Rz. 677

Ebenso wie § 7 Abs. 3 ErbStG hat § 7 Abs. 4 ErbStG keine steuerbegründende, sondern nur deklaratorische und klarstellende Funktion. Die Vorschrift dient der Abgrenzung steuerbarer freigebiger Zuwendungen von Leistungen, die sich im Rahmen eines Leistungsaustausches als Entgelt oder Entlohnung darstellen, und stellt klar, dass die Steuerpflicht einer Schenkung nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass sie zur Belohnung oder unter einer Auflage gemacht oder in die Form eines lästigen Vertrages gekleidet ist.

 

Rz. 678

Der BGH (Urteil vom 11.11.1981, NJW 1982, 436) versteht unter einer belohnenden (remuneratorischen) Schenkung ein Rechtsgeschäft, durch das der Schenker dem Beschenkten für die von diesem erbrachte Leistung eine rechtlich nicht geschuldete Belohnung gewährt. Das Motiv der Schenkung ist daher bei einer Belohnung regelmäßig Ausdruck der Dankbarkeit oder familiärer Rücksichtnahme für eine vom Beschenkten zuvor erbrachte Leistung. Gleiches gilt für ein Gegengeschenk, das rechtlich nicht erzwungen werden kann. Die Schenkung zur Belohnung stellt daher eine Schenkung dar, der eine ganz bestimmte Motivation zugrunde liegt. Die Motivationslage ist jedoch für die steuerrechtliche Beurteilung der Schenkung irrelevant (s. BFH vom 05.02.2003, BFH/NV 2004, 340).

 

Rz. 679

Die Belohnung ist von der Entlohnung zu unterscheiden. Während die Belohnung eine Rück- oder Gegenschenkung darstellt, ist in einer Entlohnung eine Gegenleistung zu sehen. Abgrenzungsschwierigkeiten treten insbesondere zwischen einer Belohnung und einer Entlohnung auf, die als Gegenleistung mit der Zuwendung nicht synallagmatisch, sondern lediglich kausal verknüpft ist. Da es bei einer kausalen Verknüpfung zwischen Entlohnung (Gegenleistung) und Zuwendung ebenso wie bei einer Belohnung im Belieben des Zuwendungsempfängers steht, ob er eine Gegenleistung erbringt, kann der Unterschied nur darin bestehen, dass bei der Entlohnung diese von vornherein und für den Zuwendungsempfänger erkennbar erwartet wird. Das Erbringen der Gegenleistung (Entlohnung) stellt dann die Geschäftsgrundlage der Zuwendung dar. Entscheidendes Kriterium ist daher, ob von vornherein eine entsprechende Erwartungshaltung der Parteien vorlag (s. auch Gebel in T/G/J/G, § 7 Rn. 361). Ähnliche Probleme treten bei synallagmatischen Gegenleistungen (Entlohnungen) auf, die sich als Vorausleistung des Zuwendungsempfängers darstellen. Erforderlich für die Anerkennung einer Gegenleistung ist dann, dass nicht erst nachträglich ein Entgelt vereinbart oder tatsächlich geleistet wird, sondern bereits ursprünglich ein solches vorgesehen war (FG Hessen vom 25.10.2010, ZEV 2011, 443). Fehlt es daher an einer ursprünglichen Vereinbarung einer Entlohnung, ist die Vorausleistung als Belohnung i. S. d. § 7 Abs. 4 ErbStG zu behandeln und unterliegt mithin der Schenkungsteuer, wenn die sonstigen Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt sind (FG Rheinland-Pfalz vom 22.11.2002, DStRE 2003, 551).

 

Beispiel (angelehnt an FG Rheinland-Pfalz vom 22.11.2002, a. a. O.)

A überträgt seiner Lebensgefährtin B durch notariellen Vertrag ein Grundstück. B verpflichtet sich, ihren Lebensgefährten bis zu dessen Lebensende in standesgemäßem Umfang zu pflegen und zu verpflegen. Überdies soll die Eigentumsübertragung auch mit Rücksicht darauf erfolgen, dass B den A bereits seit zehn Jahren entsprechend der vorstehenden Vereinbarung betreut hat. Eine Vereinbarung über die Entlohnung der Betreuungsleistungen wurde vor Abschluss des Grundstücksübertragungsvertrages nicht vereinbart.

Lösung:

Es liegt eine gemischt-freigebige Zuwendung vor. Die Gegenleistung von B besteht in der Verpflichtung zu künftigen Pflegeleistungen, die entsprechend ihrem Kapitalwert anzusetzen sind (s. auch Rn. 358 ff.). Die Pflegeleistung von B in den vergangenen zehn Jahren ist keine Gegenleistung für das übertragene Grundstück, da es an einer entsprechenden Vereinbarung zu Beginn der Pflegeleistungen fehlt und somit keine rechtliche Verknüpfung zwischen Grundstücksübertragung und früheren Pflegeleistungen gegeben ist.

 

Rz. 680

Die Zuwendung eines Preises aufgrund einer Auslobung gem. der §§ 657, 661 BGB stellt keine Belohnung, sondern eine mit der Leistung des Bewerbers konditional verknüpfte Gegenleistung dar. Hingegen ist bei Gratisverlosungen und unechten Preisausschreiben in der Gewinnzusage ein Schenkungsversprechen zu sehen, das bei Erfüllung Schenkungsteuer auslösen kann (s. Rn. 73).

 

Rz. 681

Des Weiteren stellt § 7 Abs. 4 ErbStG klar, dass eine Schenkung unter Auflage vollumfänglich als Schenkung anzusehen ist und einen entsprechenden steuerpflichtigen Vorgang gem. § 7 ErbStG darstellt. Von dieser Feststellung ist die Frage zu trennen, inwieweit die Auflage eine gem. § 10 ErbStG abzugsfähige Position im Rahmen der steuerlichen Bereicherung darstellt, was regelmäßig zu bejahen ist, wenn die Auflage nicht dem Beschwerten selbst zugute kommt (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 i. V. m. § 10 Abs. 9 ErbStG).

 

Rz. 682

Die Bezeichnung "lästiger Vertrag" ist...

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