Schrifttum

Seer, Der Einsatz von Prüfungsbeamten durch das FG – Zulässigkeit und Grenzen der Delegation richterlicher Sachaufklärung auf nichtrichterliche Personen, Diss. Köln 1992, Berlin 1993;

Schellhammer, Zivilprozess, 15. Aufl. 2016.

A. Sachverhaltserforschung und Beweis

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 81 FGO regelt die Grundsätze der Beweiserhebung und ergänzt daher § 76 FGO. Das Fällen eines Urteils ist Rechtsanwendung und setzt mithin die zutreffende Ermittlung des für die Entscheidung maßgeblichen Lebenssachverhalts voraus. Das Gericht ist nach § 76 Abs. 1 Sätze 1 und 2 FGO zur Erforschung des Sachverhalts unter Mitwirkung der Beteiligten von Amts wegen verpflichtet. Insoweit ist primär die Herausarbeitung des feststehenden Sachverhalts aufgrund des Vorbringens und der Erklärungen der Beteiligten (§ 76 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 FGO) sowie der nach Maßnahmen i. S. von § 79 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 4 FGO bzw. der aufgrund der behördlichen Akten (§ 71 Abs. 2 FGO) gewonnenen Erkenntnisse angesprochen. Soweit zur Überzeugungsbildung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO) die Erhebung von Beweisen erforderlich ist, regeln §§ 81ff. das Beweisverfahren i. S. eines Strengbeweises. Dieser ist insbes. gekennzeichnet durch die Grundsätze der Unmittelbarkeit (s. Rz. 5) und der Beteiligtenöffentlichkeit (§ 83 FGO). Im Finanzprozess gilt der Strengbeweis auch für die die Prüfung der Sachentscheidungsvoraussetzungen betroffen ist (ebenso Herbert in Gräber, § 81 FGO Rz. 2; Seer in Tipke/Kruse, § 81 FGO Rz. 4). Nach anderslautender Auffassung soll insoweit der Freibeweis gelten, nach dem die Beweismittel und das Beweisverfahren im Ermessen des Gerichts stehen (z. B. BGH v. 04.11.1999, III ZR 306/98, BGHZ 143, 122; dazu Vollkommer in Zöller, § 56 ZPO Rz. 8; krit. Schellhammer, Rz. 510; auch BVerwG v. 24.04.1975, VIII A 1.73, BVerwGE 48, 201.

B. Gegenstand des Beweises

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Gegenstand des Beweises sind in erster Linie Tatsachen und Erfahrungssätze (Verkehrsanschauung, insbes. der beteiligten Wirtschaftskreise); daneben kommt die Beweiserhebung über ausländisches Recht, ggf. auch über inländisches Gewohnheitsrecht in Betracht (dazu s. § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 293 ZPO). Inländisches gesetztes Recht ist als dem Richter bekannt nicht beweisbedürftig (iura novit curia; BFH v. 06.12.2012, I B 8/12, BFH/NV 2013, 703).

 

Tz. 3

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Beweisbedürftig sind nur beweiserhebliche Tatsachen und Indizien (Hilfstatsachen), die mittelbare Schlüsse auf erhebliche (meist innere) Tatsachen zulassen, soweit sie nicht offenkundig oder gerichtskundig (s. § 155 Satz 1 FGO i. V. m. § 291 ZPO) sind; nur privates Wissen eines Richters ist nicht verwertbar. Wenngleich gerichtsbekannte (offenkundige) Tatsachen keines Beweises bedürfen, sind sie doch in das Verfahren einzuführen und zum Gegenstand der Verhandlung zu machen (BFH v. 03.08.1993, VII B 29/93, BFH/NV 1994, 326; BFH v. 05.11.2001, VIII B 16/01, BFH/NV 2002, 312). Eine Tatsache ist offenkundig und bedarf deshalb nicht des Beweises, wenn man sich über sie aus allgemein zugänglichen und zuverlässigen Quellen (z. B. Zeitungen, Zeitschriften) ohne besondere Fachkunde unterrichten kann (BFH v. 05.11.2001, VIII B 16/01, BFH/NV 2002, 312). Gerichtsbekannt ist eine Tatsache, wenn sie zumindest der Mehrheit des zur Entscheidung berufenen Senats aus der gegenwärtigen oder früheren Tätigkeit bekannt ist und nicht erst durch Beiziehung von Akten oder durch Einholung von Auskünften ermittelt werden muss (BFH v. 25.11.2005, V B 16/04, BFH/NV 2006, 756). Im Zusammenhang damit darf ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich, das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder wenn die infrage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann (z. B. BFH v. 12.02.2018, X B 64/17, BFH/NV 2018, 538; zum zulässigen Absehen von einer Beweisaufnahme im Übrigen s. Rz. 8 ff. und s. § 76 FGO Rz. 9, dort auch zur Ablehnung unsubstantiierter Beweisanträge).

C. Beweismittel

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 81 Abs. 1 Satz 2 FGO zählt eine Reihe von Beweismitteln auf, die im finanzgerichtlichen Verfahren zugelassen sind. Die Aufzählung ist jedoch nicht abschließend. Die ausdrücklich genannten Beweismittel sind der Augenschein (§ 82 FGO i. V. m. §§ 371f. ZPO; s. § 82 FGO Rz. 3), der Zeuge (§§ 82 FGO i. V. m. §§ 373 bis 401 ZPO, §§ 83,84, 87 FGO; s. § 82 FGO Rz. 4), der Sachverständige (§ 82 FGO i. V. m. §§ 402 bis 414 ZPO, § 88 FGO; s. § 82 FGO Rz. 6), die Beteiligtenvernehmung (§ 82 FGO i. V. m. §§ 450 bis 455 ZPO; s. § 82 FGO Rz. 8) und die Urkunden (§§ 85, 86, 89, 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i. V. m. § 97 Abs. 1 und Abs. 3 AO). Daneben kommt die Einholung amtlicher Auskünfte von Behörden in Betracht (§ 86 FGO).

D. Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme

I. Allgemeine Grundsätze

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 81 Abs. 1 Satz 1 FGO erhebt das Gericht Beweis in der mündlichen Verhandlung. Der daraus folgende Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme besag...

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