Rz. 48

Zur Verdeutlichung der Fallgruppenbildung werden zunächst exemplarisch die verschiedenen Positionen aufgelistet, die hierunter fallen; sodann wird stellvertretend für zwei Steuerpositionen ein Lösungskonzept erarbeitet und dieses auf die Einzelpositionen übertragen. Folgende akzessorische Positionen sind hiervon betroffen:

Alle aufgelisteten Positionen verbindet der gleichzeitige Übergang eines zivilrechtlichen Kompetenzobjekts nach § 1922 BGB. So tritt die Frage nach der Kontinuität der Einkunftsart bei einer "Nachlasspraxis" nur dann auf, wenn der Erbe (und nicht etwa ein Vermächtnisnehmer) die Freiberufler-Praxis des Erblassers von Todes wegen erworben hat. Die angesprochene Frage der Kontinuität von Steuermerkmalen wird gelegentlich vom Gesetzgeber gesehen und i. d. R. mit einer neutralen Formulierung (Rechtsnachfolger s. § 24 Nr. 2 EStG bzw. Rechtsvorgänger s. § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG) positivrechtlich bejaht.

Die Einzelfälle werden wie folgt behandelt:

 

Rz. 49

a) Das Verpächterwahlrecht im Todesfall

Bekanntlich hat der Verpächter eines Betriebes nach H 16(5) ("Verpächterwahlrecht") EStR 2016 ein Wahlrecht zwischen der steuerwirksamen Betriebsaufgabe (s. § 16 Abs. 3 EStG) und der Fortführung durch "gewerbliche Verpachtung" ohne Gewerbebetrieb.

Um es zu verdeutlichen: Anders als bei einem vom Erblasser noch aktiv bewirtschafteten Betrieb soll in dieser Fallgruppe ein bereits verpachteter Betrieb vom Erblasser auf den Erben übergehen. Ist der Erbe an die Option des Erblassers gebunden?

  • Das Zivilrecht liefert mit §§ 566, 581 BGB ("Kauf bricht nicht Miete bzw. Pacht") einen ersten Anhaltspunkt und Beleg für den dinglich-akzessorischen Charakter der Verpachtung.
  • Ähnlich deutlich unterscheidet das GewSt-Recht; der Verpächter unterliegt nicht der GewSt, nur der Pächter ist gewerbesteuerpflichtig.
  • Das Bewertungsrecht folgt schließlich in der Frage des verpachteten Gewerbebetriebes der einkommensteuerlichen Beurteilung und belässt es bei der BV-Zuordnung zum Verpächter (BFH vom 13.11.1963, BStBl III 1964, 124).
  • Es kann festgehalten werden, dass das Verpächterwahlrecht als "quasi-dingliche" Eigenschaft auf den Erben übergeht. Dieser tritt in die Rechtsstellung des bisherigen Verpächters ein (BFH vom 18.11.1991, BStBl II 1992, 521).
  • S. in diesem Zusammenhang auch § 13b Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b ErbStG, wo die Steuerbefreiung beim verpachteten Betrieb davon abhängt, dass der Erblasser für das Fortbestehen gewerblicher Einkünfte plädiert hat.
 

Rz. 50

b) Vererbung und Reinvestitionsrücklage nach § 6b EStG

Anders als beim Verpächterwahlrecht (Betrieb) wird die Rücklagenoption nach § 6b EStG durch die Veräußerung eines Einzel-Wirtschaftsguts ausgelöst. Auch hier nimmt die h. M. einen Über­gang auf den Erben an.

Ebenfalls steht dabei als vererbte Hauptposition die steuerfunktionelle Einheit "Betrieb" im Vordergrund. Die Zulässigkeit und das gleichzeitige Anknüpfen an den unentgeltlich übergehenden (Teil-)Betrieb lässt die § 6b-Qualität als akzessorisches Merkmal im hier vorgetragenen Sinne erscheinen. Rein rechtstechnisch werden die Besitzzeiten des Erblassers auf den Erben nach § 6b Abs. 4 Nr. 2 EStG angerechnet (s. R 6b.3 Abs. 5 EStR 2016).

 

Rz. 51

c) Fazit

Auch bei den akzessorischen Positionen kommt es zu der erbrechtlichen Steuernachfolge (der Erbe übernimmt die Steuermerkmale des Rechtsvorgängers).

Dies gilt erstens für all diejenigen Steuermerkmale, auf die die dingliche Zusatzqualifikation zutrifft. Im Vorfeld muss daher anhand des Zivilrechts und der anderen steuerlichen Teilbereiche geprüft werden, ob das konkrete Merkmal die Eigenschaft erfüllt.

Anders hingegen ist die Situation, wenn man sich das Merkmal wegdenken kann und der rechtliche Charakter der Hauptposition (des Kompetenzobjekts) bestehen bleibt; sodann liegt keine akzessorische Eigenschaft im hier gebrauchten Sinne vor, etwa bei § 24 Nr. 2 EStG oder bei der Eigenheimförderung.

Zweitens gilt die Aussage für alle Fälle der im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bzw. nach § 6 Abs. 3 EStG übergehenden steuerfunktionellen Einheiten, z. B. auch bei einer Realteilung mit Teilbetrieben. Umgekehrt (z. B. bei "Realteilung" mit Einzel-Wirtschaftsgut) kommt die Automatik nicht zur Anwendung.

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