Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 17a GVG regelt allgemein Kompetenzkonflikte zwischen den Gerichtszweigen (ordentliche Gerichtsbarkeit, Verwaltungs-, Finanz-, Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit). Sie gilt nicht nur für das Klageverfahren, sondern auch für die selbständigen Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 69, 114 FGO) und für das PKH-Verfahren (§ 142 FGO). Hat ein Gericht in einem solchen Verfahren den beschrittenen Rechtsweg rechtskräftig für zulässig erklärt, so sind alle anderen Gerichte in Bezug auf denselben Streitgegenstand daran gebunden (§ 17 Abs. 1 GVG), auch wenn die Entscheidung unzutreffend sein mag, sofern sie nicht offensichtlich unhaltbar ist (BFH v. 14.10.2005, VI S 17/05, BFH/NV 2006, 329; BFH v. 30.06.2005, VI S 7/05, BFH/NV 2005, 1849).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ist der beschrittene Rechtsweg im Streitfall nicht eröffnet, so ist die Klage unzulässig, da eine Sachentscheidungsvoraussetzung nicht erfüllt ist. Allerdings führt dies nicht zu einer Klageabweisung durch Prozessurteil, sondern das FG hat den Rechtsstreit an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtswegs zu verweisen (§ 17 Abs. 2 GVG; auch s. Vor FGO Rz. 27). Die nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG erforderliche Anhörung kann – jedenfalls im Eilverfahren – telefonisch erfolgen (BFH v. 25.11.2003, IV S 15/03, BStBl II 2004, 84). Ist die Zuständigkeit mehrerer Gerichte gegeben, so wählt in erster Linie der Kläger (Antragsteller) das Gericht aus, an welches der Rechtsstreit verwiesen werden soll. Unterbleibt eine Wahl, so entscheidet diese Frage das verweisende Gericht (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG). Der Beschluss ist für das Gericht, an welches der Rechtsstreit verwiesen wird, mit Eintritt der Rechtskraft hinsichtlich des Rechtswegs bindend (§ 17a Abs. 2 Satz 3 GVG), so dass eine Klageabweisung wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs nicht in Betracht kommt, selbst wenn der Verweisungsbeschluss inhaltlich unzutreffend sein sollte (aber s. Rz. 1). Damit wird vermieden, dass Rechtsstreitigkeiten hin- und herverwiesen werden. Eine Weiterverweisung kommt danach nur noch innerhalb desselben Rechtsweges wegen sachlicher bzw. örtlicher Zuständigkeit in Frage (vgl. § 70 FGO).

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 17a Abs. 3 GVG ermöglicht eine Vorabentscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs. Einer Entscheidung hierüber bedarf es nur dann einer vor der Entscheidung der Hauptsache, wenn entweder die Rechtslage objektiv zweifelhaft ist (in diesem Fall kann das Gericht vorab entscheiden, § 17a Abs. 3 Satz 1 GVG) oder falls ein Beteiligter die Zulässigkeit des Rechtswegs rügt (in diesem Fall hat das Gericht eine Vorabentscheidung zu treffen, § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Das FG entscheidet durch Beschluss (§ 17a Abs. 4 Satz 1 GVG, § 128 Abs. 1 FGO), auch im Fall der Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 3 GVG. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist freigestellt (§ 17a Abs. 4 Satz 1 GVG). Gegen den Beschluss, der einer Begründung bedarf (§ 17a Abs. 4 Satz 2 GVG), ist die Beschwerde zum BFH nur bei ausdrücklicher Zulassung, die für den BFH bindend ist, gegeben (§ 17a Abs. 4 Sätze 4 und 6 GVG BFH v. 26.07.2005, VII S 37/05, BFH/NV 2005, 1863; BFH v. 05.04.2007, X B 47/07, BFH/NV 2007, 1344; BFH v. 06.11.2006, VII B 282/06, BFH/NV 2007, 264). Wegen der Zulassungsgründe § 17a Abs. 4 Satz 5 GVG; NZB ist nicht statthaft (s. auch BAG v. 22.02.1994, 10 AZB 4/94, NJW 1994, 2110). Der Beschluss ist nur zwingend zuzustellen, wenn die Beschwerde zugelassen ist (§ 53 Abs. 1 FGO). Im Zuge der Rechtsmittelentscheidung über die Hauptsache ist dem BFH die Prüfung der Zulässigkeit verwehrt (§ 17a Abs. 5 GVG). Die Bindung erstreckt § 17a Abs. 5 GVG auch auf das mit der Hauptsache befasste Rechtsmittelgericht.

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