Tz. 5

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Rechtsnachfolger tritt in die Einspruchsbefugnis des Vorgängers ein. Sie geht auf ihn in dem verfahrensrechtlichen Zustand über, in dem sie sich zum Zeitpunkt der Nachfolge befindet. Für den Rechtsnachfolger beginnt demnach keine selbstständige Rechtsbehelfsfrist zu laufen. Daraus ergeben sich folgende zeitlichen Anwendungsfälle:

 

Tz. 6

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Tritt die Rechtsnachfolge ein bevor ein dinglicher Bescheid i. S. von § 353 AO ergangen ist, wirkt der Bescheid gegen den Rechtsnachfolger nur, wenn er ihm auch bekanntgegeben worden ist (§ 182 Abs. 2 Satz 2 AO). Erst mit der Bekanntgabe an ihn, beginnt der Lauf der Rechtsbehelfsfrist (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO). Ein an den Vorgänger bekanntgegebener Bescheid ist unwirksam (§ 125 Abs. 1 AO).

 

Tz. 7

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ist zum Zeitpunkt der Rechtsnachfolge die Rechtsbehelfsfrist durch Bekanntgabe an den Vorgänger in Lauf gesetzt worden aber noch nicht abgelaufen, kann der Nachfolger innerhalb der für seinen Rechtsvorgänger geltenden Einspruchsfrist (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO) Einspruch einlegen. Durch die Nachfolge verlängert sich die Frist nicht; sie ist kein Wiedereinsetzungsgrund. Der Einspruch ist auch dann zulässig, wenn der Rechtsvorgänger bereits selbst Einspruch eingelegt hat (Birkenfeld in HHSp, § 353 AO Rz. 69). In diesem Fall müssen beide Verfahren miteinander verbunden werden, da nur eine einheitliche Entscheidung ergehen kann. Ein Einspruch des Rechtsvorgängers innerhalb der Rechtsbehelfsfrist aber nach Rechtsübergang auf den Rechtsnachfolger dürfte dagegen unzulässig sein. Dem Rechtsvorgänger fehlt es an einer Beschwer (§ 350 AO), da sich die Regelung des angefochtenen Verwaltungsaktes dann nur noch gegen den Rechtsnachfolger richtet. Denkbar wäre allenfalls eine Bevollmächtigung des Rechtsvorgängers durch den Rechtsnachfolger.

 

Tz. 8

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ist zum Zeitpunkt der Rechtsnachfolge der Bescheid durch Ablauf der Einspruchsfrist bereits unanfechtbar geworden, ist er auch gegenüber dem Rechtsnachfolger bestandskräftig. Ein Einspruch des Rechtsnachfolgers wäre wegen Fristablaufes unzulässig. Die Rechtsnachfolge allein ist kein Wiedereinsetzungsgrund. Kommt aber eine Wiedereinsetzung aus anderen Gründen in Betracht, so hat – und kann nur – der Rechtsnachfolger die versäumte Handlung nachholen, also Einspruch einlegen. Er allein ist zu diesem Zeitpunkt einspruchsbefugt. Ein Einspruch des Rechtsvorgängers wäre wiederum unzulässig (Rz. 7).

 

Tz. 9

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Tritt die Rechtsnachfolge zwar nach Ablauf der Einspruchsfrist ein, hat der Vorgänger jedoch bereits zulässig Einspruch gegen den Bescheid eingelegt, ist wie folgt zu unterscheiden. Der Rechtsnachfolger hat zunächst keine eigene Einspruchsbefugnis, da die Monatsfrist (§ 355 Abs. 1 Satz 1 AO) auch ihm gegenüber abgelaufen ist. Das noch anhängige Einspruchsverfahren des Rechtsvorgängers wird jedoch weitergeführt. Der Einzelrechtsnachfolger ist an diesem Verfahren nur beteiligt, wenn er nach § 360 Abs. 1 AO hinzugezogen wird. Der Gesamtrechtsnachfolger hingegen tritt in die Rechtsstellung des Vorgängers als Verfahrensbeteiligter ein. Das Einspruchsverfahren wird gegen ihn fortgesetzt. Eines erneuten Einspruchs bedarf es dazu nicht.

 

Tz. 10

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Ähnliches gilt für die Rechtsnachfolge während eines finanzgerichtlichen Verfahrens. Bei der Gesamtrechtsnachfolge wird das Verfahren bis zur Aufnahme durch den Nachfolger unterbrochen (§ 155 FGO, § 239 ZPO), es sei denn, der Rechtsvorgänger wurde durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten. Beim Einzelrechtsnachfolger prüft das Finanzgericht, ob dieser beigeladen wird (§ 57, 60 FGO).

 

Tz. 11

Stand: 22. Auflage – ET: 10/2018

Der Rechtsnachfolger übernimmt das laufende Einspruchsverfahren grundsätzlich in dem Stand, in dem es sich gegenüber dem Vorgänger befunden hat. Er übernimmt Auflagen zur Sachverhaltsaufklärung ebenso wie die Präklusion nach § 364b AO, wenn der Rechtsvorgänger mit einem bestimmten Vorbringen ausgeschlossen ist. Auch hier stellt allein die Rechtsnachfolge keinen Wiedereinsetzungsgrund nach § 110 AO dar.

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