings dadurch geschaffen, dass nach h. M. (s. Schuck in V/S/W, § 8 Rn. 13; Geck in K/E, § 8 Rn. 14; Hannes/Holtz in M/H/H, § 8 Rn. 11; Kobor in F/P/W, § 8 Rn. 13; Mohr in Tiedtke, § 8 Rn. 12) der Steuerschuldner berechtigt ist, die auf die Zweckzuwendungen entfallende Steuer aus dem für die Zweckzuwendung vorgesehenen Vermögen zu entnehmen. Sofern der Erblasser/Zuwendende angeordnet hat, dass der Bedachte auch die auf die Zweckzuwendung entfallende Steuer zu tragen hat, erhöht sich dadurch der steuerliche Wert der Zweckzuwendung, der sich sodann gem. § 10 Abs. 2 ErbStG aus der Zweckzuwendung zzgl. der aus ihr errechneten Steuer ergibt (str., ebenso s. Gottschalk in T/G/J/G, § 8 Rn. 3, 157; Geck in K/E, § 8 Rn. 14; Weinmann in M/W, § 8 Rn. 16; zweifelnd Hannes/Holtz in M/H/H, § 8 Rn. 11; a. A. Schuck in V/S/W, § 8 Rn. 13; Kobor in F/P/W, § 8 Rn. 13).

Die Besteuerung der Zweckzuwendung wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass der Erwerb des Bedachten auch ohne Abzug der Zweckzuwendung, bspw. in Folge des persönlichen Freibetrages, steuerfrei bliebe (ebenso Weinmann in M/W, § 8 ErbStG Rn. 10; Gottschalk in T/G/J/G, § 8 Rn. 136; a. A. Hannes/Holtz in M/H/H, § 8 Rn. 9).

 

Rz. 9

Hat der Erblasser/Zuwendende den Bedachten mit mehrfachen Zweckzuwendungen für unterschiedliche Zwecke belastet, so sind die einzelnen Zweckzuwendungen getrennt zu besteuern und der Freibetrag von 20.000 EUR ist mehrfach zu gewähren (Gottschalk in T/G/J/G, § 8 Rn. 125, 152). Liegen innerhalb von zehn Jahren mehrere Zweckzuwendungen vor, die den gleichen Zweck begünstigen, kommt § 14 ErbStG zur Anwendung. Dies sollte auch dann gelten, wenn der Zuwendende verschiedene Begünstigte jeweils mit einer (zeitlich versetzten) Zweckzuwendung für den gleichen Zweck belastet.

 
Praxis-Beispiel

Tochter T hat ihre Mutter M beerbt. Laut Testament hat T für die lebenslange Pflege der Siamkatze der M einen Betrag von 30.000 EUR zu verwenden. Der gesamte Nachlass der M hat einen steuerlichen Wert von 800.000 EUR.

Lösung:

Die Auflage, 30.000 EUR aus dem Nachlass für die Pflege der Siamkatze zu verwenden, dient einem bestimmten, unpersönlichen Zweck und stellt somit eine Zweckzuwendung dar. Es ist daher zwischen der Besteuerung des Erbfalls nach § 3 ErbStG und der Besteuerung der Zweckzuwendung nach § 8 ErbStG zu unterscheiden.

a) Besteuerung des Erbfalls

Der steuerliche Nachlass beträgt 800.000 EUR. Hiervon ist die Zweckzuwendung i. H. v. 30.000 EUR als Nachlassverbindlichkeit gem. § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG abzugsfähig. Nach weiterem Abzug des persönlichen Freibetrags von 400.000 EUR ergibt sich ein steuerpflichtiger Erwerb der T von 370.000 EUR. Unter Zugrundelegung der Steuerklasse I ergibt sich ein Steuersatz von 15 % was zu einer Erbschaftsteuer von 55.500 EUR führt.

b) Besteuerung der Zweckzuwendung

Die Steuerpflicht der Zweckzuwendung ergibt sich aus § 1 Abs. 1 Nr. 3, 8 ErbStG. Die Verpflichtung der T, die gem. § 10 Abs. 1 Satz 5 ErbStG an die Stelle des Vermögensanfalls tritt, beträgt 30.000 EUR. Hiervon ist ein Freibetrag von 20.000 EUR abzuziehen, sodass sich unter Zugrundelegung von Steuerklasse III ein Steuersatz von 30 % ergibt, der zu einer Erbschaftsteuer von 3.000 EUR führt. Steuerschuldnerin ist die T. Sie kann die Steuer allerdings aus der Zweckzuwendung begleichen, sodass für die Pflege der Siamkatze letztlich ein Betrag von 27.000 EUR (30.000 EUR ./. 3.000 EUR) zur Verfügung steht.

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