Tz. 23

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Durch § 2 Abs. 2 Satz 1 AO wird das BMF ermächtigt, zur Sicherung der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung oder doppelten Nichtbesteuerung mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsverordnungen zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen i. S. v. Art. 25 Abs. 3 OECD-MA zu erlassen. Konsultationsvereinbarungen in diesem Sinne werden in § 2 Abs. 2 Satz 2 AO definiert als einvernehmliche Vereinbarungen der zuständigen Behörden der Vertragsstaaten eines DBA mit dem Ziel, Einzelheiten der Durchführung eines solchen Abkommens zu regeln, insbes. Schwierigkeiten oder Zweifel, die bei der Auslegung oder Anwendung des jeweiligen Abkommens bestehen, zu beseitigen.

 

Tz. 24

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Vor Einführung des § 2 Abs. 2 AO war ungewiss, ob Konsultationsvereinbarungen (s. Rz. 23), die lediglich auf der völkerrechtlichen Ebene getroffen werden, aber nicht wie Völkerrechtsverträge nach Art. 59 Abs. 2 GG in innerstaatliches Recht transformiert werden, überhaupt innerstaatlich verbindlich sind (Musil in HHSp, § 2 Rz. 308). Mit § 2 Abs. 2 AO verfolgt der Gesetzgeber das Ziel, diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen und eine möglichst weitgehende Verbindlichkeit der Konsultationsvereinbarungen zu schaffen (eingehend Hummel, IStR 2011, 397).

 

Tz. 25

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Dieses Ziel wurde nicht erreicht. Der BFH hat entschieden, dass § 2 Abs. 2 AO nicht den Bestimmtheitsanforderungen, die nach Art. 80 Abs. 1 GG an eine Verordnungsermächtigung zu stellen sind, genügt (BFH v. 10.06.2015, I R 79/13, BStBl II 2016, 326; vgl. auch Drüen in Tipke/Kruse, § 2 AO Rz. 43e; Hummel, IStR 2011, 397; Musil in HHSp, § 2 AO Rz. 332; a. A. Oellerich in Gosch, § 2 AO Rz. 102). Für das richtige Abkommensverständnis kann immer nur der Abkommenswortlaut maßgeblich sein. Wird das in einer Konsultationsvereinbarung gefundene Abkommensverständnis durch den Wortlaut nicht gedeckt, ergibt sich aus der Vereinbarung keine Beeinflussung oder gar Bindung der Gerichte bzgl. der Auslegung des DBA (BFH v. 10.06.2015, I R 79/13, BStBl II 2016, 326). Folglich kann eine auf der Grundlage des § 2 Abs. 2 AO erlassene Konsultationsvereinbarungsverordnung den Inhalt eines gem. Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG in innerstaatliches Recht umgesetzten DBA erst recht nicht abändern (vgl. Hummel, IStR 2011, 397; Musil in HHSp, § 2 AO Rz. 316).

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