Schrifttum

Lorenz, Richterliche Unabhängigkeit und frühere Tätigkeit in der Finanzverwaltung, StuW 1980, 325;

P. Fischer, Innere Unabhängigkeit und Fiskalinteresse, StuW 1992, 121;

Heyde in Benda/Maihofer/Vogel, Handbuch des Verfassungsrechts Band 2, 2. Aufl. 1995;

Von Bargen, Die Rechtsstellung der Richterinnen und Richter in Deutschland, DRiZ 2010, 100, 133;

Weber, Richterliche Unabhängigkeit in menschenrechtlicher Perspektive, DRiZ 2012, 16, 59;

Rennert, Was ist ein guter Richter? – Fünfzehn Thesen für eine Annäherung, DRiZ 2013, 214;

Birk, Die Finanzgerichtsbarkeit – Erwartungen, Bedeutung, Einfluss, DStR 2014, 65;

Drüen, Richterseminar K: Effektiver Rechtsschutz für Steuerpflichtige – Garantie und Herausforderungen, IStR 2015, 609.

 

Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Aus § 1 FGO folgt, dass die Finanzgerichtsbarkeit Gerichtsbarkeit i. S. von Art. 92 GG ist, d. h. für die Beteiligten die verbindliche Beurteilung von festzustellenden Sachverhalten in Fällen bestrittenen, verletzten oder bedrohten Rechts mit dem Ziel möglichst richtiger Rechtserkenntnis vornimmt (vgl. Heyde, Rz. 15), in Rechtsstreitigkeiten über öffentlich-rechtliche Abgabenangelegenheiten und in den übrigen in § 33 FGO bezeichneten Rechtsstreitigkeiten (dazu s. § 33 FGO Rz. 1 ff.). Die Finanzrichter sind daher sachlich und persönlich unabhängige staatliche Organe, die zur Entscheidung über fremde Rechtsangelegenheiten berufen sind (Heyde, Rz. 15). Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes für die Finanzgerichtsbarkeit folgt aus der speziellen Kompetenzzuweisung in Art. 108 Abs. 6 GG. Zur Rechtsentwicklung s. Vor FGO Rz. 1 ff.

Von Verfassungs wegen ist es nicht geboten, Finanzrichter allein deshalb von der richterlichen Tätigkeit auszuschließen, weil sie früher der Finanzverwaltung angehört haben. Allein die frühere Verbindung zur Exekutive begründet nach der Rspr. des BVerfG keine Vermutung mangelnder Unabhängigkeit (BVerfG v. 09.12.1987, 1 BvR 1271/87, HFR 1989, 272; BFH v. 03.08.2000, VIII B 80/99, BFH/NV 2001, 783; BFH v. 20.08.2012, III B 33/12, BFH/NV 2012, 1991; BFH v. 23.06.2014, X R 13/14, BFH/NV 2014, 1758; Brandis in Tipke/Kruse, § 1 FGO Rz. 9; Fischer, StuW 1992, 127; Lorenz, StuW 1980, 325). Beachte jedoch § 51 Abs. 2 FGO. Verfassungsrechtlich unbedenklich – wenn auch nicht sehr glücklich – ist auch die in Bayern bestehende Besonderheit, dass die FG zum Staatsministerium der Finanzen gehören und die bayerischen Finanzrichter vom Bayerischen Staatsminister der Finanzen ernannt werden (BFH v. 20.11.1997, VI R 70/97, BFH/NV 1998, 609; BFH v. 11.12.2012, IX R 68/10, BStBl II 2013, 367).

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Finanzgerichtsbarkeit ist ein Teil der Verwaltungsgerichtsbarkeit. Die FG sind wie die SG besondere Verwaltungsgerichte und als solche von den allgemeinen Verwaltungsgerichten getrennt. Gemeinsam mit diesen ist ihre Befassung mit öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art. Die Abgrenzung zur allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgt nach § 33 FGO, d. h. die FG entscheiden in Abgabenangelegenheiten (§ 33 Abs. 2 FGO) oder den in § 33 Abs. 1 Nr. 2 bis 4 FGO bezeichneten Angelegenheiten. § 33 FGO stellt daher eine abdrängende bundesgesetzliche Sonderzuweisung i. S. von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO (s. § 33 FGO Rz. 1)

 

Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die in § 1 FGO normierte Unabhängigkeit der FG bedeutet, dass diese von der gesetzgebenden und vollziehenden Gewalt unabhängig sind, und entspricht damit dem Grundsatz der Gewaltenteilung (Art. 20 Abs. 2 Satz 2 GG). Sie zeigt sich einmal in organisatorischer und personeller Hinsicht in Gestalt organisatorischer Trennung von der Finanzverwaltung, der Beseitigung der Dienstaufsicht durch Finanzverwaltungsbehörden (s. § 31 FGO) und das Verbot der Übertragung von Geschäften der Verwaltungsbehörden auf die FG (§ 32 FGO), des Weiteren in der Ausstattung der hauptamtlichen Richter mit der verfassungsmäßig garantierten vollen richterlichen Unabhängigkeit i. S. des Art. 97 GG, §§ 25 bis 37 DRiG. Dass die Richterernennung und die organisatorische Ressortierung der Gerichtsbarkeit bei einem Justizministerium geregelt ist, führt nicht zu einem Verstoß gegen das Gewaltenteilungsprinzip (BVerfG v. 10.06.1953, 1 BvF 1/53, BVerfGE 2, 307; FG Ha v. 04.02.2014, 3 KO 28/14, EFG 2014, 1019). Die richterliche Unabhängigkeit besteht darin, dass der Richter bei Ausübung seiner Spruchtätigkeit an Weisungen nicht gebunden und nur dem Gesetz unterworfen ist (Art. 97 Abs. 1 GG) und dass er – vorbehaltlich der Erreichung gesetzlich bestimmter Altersgrenzen – auf Lebenszeit ernannt wird und gegen seinen Willen nur kraft richterlicher Entscheidung und in den gesetzlich bestimmten Formen aus seinem Amte entlassen, seines Amts dauernd oder zeitweise enthoben oder an eine andere Stelle oder in den Ruhestand versetzt werden kann. Die für Richter auf Probe oder kraft Auftrags (§ 15 FGO; §§ 12, 14 DRiG) und für ehrenamtliche Richter (§§ 21, 22 FGO, § 45 DRiG) geltenden Eins...

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