Tz. 81

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 171 Abs. 5 Satz 1 AO ordnet eine Ablaufhemmung der Festsetzungsfrist an, wenn die Zollfahndungsämter oder die mit der Steuerfahndung betrauten Dienststellen der Landesfinanzbehörden (s. § 208 AO) vor Ablauf der Festsetzungsfrist beim Stpfl. mit Ermittlungen der Besteuerungsgrundlagen beginnen. Maßgebender Zeitpunkt für den Eintritt der Ablaufhemmung ist der – notwendig vor Ablauf der Festsetzungsfrist liegende – tatsächliche Beginn der Ermittlungshandlungen beim Stpfl. Bei Steuern, die eine GmbH betreffen, genügen Ermittlungen gegen den alleinigen GmbH-Gesellschafter (BFH v. 02.12.2013, III B 71/13). Einer förmlichen Anordnung bedarf es nicht (so auch BFH v. 08.11.1993, VI B 99/93, BFH/NV 94, 258). Knüpft die Steuerfahndungsstelle an eine bereits begonnene Außenprüfung an, so tritt im Übernahmezeitpunkt die Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 5 AO als eigener Hemmungsgrund neben § 171 Abs. 4 AO (Kruse in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz. 69). Für den Steuerpflichtigen muss klar und eindeutig erkennbar ist, in welchen konkreten Steuerangelegenheiten ermittelt wird (BFH v. 17.11.2015, VIII R 67/13, BStBl II 2016, 569). Wird der Beginn der Ermittlungen auf Antrag des Stpfl. hinausgeschoben, tritt im Gegensatz zu § 171 Abs. 4 AO keine Ablaufhemmung ein (Kruse in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz. 70). Gem. § 171 Abs. 5 Satz 1 2. HS findet § 171 Abs. 4 Satz 2 AO sinngemäße Anwendung. Daraus folgt, dass der Fristablauf bei Unterbrechung der begonnenen Ermittlungen nur gehemmt bleibt, wenn die Ermittlungen innerhalb von sechs Monaten wieder aufgenommen werden. Eine Ablaufhemmung tritt nicht ein, wenn der Akt, der zu den Ermittlungen geführt hat, auf Anfechtung des Stpfl. aufgehoben wird (Kruse in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz. 70).

 

Tz. 82

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Nach § 171 Abs. 5 Satz 2 AO wird der Ablauf der Festsetzungsfrist auch dadurch gehemmt, dass dem Stpfl. vor Ablauf der Festsetzungsfrist die Einleitung des Steuerstrafverfahrens (§ 397 AO) oder des Bußgeldverfahrens wegen einer Steuerordnungswidrigkeit (§ 410 Abs. 1 Nr. 6 AO i. V. m. § 397 AO) bekannt gegeben wird, wobei sich der Zeitpunkt des Eintritts der Ablaufhemmung nicht nach dem Zugang dieser Mitteilung, sondern entsprechend § 169 Abs. 1 Satz 3 AO bestimmt. Die Festsetzungsfrist wird jedoch nach Selbstanzeige und nachfolgenden rein steuerstrafrechtlichen Ermittlungen nicht gehemmt, es sei denn, das Steuerstrafverfahren wurde wegen des Verdachts bestimmter, in der Einleitungsverfügung ausdrücklich genannter und dem Stpfl. bekannt gegebener Steuerstraftaten eingeleitet; dann ist der Ablauf der Festsetzungsfrist gem. § 171 Abs. 5 Satz 2 AO nur für diejenigen Steueransprüche gehemmt, wegen deren vermeintlicher Verletzung das Steuerstrafverfahren eingeleitet und dies dem Stpfl. bekannt gegeben wurde (AEAO zu § 171, Nr. 2 Abs. 4; BFH v. 08.07.2009, VIII R 5/07, BStBl II 2010, 583).

1. Umfang der Ablaufhemmung

 

Tz. 83

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Im Gegensatz zu § 171 Abs. 4 AO hemmen die Ermittlungen nicht den gesamten Steueranspruch, sondern nur die Sachverhaltsmerkmale, auf die sich die Ermittlungen tatsächlich beziehen (BFH v. 08.07.2009, VIII R 5/07, BStBl II 2010, 583 m. w. N.; BFH v. 17.11.2015, VIII R 68/13, BStBl II 2016, 571; AEAO zu § 171, Nr. 4). Folglich kann es insoweit zur Teilverjährung kommen. Der Umfang der Ablaufhemmung richtet sich im Übrigen nach dem sachlichen und persönlichen Umfang der Ermittlungshandlungen. Der Ablauf der Festsetzungsfrist wird nur insoweit gehemmt, als sich die tatsächlich durchgeführten Ermittlungen auf die Höhe der Steuer auswirken (BFH v. 14.04.1999, XI R 30/96, BStBl I 1999, 478; Banniza in HHSp, § 171 AO Rz. 146; Kruse in Tipke/Kruse, § 171 AO Rz. 72).

 

Tz. 84

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Wird der Umfang einer Fahndungsprüfung nachträglich auf zusätzliche Veranlagungszeiträume erweitert, so wird hierdurch der Ablauf der Festsetzungsfrist für diese Veranlagungszeiträume nur dann gehemmt, wenn der Stpfl. die Erweiterung bis zum Ablauf der Frist erkennen konnte (BFH v. 08.07.2009, VIII R 5/07, BStBl II 2010, 583). Hierzu gehört nicht, dass für ihn erkennbar war, auf welche Sachverhalte sich die zusätzlichen Ermittlungen erstrecken sollten (BFH v. 24.04.2002, I R 25/01, BStBl II 2002, 586).

2. Dauer der Ablaufhemmung

 

Tz. 85

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Die Ablaufhemmung, für die bereits die bloße Einleitung des Strafverfahrens ausreicht (s. Rz. 82), dauert bis zur Unanfechtbarkeit der aufgrund der Ermittlungen zu erlassenden Steuerbescheide. Auf eine Verurteilung des Stpfl. oder eine anderweitige Einstellung des Steuerstrafverfahrens kommt es danach nicht an. Auch hier bleiben Pro-forma-Ermittlungen ohne Auswirkung. Führen die Ermittlungen nicht zum Erlass von Festsetzungsbescheiden oder entsprechenden anderen Verwaltungsakten (z. B. Aufhebung von Vergütungsbescheiden), endet die Ablaufhemmung mit der diesbezüglichen abschließenden Behördenentscheidung, die zweckmäßigerweise dem Stpfl. mitzuteilen ist (§ 171 Abs. 5 Satz 1 2. Halbs. AO i. V. m. § ...

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