Rz. 134

Für die sachliche Verflechtung (objektive Verklammerung des einheitlichen Geschäftswillens) lässt es die Rechtsprechung des BFH genügen, dass nur eine für die Betriebsgesellschaft wesentliche Betriebsgrundlage an diese zur Nutzung überlassen wird (egal auf welcher Rechtsgrundlage: Miete, Pacht, unentgeltliche Leihe, dinglicher Nießbrauch, vgl. BFH vom 24.11.1978, BStBl II 1979, 366). Die sachliche Verflechtung (Überlassung von zumindest einer funktional wesentlichen Betriebsgrundlage) ist grundsätzlich vorauszusetzen, weil andernfalls kein begünstigtes Betriebsvermögen vorliegen kann (R E 13b.14 Abs. 1 S. 5 ErbStR). Als wesentliche Betriebsgrundlage gilt im Anwendungsbereich der §§ 13a, 13b ErbStG die Immobilie (Grundstück, Grundstücksteil, grundstücksgleiches Recht, Bauten).

 

Rz. 135

Trotz der immer großzügigeren (d. h. erweiternden) BFH-Rechtsprechung zur sachlichen Verflechtung ist bei Gebäuden/Grundstücken auf zwei Besonderheiten hinzuweisen. Diese stellen dann keine wesentliche Betriebsgrundlage dar, wenn sie entweder nicht gewerblich gewidmet sind oder wenn sie unter quantitativen Gesichtspunkten im "Immobilienpark" der Betriebsgesellschaft von untergeordneter Bedeutung sind. Eine exakte Größe sind sowohl der BFH als auch die Verwaltung schuldig geblieben. Keine sachliche Verflechtung liegt vor bei einem Anteil der von der Besitzgesellschaft angemieteten "Immobilienmasse" von weniger als 10 % – verglichen mit den sonst einschlägig genutzten Grundstücken der Betriebsgesellschaft. Bei einer Fläche von mehr als 22 % befindet man sich im sicheren Bereich (vgl. BFH vom 04.11.1992, BStBl II 1993, 245 sowie OFD Frankfurt vom 02.07.2004, SteK, EStG § 15/356 Tz. 2.1.1 a. E.). In einem Ausnahmefall entschied der BFH (Urteil vom 19.03.2009, BStBl II 2009, 803), dass auch bei einem Unterschreiten der 10 %-Marke im Einzelfall eine wesentliche Betriebsgrundlage vorliegen könne (im konkreten Sachverhalt war dies ein einzelner Filialraum mit weniger als 10 % der gesamten Nutzfläche der GmbH).

 

Rz. 136

Eine Klärung in der quantitativen Frage der hinreichenden Immobilienmasse brachte das BFH-Urteil vom 13.07.2006 (BStBl II 2006, 804). Für den Fall, dass die Besitzgesellschaft (paritätische Eheleute-GbR) an ihre Betriebs-GmbH (Beteiligungsidentität) ein Einfamilienhaus vermietet, nahm der BFH selbst dann die sachliche Verflechtung an, wenn das EFH nicht für Zwecke der Betriebs-GmbH besonders hergerichtet und gestaltet war. Noch hat der BFH die Prüfungshürde aufgebaut, dass die Geschäftsleitung der GmbH ihren Mittelpunkt in diesen Räumen haben müsse, wobei die Rezensionsliteratur davon ausgeht, dass auch diese Hürde demnächst fällt. Von besonderer (Gestaltungs-)Bedeutung ist allerdings der letzte Satz im Urteilstenor, dass dies nur dann gelte, wenn der überlassene Gebäudeteil die in § 8 EStDV genannten Grenzen unterschreitet. Für den Fall, dass die überlassenen Räume weniger als 1/5 des gemeinen Werts des gesamten Gebäudes oder dieser weniger als 20.500 EUR betragen, ist wohl eine sachliche Verflechtung vermeidbar (vgl. auch Wacker in Schmidt, 2017, § 15 EStG Rz. 812).

 

Rz. 137

Hinweise: Für erbschaftsteuerliche Zwecke führt eine ggf. fehlende einkommensteuerliche Qualität der überlassenen Immobilie als wesentliche Betriebsgrundlage automatisch zur Annahme als Verwaltungsvermögen (a. A.: Balmes/Felten, FR 2009, 258, 264; Kramer, DStR 2011, 1113, 1115; aufgrund des Fehlens der Tatbestandsvoraussetzung der sachlichen Verflechtung müsse das überlassene Grundstück nicht als wesentliche Betriebsgrundlage qualifiziert werden, um in den Anwendungsbereich des § 13b Abs. 4 S. 2 Nr. 1 Buchst. a) ErbStG zu gelangen). Dies liegt nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung dann vor, wenn

a) ein unbebautes Grundstück nicht nach den Bedürfnissen der Betriebsgesellschaft bebaut werden kann und in keinem Funktionszusammenhang mit dem Geschäftszweck steht (BFH vom 26.03.1992, BStBl II 1992, 830); wiederum anders sieht es aus (= wesentliche Betriebsgrundlage gem. BFH vom 11.09.2003, BFH/NV 2004, 180), wenn das unbebaute Grundstück nur zur Überbrückung bis zum Bezug eines angemessenen Grundstücks erforderlich war;
b) es bei dem unbebauten Grundstück an der unmittelbaren Zweckbestimmung fehlt oder wenn das Grundstück für das Betriebsunternehmen entbehrlich ist;
c) ein überlassenes Büro- und Verwaltungsgebäude nicht den räumlichen und funktionalen Mittelpunkt der Betriebsgesellschaft bildet (so das Grundsatz-Urteil vom BFH vom 23.05.2000, BStBl II 2000, 621 – bestätigt am 23.01.2001, BFH/NV 2001, 894; so auch BMF vom 11.06.2002, BStBl I 2002, 626).
 

Rz. 138

Je nach Zielsetzung des Unternehmens stellt ein unbebautes Grundstück eine Gestaltungsoption für/gegen die Betriebsaufspaltung dar. Mit der dauerhaften Widmung (z. B. durch Asphaltierung) als Kfz-Abstellfläche kann eine Betriebsaufspaltung begründet werden. Bei einer gelegentlichen Nutzung als Parkplatz sind diese Rechtsfolgen zwingend noch nicht zu ziehen. Überlassene Fabrikationsgrundstücke beg...

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