Schrifttum

Bartone, Der Rechtsweg zu den Finanzgerichten, AO-StB 2008, 55;

Gärditz, Die Rechtswegspaltung in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, Verw 43 (2010), 309;

Schmittmann, Ansprüche des Insolvenzverwalters gegen die Finanzverwaltung aus dem Informationsfreiheitsrecht, NZI 2012, 633.

A. Bedeutung der Vorschrift

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 33 FGO regelt, dass für die in Abs. 1 abschließend aufgeführten öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten der Finanzrechtsweg eröffnet ist. Die Vorschrift steht im unmittelbaren Zusammenhang mit § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, wonach in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art der Rechtsweg zu den allgemeinen VG zulässig ist, soweit nicht durch Bundesgesetz die Zuständigkeit besonderer VG begründet ist. § 33 FGO begründet eine solche Sonderzuweisung für die FG (Entsprechendes gilt nach § 51 SGG für die SG; s. § 1 FGO Rz. 2). Die Regelung ist darüber hinaus im Zusammenhang mit allen anderen Normen zu sehen, die für die Bestimmung eines bestimmten Rechtswegs gelten. Dies gilt neben § 40 VwGO auch für § 13 GVG (ordentlicher Rechtsweg), § 51 SGG (Sozialrechtsweg) und §§ 2ff., 48 ArbGG (Arbeitsrechtsweg). Ist ein anderer als der Finanzrechtsweg eröffnet, so ist dies auch bei Vorfragen, die im Finanzprozess von entscheidungserheblicher Bedeutung sind, zu beachten. Ist z. B. für eine Steuervergünstigung in die Finanzbehörde bindender Weise das Vorliegen einer Bescheinigung einer nicht zur Finanzverwaltung gehörenden anderen Behörde Voraussetzung, so kann die Weigerung dieser anderen Behörde, die erforderliche Bescheinigung zu erteilen, nicht im Finanzprozess incidenter auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden (BFH v. 20.06.2005, IX B 146/04 juris; BFH v. 26.06.2006, IX B 77/06, BFH/NV 2006, 2095; FG RP v. 02.11.1973, IV 64/71, EFG 1974, 164; a. A. BVerwG v. 26.09.1969, VII C 67.67, BVerwGE 34, 65). Nur wenn im Finanzprozess z. B. über strafrechtliche, zivilrechtliche oder sozialrechtliche Vorfragen zu entscheiden ist, ist die Zuständigkeit des FG gegeben (BFH v. 01.09.2006, X B 108/06, juris). Die FG dürfen jedoch nicht über rechtswegfremde Gegenforderungen (z. B. Forderungen bürgerlich-rechtlicher Natur) nicht entscheiden, mit denen im Finanzprozess die Aufrechnung gegen eine Steuerforderung erklärt wird (BFH v. 31.05.2005, VII R 56/04, BFH/NV 2005, 1759; BFH v. 19.02.2007, VII B 253/06, BFH/NV 2007, 968; dazu auch s. Anh. zu § 33 FGO § 17 GVG Rz. 3, s. § 74 FGO Rz. 3).

B. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO)

I. Öffentlich-rechtliche Streitigkeiten

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Zuständigkeit der FG erstreckt sich ausschließlich auf öffentlich-rechtliche Streitigkeiten. Dadurch wird ihre Zuständigkeit zu derjenigen der ordentlichen Gerichte abgegrenzt. Die Abgrenzung erfolgt – abgesehen von ausdrücklich angeordneten Zuweisungen – danach, ob es sich um eine öffentlich-rechtliche oder bürgerliche, also zivilrechtliche Streitigkeit handelt. Öffentlich-rechtlich ist eine Rechtsstreitigkeit dann, wenn sie sich als Folge eines Sachverhaltes darstellen, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist (Brandis in Tipke/Kruse, § 33 FGO Rz. 5 ff.; Kopp/Schenke, § 40 VwGO Rz. 6). Öffentliches Recht ist gegeben, wenn der Sachverhalt – die Richtigkeit des klägerischen Sachvortrags unterstellt – einem Sonderrecht des Staates oder sonstiger Träger öffentlicher Aufgaben unterliegt (sog. modifizierte Subjektstheorie; Kopp/Schenke, § 40 VwGO Rz. 11 auch zu den übrigen Abgrenzungstheorien). Der Streit über einen Antrag der Finanzbehörde an das Insolvenzgericht, das Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Vollstreckungsschuldners zu eröffnen, ist daher als öffentlich-rechtlich zu beurteilen, da die Behörde sich auf §§ 249ff., 251 Abs. 2 Satz 1 AO stützt; hierfür ist der Finanzrechtsweg (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO) gegeben (z. B. FG Münster v. 15.03.2000, 12 V 1054/00 AO, EFG 2000, 634; FG Ha v. 14.04.2003, VI 136/03, juris; FG Köln v. 09.11.2004, 15 K 4934/04, EFG 2005, 298; FG SAnh v. 24.09.2015, 3 V 916/15, EFG 2015, 2194). Gleiches gilt für den Streit zwischen einem Pfändungsgläubiger und einem Träger öffentlicher Gewalt, wenn der gepfändete Anspruch öffentlich-rechtlich ist (z. B. ein Steuererstattungsanspruch; z. B. BFH v. 14.07.1987, VII R 116/86, BStBl II 1987, 863). Für Klagen auf Erteilung einer Lohnsteuerbescheinigung und auf zutreffende Eintragungen von Daten in der Lohnsteuerbescheinigung oder auf Berichtigung unrichtiger Eintragungen in der LSt-Bescheinigung (§ 41b EStG) ist der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten (§ 2 Abs. 1 Nr. 3e ArbGG), nicht aber der Finanzrechtsweg gegeben (BFH v. 29.06.1993, VI B 108/92, BStBl II 1993, 760; BFH v. 04.09.2008, VI B 108/07, BFH/NV 2009, 175 m. Anm. Bartone, juris PR-SteuerR 6/2009; gl. A. Braun in HHSp, § 33 FGO Rz. 35; a. A. BAG v. 11.06.2003, 5 AZB 1/03, NJW 2003, 2629 m. w. N. zur Abgrenzung von Arbeitsrechtsweg und Finanzrechtsweg; BAG v. 07.05.2013, 10 AZB 8/13, DStR 2013, 1345; a. A. auch für die Klage eines Beamten gegen seines Dienstherrn auf Berichtigung der LSt-Bescheinigung VG Münc...

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