Tz. 1

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Die Vorschrift ist mit Wirkung vom 25.05.2018 eingefügt worden durch Gesetz vom 17.07.2017 (BGBl. I 2017, 2541) und schafft für Finanzbehörden im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung eine nationale Rechtsgrundlage für die Verarbeitung personenbezogener Daten zu einem anderen Zweck als zu demjenigen, zu dem sie ursprünglich erhoben wurden (Weiterverarbeitung), vgl. BT-Drs. 18/12611, 78; BMF v. 12.01.2018, BStBl I 2018, 185, Tz. 23.

 

Tz. 2

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Soweit eine der tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 29c Abs. 1 AO erfüllt ist, kann die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten durch Finanzbehörden auf diese Vorschrift gestützt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob die Zwecke der Weiterverarbeitung mit den Zwecken, für die die Daten ursprünglich erhoben wurden, nach Art. 6 Abs. 4 DSGVO vereinbar sind. Die bereichsspezifische Regelung über die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten durch Finanzbehörden entspricht weitgehend der Regelung in § 23 BDSG n. F. Die Zulässigkeit der Offenbarung personenbezogener Daten richtet sich wie bisher nach § 30 AO. Nach § 29c Abs. 1 AO ist eine Weiterverarbeitung personenbezogener Daten in den abschließend aufgezählten Fällen durch die Finanzbehörde, die die personenbezogenen Daten zu einem anderen Zweck erhoben hat, im Rahmen ihrer Aufgabenerfüllung zulässig.

 

Tz. 3

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§ 29c Abs. 1 Nr. 1 AO enthält die in der Besteuerungspraxis bedeutsamste Regelung. Hiernach ist eine Weiterverarbeitung personenbezogener Daten für die hier genannten Verfahren zulässig. Die Regelung entspricht der Offenbarungsbefugnis in § 30 Abs. 4 Nr 1 AO und gewährleistet, dass die Finanzbehörden ihren Auftrag aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes sowie § 85 AO weiterhin erfüllen können. Die Weiterverarbeitung personenbezogener Daten "dient" der Durchführung eines Besteuerungsverfahrens im Sinne der Nr. 1, wenn die Daten eine Prüfung der in jenem Verfahren relevanten Tatbestandsmerkmale ermöglichen, erleichtern oder auf eine festere Grundlage stellen können (BFH v. 29.08.2012, X S 5/12, BFH/NV 2013, 2).

 

Tz. 4

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§ 29c Abs. 1 Nr. 2 AO gestattet eine Weiterverarbeitung personenbezogener Daten, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für deren Offenbarung (vgl. § 30 Abs. 4 und 5 AO) vorliegen oder das Vorliegen dieser Voraussetzungen geprüft werden muss (BMF v. 12.01.2018, BStBl I 2018, 185, Tz. 25). Diese Regelung trägt der besonderen Bedeutung des Steuergeheimnisses Rechnung und ist daher enger als § 23 Abs. 1 Nr. 4 bis 6 BDSG n. F.

 

Tz. 5

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§ 29c Abs. 1 Nr. 3 AO entspricht den Regelungen in § 23 Abs. 1 Nr. 1 BDSG n. F.

 

Tz. 6

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§ 29c Abs. 1 Nr. 4 AO: Für die Entwicklung, Überprüfung oder Änderung automatisierter Verfahren der Finanzbehörden sollen zwar grds. anonymisierte oder pseudonymisierte Daten verwendet werden. In bestimmten Fällen kann es aber unerlässlich sein, "echte" personenbezogene Daten zu verwenden, wenn das Erreichen der Programmergebnisse nur auf diesem Weg zuverlässig gewährleistet werden kann. Darüber hinaus ist es aufgrund der zu einem Steuerfall gespeicherten Daten nicht gänzlich auszuschließen, dass trotz umfangreicher "Neutralisierung" der Daten aus dem Gesamtzusammenhang eine Zuordnung dieser neutralisierten Daten zu einem konkreten Steuerfall möglich wäre. Dem trägt die Nr. 4 Rechnung.

 

Tz. 7

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§ 29c Abs. 1 Nr. 5 AO: Für die Gesetzesfolgenabschätzung sollen zwar grds. anonymisierte oder pseudonymisierte Daten verwendet werden. In bestimmten Fällen kann es aber unerlässlich sein, "echte" personenbezogene Daten zu verwenden, wenn die Gesetzesfolgenabschätzung nur auf diesem Weg belastbar erreicht werden kann. Darüber hinaus ist es aufgrund der zu einem Steuerfall gespeicherten Daten nicht gänzlich auszuschließen, dass trotz umfangreicher "Neutralisierung" der Daten aus dem Gesamtzusammenhang eine Zuordnung dieser neutralisierten Daten zu einem konkreten Steuerfallmöglich wäre.

 

Tz. 8

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§ 29c Abs. 1 Nr. 6 AO: Nach bisheriger Rechtslage umfasst die Durchführung von Verwaltungsverfahren, Rechnungsprüfungsverfahren oder gerichtlichen Verfahren in Steuersachen sowie die Durchführung von Strafverfahren wegen einer Steuerstraftat oder Bußgeldverwahren wegen einer Steuerordnungswidrigkeit auch die Dienst- und Fachaufsicht und die Steuerung durch die Finanzbehörden. Insoweit wurde – wie in § 14 Abs. 3 des BDSG a. F. – keine Zweckänderung angenommen. Gleiches gilt unter weiteren Voraussetzungen, wenn personenbezogene Daten zu Ausbildungs- oder Prüfungszwecken verändert oder genutzt werden. Mit Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2916/679 liegt insoweit allerdings eine Zweckänderung vor. Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch öffentliche Stellen zu einem anderen Zweck als dem, für den sie erhoben wurden, bedarf damit künftig einer eigenständigen gesetzlic...

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