Rz. 30

Hängt die Dauer von der Lebenszeit mehrerer Personen ab und erlischt das Recht mit dem Tod des zuletzt Sterbenden, so ist das Lebensalter und das Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der höchste Vervielfältiger ergibt; erlischt das Recht mit dem Tod des zuerst Sterbenden, so ist das Lebensalter und Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der niedrigste Vervielfältiger ergibt (§ 14 Abs. 3 BewG).

 

Rz. 31

§ 14 Abs. 3 BewG findet nur dann Anwendung, wenn mehrere Personen nebeneinander ein Nutzungsrecht oder ein Recht auf Leistung innehaben (BFH vom 21.10.1955, BStBl III 1955, 342). Durch die Vorschrift soll gesetzlich geregelt werden, wie die Wertberechnung zu erfolgen hat, indem mehrere Berechtigte nebeneinander nicht mehrere, sondern ein Nutzungsrecht oder ein Recht auf Leistung haben.

 

Beispiel 3:

Durch ein testamentarisches Rentenvermächtnis soll ein Ehepaar (Ehefrau = 50 Jahre; Ehemann = 58 Jahre) eine gemeinsame Rente mit einem Jahreswert von 20.000 EUR ab dem Jahr 2021 beziehen.

Variante 1: Die Rente soll mit dem Tod des zuletzt Sterbenden erlöschen.

Variante 2: Die Rente soll mit dem Tod des zuerst Sterbenden erlöschen.

Lösung:

Allgemeines: Eine Rente, die lebenslänglich läuft, ist eine Leibrente. Hier wird die Leibrente – je zur Hälfte (§ 3 BewG i. V. m. III/1.2.6 Kapitalisierungserlass vom 10.10.2010, BStBl I 2010, 810) – durch ein testamentarisches Vermächtnis eingeräumt. Diese muss für den Vermögensanfall der Vermächtnisnehmer (§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. ErbStG) bewertet werden; das Wahlrecht zur Jahresversteuerung nach § 23 ErbStG ist dabei zu beachten. Auch für den Ansatz der Nachlassverbindlichkeiten (§ 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG) bei den/dem Erben ist der Kapitalwert zu ermitteln.

Variante 1: Die Bewertung einer Leibrente erfolgt nach § 14 Abs. 1 BewG mit ihrem Kapitalwert. ­Er berechnet sich nach der Formel:

Jahreswert × Vervielfältiger (Kapitalisierungsfaktor) = Kapitalwert

Hängt die Dauer von der Lebenszeit mehrerer Personen ab und erlischt das Recht mit dem Tod des zuletzt Sterbenden, so ist das Lebensalter und das Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der höchste Vervielfältiger ergibt (§ 14 Abs. 3, 1. Alt. BewG). Nach dem BMF-Schreiben vom 28.10.2020 (BStBl I 2020, 1048) ergibt sich für den Ehemann ein Vervielfältiger von 13,342 und für die Ehefrau ein Vervielfältiger von 15,734:

 
Jahreswert 20.000 EUR
Vervielfältiger 15,734
Kapitalwert 314.680 EUR

Variante 2

Hängt die Dauer einer Leibrente von der Lebenszeit mehrerer Personen ab und erlischt das Recht mit dem Tod des zuerst Sterbenden, so ist das Lebensalter und das Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der niedrigste Vervielfältiger ergibt (§ 14 Abs. 3, 2. Alt. BewG):

 
Jahreswert 20.000 EUR
Vervielfältiger 13,342
Kapitalwert 266.840 EUR
 

Rz. 32

Vgl. auch die Beispiele unter III. 2.3 im Kapitalisierungserlass vom 10.10.2010 (BStBl I 2010, 810).

 

Rz. 33

Bezieht eine Person eine Rente auf Lebenszeit und ist festgelegt, dass der Ehegatte nur im Fall des Längerlebens eine Rente erhält, ist diese weitere Rente aufschiebend bedingt und nach § 4 BewG nicht zu berücksichtigen (BFH-Urteil vom 31.01.1964, BStBl 1984 III, 179).

 

Rz. 34

§ 14 Abs. 3 BewG ist nicht anwendbar, wenn ein Nutzungsrecht mehreren Personen nacheinander zusteht (z. B. beim sog. Sukzessivnießbrauch, vgl. BFH-Beschluss vom 28.02.2019, BFH/NV 2019, 678).

 

Rz. 35–36

vorläufig frei

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