Rz. 63

Wenn der Erblasser oder Schenker nicht mit mehr als 25 Prozent beteiligt ist, eröffnet § 13b Abs. 1 Nr. 3 S. 2 ErbStG die Möglichkeit, dass der übertragene Anteil gleichwohl begünstigungsfähig ist, wenn eine steuerlich relevante Poolvereinbarung vorliegt und die Summe der gepoolten Anteile eine Quote von über 25 Prozent erreicht (R E 13b.6 Abs. 3 S. 1 ErbStR).

 

Rz. 64

Sinn und Zweck der Poolvereinbarung, wie sich der Gesetzesbegründung entnehmen lässt (Beg. des RegEntw. vom 28.01.2008, BT-Drucks. 16/7918 S. 35.), ist es, Familien-Kapitalgesellschaften in den Genuss der Begünstigung kommen zu lassen. Werden Anteile über mehrere Generationen hinweg weitergegeben, ist es häufig nicht mehr möglich, die Mindestbeteiligungsquote zu erreichen. Die Beteiligungsquote von mehr als 25 Prozent ist ein Indiz dafür, dass der Anteilseigner unternehmerisch in die Gesellschaft eingebunden ist und somit auf die Geschicke der Gesellschaft Einflussnehmen kann und damit auch auf den Erhalt von Arbeitsplätzen. Dabei ist geradezu charakteristisch für Familiengesellschaften, dass der Einfluss der Familie erhalten bleibt und die Anteile nicht beliebig veräußert werden, und auf diese Weise weit mehr Beschäftigungswirkung erzielt wird, als bei einer Publikumsgesellschaft. Das stellt die Rechtfertigung dafür dar, sie in die Verschonungsregeln miteinzubeziehen (Beg. des RegEntw. vom 28.01.2008, BT-Drucks. 16/7918 S. 35).

 

Rz. 65

Nach Ansicht der Finanzverwaltung ist für eine Poolvereinbarung erforderlich, dass der Erblasser oder der Schenker und die weiteren Gesellschafter untereinander verpflichtet sind (R E 13b.6 Abs. 3 S. 3 ErbStR):

  • über die Anteile nur einheitlich zu verfügen oder sie ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner zu übertragen und
  • das Stimmrecht gegenüber nichtgebundenen Anteilseignern nur einheitlich auszuüben.
 

Rz. 66

Eine einheitliche Verfügungsverpflichtung i. S. d. Norm beinhaltet die Verpflichtung der Poolmitglieder, das Eigentum an den Anteilen nur an einen bestimmten Personenkreis, z. B. an Familienmitglieder, einen Familienstamm oder eine Familienstiftung, zu übertragen oder dass eine Übertragung der Zustimmung der Mehrheit der Poolmitglieder bedarf. (R E 13b.6 Abs. 4 ErbStR). In der Literatur wird die Meinung vertreten, dass auch die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums eine tatbestandsmäßige Verfügung i. S. d. Poolvereinbarung darstellt (vgl. Viskorf in V/S/W, ErbStG § 13b Rz. 134). Die einheitliche Verfügungsverpflichtung kann sich auch schon aus einer Vinkulierungsklausel ergeben (vgl. Korezkij in BeckOK, ErbStG § 13b ErbStG Rz. 55), jedoch nicht aus einer Vereinbarung über Vorkaufsrechte (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 67).

 

Rz. 67

Es ist nicht erforderlich, dass alle Poolmitglieder zum selben Zeitpunkt über ihre Anteile verfügen oder die Anteile auf dieselbe Person übertragen. Mithin liegt auch eine Übertragung ausschließlich auf andere derselben Verpflichtung unterliegende Anteilseigner vor, wenn der Erwerber zeitgleich mit der Übertragung der Poolvereinbarung beitreten muss (R E 13b.6 Abs. 4 S. 4 und 5 ErbStR).

 

Rz. 68

Eine Verpflichtung zur einheitliche Stimmrechtsausübung ist gegeben, wenn eine einheitliche Willensbildung zwischen den Poolmitgliedern vorliegt, indem beispielsweise ein gemeinsamer Sprecher bestimmt wird oder auch dadurch, dass einzelne Anteilseigner auf ihr Stimmrecht zugunsten der Poolgemeinschaft verzichten, so dass nicht die tatsächliche Stimmrechtsausübung erforderlich ist (R E 13b.6 Abs. 5 ErbStR). Nach Auffassung der Finanzverwaltung können stimmrechtslose Anteile nicht in eine Poolvereinbarung einbezogen werden (R E 13b.6 Abs. 5 S. 1 2 HS ErbStR). Im Schrifttum wird hingegen die Einbeziehung stimmrechtsloser Anteile in eine Poolvereinbarung unterschiedlich beurteilt (f. Ans. d. FinVerw. Gelhaar/Saecker, ZEV 2012, 358 (361); abl. Felten, ZEV 2012, 84 (86); Riedel, ZErb 2013, 145 (148); Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 60). Die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist zweifellos angreifbar, da sie im Wortlaut der Norm sowie in der Gesetzesbegründung keine hinreichende Stütze findet. Dass es bei einer einzelnen Person hinsichtlich der Mindestbeteiligungsquote von über 25 Prozent nicht darauf ankommen soll, ob die Anteile stimmberechtigt oder stimmrechtslos sind, bei einer Poolvereinbarung hingegen schon, ist ein widersprüchliches Ergebnis (vgl. Brabender/Gräfe/Freund, ZEV 2020, 79 (82)). Auch Geck widerspricht der Ansicht der Finanzverwaltung ausdrücklich, indem er darauf hinweist, dass gerade die Poolvereinbarung zum Inhalt hat, dass das Stimmrecht der Gesellschafter eingeschränkt wird, indem es nur in Absprache mit den anderen Gesellschaftern ausgeübt werden kann. Der stimmrechtslose Anteil ist somit die intensivste Form der Stimmrechtsbeschränkung (vgl. Geck in K/E, ErbStG § 13b Rz. 60; so auch Hannes/Holtz in M/H/H ErbStG § 13b Rz. 31). Schon der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 16/7918, S. 35) lässt sich entnehmen, dass die einheitliche Sti...

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