Tz. 3

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Abweichend von § 169 Abs. 2 Satz 1 AO beträgt die Festsetzungsfrist ein Jahr. § 239 Abs. 1 Satz 2 AO bestimmt hierfür einen von § 170 AO abweichenden und je nach Zinsgrund differenzierten Beginn (§ 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 5 AO). Unter den in § 171 normierten Voraussetzungen wird der Ablauf der Zinsfestsetzungsfrist gehemmt. Regelungen über eine Anlaufhemmung enthält § 239 AO nicht (BFH v. 26.11.2008, X B 187/08, BFH/NV 2009, 411).

 

Tz. 4

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AO, § 239 Abs. 1 Satz 3 AO: Für Vollverzinsungszinsen beginnt die Festsetzungsfrist mit dem Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuer festgesetzt, die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert worden bzw. nach § 129 AO berichtigt ist. Der Wortlaut erweckt den Anschein, es gäbe eine besondere Festsetzungsfrist für die jeweiligen Nachforderungs- und Erstattungszinsen, also auch für die Mehr- oder Minderzinsen infolge Änderung oder Aufhebung. Da aber im Zuge der Änderung der Zinsfestsetzung nach § 233a Abs. 5 Satz 1 AO dem sich aus dem dafür maßgebenden Unterschiedsbetrag (§ 233a Abs. 5 Satz 2 AO) ergebenden Zinsbetrag nach § 233a Abs. 5 Satz 3 AO "bisher festgesetzte Zinsen hinzuzurechnen" sind bzw. festgesetzte Zinsen "entfallen", beginnt die Festsetzungsfrist für den gesamten Zinsanspruch notwendig mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuerfestsetzung aufgehoben oder geändert wird (im Ergebnis gl. A. Loose in Tipke/Kruse, § 239 Rz. 5; vgl. BFH v. 14.07.2008, VIII B 176/07, BStBl II 2009, 117). Das ergibt auch die Einbeziehung der Regelung des § 239 Abs. 1 Satz 3 AO in die Betrachtung.

Im Übrigen aber ist auch § 239 Abs. 1 Satz 3 AO missverständlich: Die Festsetzungsfrist für die Zinsen nach § 233a kann nämlich nach § 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AO auch erst nach Ablauf der Festsetzungsfrist für die zu verzinsende Steuer beginnen, beispielsweise bei Anpassung an einen Grundlagenbescheid gegen Ende der Jahresfrist des § 171 Abs. 10 AO bzw. im Fall der partiellen Ablaufhemmung nach § 171 Abs. 3 AO.

 

Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AO: Die Festsetzungsfrist endet mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Stundung geendet hat. Abzustellen ist auf das tatsächliche Ende der Stundung, also bei vorzeitiger Zahlung auf den Tag der Zahlung (gl. A. Loose in Tipke/Kruse, § 239 AO Rz. 6; a. A. Rüsken in Klein, § 239 Rz. 5), im Übrigen – und nur dann – auf den Ablauf des Zeitraums, für den die Stundung gewährt wurde. Bei Rücknahme oder Widerruf einer Stundung kommt es auf die Wirksamkeit von Widerruf oder Stundung an. Bei Stundung durch Gewährung von Raten ist die Stundung des einzelnen Ratenbetrags mit dessen Fälligkeit beendet (a. A. FG Münster v. 15.01.1987, III 4027/84, EFG 1987, 280; Rüsken in Klein, § 239 Rz. 5), weil es auf den tatsächlich gestundeten (Teil-)Anspruch und nicht darauf ankommt, zu welchem Zeitpunkt der gestundete Gesamtbetrag gezahlt ist.

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

§ 239 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO: Maßgeblich ist grundsätzlich der Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuer unanfechtbar geworden ist. Unanfechtbarkeit in diesem Sinne tritt auch ein, wenn ein Rechtsstreit durch übereinstimmende Erklärung der Beteiligten in der Hauptsache erledigt ist (formelle Hauptsachenerledigung; BFH v. 22.05.1984, VIII R 60/79, BStBl II 1984, 697). Solange also eine Steuerfestsetzung unterbleibt, läuft die Festsetzungsfrist für Zinsen nicht ab; allerdings können Zinsen spätestens dann nicht mehr festgesetzt werden, wenn die Festsetzungsfrist für die hinterzogenen Steuern abgelaufen ist. Ist aber im Zeitpunkt der Unanfechtbarkeit der Festsetzung der hinterzogenen Steuer ein wegen dieser Hinterziehung eingeleitetes Strafverfahren noch nicht rechtskräftig abgeschlossen worden, so beginnt die Festsetzungsfrist für Zinsen nach § 235 AO erst mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem dieses rechtskräftig abgeschlossen ist. Allerdings hemmt das Steuerstrafverfahren den Beginn der Festsetzungsverjährung nur dann, wenn es vor Beginn des Kalenderjahres eingeleitet wurde, in dem die Festsetzung der hinterzogenen Steuern unanfechtbar geworden ist (BFH v. 24.08.2001 VI R 42/94, BStBl II 2001, 782; BFH v. 29.04.2008, VIII R 5/06, BStBl II 2008, 844). Der Zeitpunkt ist bei einer rechtskräftigen Verurteilung nach dem Tag der Rechtskraft des Urteils zu bestimmen. Kommt es nicht zu einer Verurteilung, sondern zu einer Einstellung des Verfahrens, z. B. nach §§ 153a, 154, 170 Abs. 2 StPO, ist der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem das Verfahren strafprozessrechtlich beendet ist, z. B. nach Erfüllung einer Auflage. Hier kann der Zeitpunkt schwer zu bestimmen sein. Eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO steht dem Ansatz von Hinterziehungszinsen nicht zwingend entgegen (s. § 235 AO Rz. 3). Bei mehreren Strafverfahren gegen mehrere Mittäter kommt es auf das zuletzt abgeschlossene Verfahren an (BFH v. 13.07.1994, XI R 21/93, BStBl II 1994, 88).

 

Tz. 7

Sta...

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