Rz. 11

Die wirtschaftliche Einheit im Grundvermögen ist das Grundstück (§ 70 Abs. 1 BewG). Die grds. Abgrenzung erfolgt nach § 2 Abs. 1 Satz 3, 4 und Abs. 2 BewG. Der Begriff "Grundstück" ist dabei nicht gleichbedeutend mit dem Begriff des Grundstücks i. S. d. BGB. Maßgebend ist nach § 2 Abs. 1 Satz 3 und 4 BewG allein, was als wirtschaftliche Einheit nach den Anschauungen des Verkehrs anzusehen ist.

Nach § 2 Abs. 2 BewG kann zu einer wirtschaftlichen Einheit nur Grundbesitz zusammengefasst werden, der demselben Eigentümer gehört. Flächen, die im Eigentum eines Eigentümers stehen, und Flächen, die ihm und anderen Personen gemeinsam – gesamthänderisch oder nach Bruchteilen – gehören, können daher keine wirtschaftliche Einheit bilden. Grenzt eine unbebaute Fläche an eine Grundstücksfläche, die z. B. mit einem Einfamilienhaus bebaut ist, können beide Flächen auch bei sog. offener Bauweise selbstständige wirtschaftliche Einheiten bilden. Wird von einem größeren Grundstück eine Teilfläche verpachtet und errichtet der Pächter auf dieser Fläche ein Gebäude, ist die Teilfläche als besondere wirtschaftliche Einheit zu bewerten.

Entscheidende Merkmale sind räumliche Trennung sowie Einzelveräußerbarkeit. Ist nach der Verkehrsauffassung ein Grundstück einzeln veräußerbar, so wird i. d. R. eine wirtschaftliche Einheit vorliegen.

 

Rz. 12

Zum Grundvermögen können viele wirtschaftliche Einheiten "Grundstück" gehören. Besteht ein Nachlass aus fünf verschiedenen Grundstücken, so beinhaltet das Grundvermögen fünf wirtschaftliche Einheiten "Grundstück", die getrennt voneinander zu bewerten sind (§ 2 Abs. 1 Satz 1 BewG). Die Summe der Grundbesitzwerte ergibt das Grundvermögen.

 

Beispiel 1:

Lösung:

Es liegen vier wirtschaftliche Einheiten "Grundstück" vor. Da es drei verschiedene Eigentümer gibt, muss es mindestens drei wirtschaftliche Einheiten geben. Die Frage ist, ob es sich bei den A gehörenden Grundstücksparzellen um zwei Grundstücke handelt. Da die A-Grundstücke räumlich voneinander getrennt und auch einzeln veräußerbar sind, liegen zwei wirtschaftliche Einheiten vor; bei seinem Tode würde A zwei Grundstücke vererben, die jeweils für sich zu bewerten wären.

 

Beispiel 2:

Bebaute Grundstücke:

Lösung:

Es liegen acht wirtschaftliche Einheiten vor. Da es sieben verschiedene Eigentümer gibt, muss es mindestens sieben wirtschaftliche Einheiten geben. Die Frage ist, ob es sich bei den E gehörenden Grundstücksparzellen um zwei Grundstücke handelt. Die E-Grundstücke sind zwar nicht räumlich voneinander getrennt, aber sie sind einzeln veräußerbar. Auch wenn E seine beiden Grundstücke zusammen nutzen würde (z. B. die Baulücke als Garten), lägen nach der örtlichen Gewohnheit (objektives Merkmal) auch dann grds. zwei verschiedene wirtschaftliche Einheiten vor (BFH vom 16.02.1979, BStBl II 1979, 279). Anders wäre zu entscheiden, wenn E zum Bewertungsstichtag beabsichtigt hätte, einen Anbau fertigstellen zu lassen, der sich über die Baulücke erstrecken würde; dann wäre nach den tatsächlichen Verhältnissen zum Bewertungsstichtag von insgesamt einer wirtschaftlichen Einheit auszugehen.

 

Rz. 13

Doppelhäuser sind grds. zwei verschiedene wirtschaftliche Einheiten, wenn beide Haushälften eigene Brandmauern und eigene Eingänge haben, sodass sie getrennt voneinander verkauft werden können. Dass die Versorgungsleitungen der beiden Haushälften nur teilweise getrennt sind, ist für die Beurteilung ohne Bedeutung (BFH vom 14.02.1990, BFH/NV 1991, 798). Dieses dürfte wohl auch bei Reihenhäusern gelten. Die räumliche Trennung von Flächen steht der Annahme einer wirtschaftlichen Einheit grds. entgegen. Sind z. B. Einfamilienhaus und Garage durch eine öffentliche Straße voneinander getrennt, können sie regelmäßig nicht als eine wirtschaftliche Einheit angesehen werden; § 70 Abs. 2 BewG steht dem nicht entgegen (§ 70 Abs. 2 Satz 2 BewG). Mehrere mit Windkraftanlagen bebaute Grundstücksflächen bilden regelmäßig keine wirtschaftliche Einheit i. S. d. § 2 Abs. 1 BewG, wenn sie durch Grundstücke, die zu land- und forstwirtschaftlichem Vermögen gehören, voneinander getrennt sind (BFH vom 25.01.2012, BStBl II 2012, 403 und erläuternd dazu Stöckel, NWB 2013, 292).

 

Rz. 14–15

vorläufig frei

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