Zukauf fremder Erzeugnisse

 

(1) 1Land- und Forstwirtschaft ist die planmäßige Nutzung der natürlichen Kräfte des Bodens und die Verwertung der dadurch gewonnenen Erzeugnisse. 2Beschränkt sich ein Betrieb nicht auf den Absatz selbstgewonnener Erzeugnisse, sondern kauft er dauernd und nachhaltig fremde Erzeugnisse hinzu, so ist zu prüfen, ob er steuerlich als Betrieb der Land- und Forstwirtschaft oder als Gewerbebetrieb zu behandeln ist. 3Ein Betrieb, der dauernd und nachhaltig fremde Erzeugnisse über den betriebsnotwendigen Umfang hinaus zukauft, ist als Gewerbebetrieb zu behandeln (→BFH vom 2. 2. 1951 - BStBl III S. 65). 4Fremde Erzeugnisse sind nicht solche Erzeugnisse, die für die Weiterzucht im Rahmen des Erzeugungsprozesses im eigenen Betrieb verwendet werden (Saatgut, Zwiebeln und Knollen, Stecklinge, Jungpflanzen, Wildlinge oder sonstige Halbfertigwaren). 5Als fremde Erzeugnisse gelten nur solche für die Weiterveräußerung zugekauften Erzeugnisse, die nicht im eigenen Betrieb im Wege des Erzeugungsprozesses bearbeitet werden (steuerlich schädlicher Zukauf).

Steuerlich schädlicher Zukauf

 

(2) 1Beträgt der dauernde und nachhaltige Zukauf fremder Erzeugnisse (steuerlich schädlicher Zukauf), aus Vereinfachungsgründen gemessen an dem Einkaufswert der fremden Erzeugnisse, bis zu 30 v. H. des Umsatzes, so ist grundsätzlich ein Betrieb der Land- und Forstwirtschaft anzuerkennen (Ausnahme →BFH vom 11. 10. 1988 - BStBl 1989 II S. 284). 2Der Einkaufswert der fremden Erzeugnisse umfaßt auch die Nebenkosten, z. B. Frachtkosten (→BFH vom 5. 11. 1974 - BStBl 1975 II S. 118). 3Beträgt der dauernde und nachhaltige Zukauf mehr als 30 v. H. des Umsatzes, so ist in der Regel steuerlich ein Gewerbebetrieb anzunehmen. 4Der Gewerbebetrieb beginnt mit dem Anfang des Zukaufs, wenn der Steuerpflichtige durch eine Ausweitung des Zukaufs erheblich über die 30-v. H.-Grenze hinaus zu erkennen gibt, daß er den Betrieb dauerhaft umstrukturieren will. 5Das gleiche gilt, wenn die Absicht des Steuerpflichtigen, den Betrieb dauerhaft umzustrukturieren, auf andere Weise als durch Über- oder Unterschreiten der Zukaufsgrenze zum Ausdruck kommt. 6Nimmt der Steuerpflichtige z. B. eine außergewöhnliche, dem bisherigen Charakter des Betriebs nicht mehr entsprechende Investition vor, so tritt der Strukturwandel sofort mit der Umstrukturierungsmaßnahme ein (→BFH vom 4. 2. 1976 - BStBl II S. 423). 7In allen übrigen Fällen liegt nach Ablauf eines Zeitraums von drei Jahren ein Gewerbebetrieb vor. 8Wird ein Betrieb übernommen und im wesentlichen unverändert fortgeführt, so bleibt der Charakter des Betriebs als land- und forstwirtschaftlicher Betrieb oder Gewerbebetrieb erhalten. 9Die Bestimmung der Einkunftsart richtet sich auch in diesem Fall nach den Grundsätzen der Sätze 3 bis 8. 10Der Dreijahreszeitraum (Satz 7) ist objektbezogen und beginnt daher beim Wechsel des Betriebsinhabers nicht neu zu laufen. 11Im Fall der Neugründung eines Betriebs liegt von Anfang an ein Gewerbebetrieb vor, wenn der Zukauf die 30-v.H.-Grenze erheblich überschreitet (Satz 4). 12In allen übrigen Fällen gilt Satz 7 entsprechend. 13Die vorstehenden Grundsätze gelten für den Strukturwandel vom Gewerbebetrieb zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb entsprechend.

Eigenes Handelsgeschäft

 

(3) 1Werden selbstgewonnene land- und forstwirtschaftliche Erzeugnisse ohne Be- oder Verarbeitung in einem Nebenbetrieb über ein eigenes Handelsgeschäft, z. B. Einzelhandelsbetrieb, Ladengeschäft, Großhandelsbetrieb, abgesetzt, so ist zu prüfen, ob Erzeugerbetrieb und Handelsgeschäft einen einheitlichen Betrieb oder zwei selbständige Betriebe darstellen. 2Nach den BFH-Urteilen vom 30. 8. 1960 (BStBl III S. 460) und vom 26. 11. 1964 (BStBl 1965 III S. 90) ist im allgemeinen von einem einheitlichen Betrieb auszugehen, wenn die eigenen Erzeugnisse des Betriebs regelmäßig und nachhaltig zu mehr als 40 v. H. im eigenen Handelsgeschäft abgesetzt werden; dabei sind die eigenen Erzeugnisse mit dem Abgabepreis der Erzeugerbetriebe an Wiederverkäufer anzusetzen. 3Liegt diese Voraussetzung nicht vor, so sind zwei selbständige Betriebe anzunehmen. 4Entsprechendes gilt, wenn die Eigenerzeugung zwar zu mehr als 40 v. H. im eigenen Handelsgeschäft abgesetzt wird, diese jedoch 30 v. H. der gesamten Absatzmenge des Handelsgeschäfts - bemessen nach dessen Umsatz - nicht übersteigt. 5In diesem Fall ist für die Annahme von zwei selbständigen Betrieben ferner Voraussetzung, daß die Betriebsführung des Erzeugerbetriebs von dem Handelsgeschäft unabhängig ist und beide Betriebe auch nach der Verkehrsauffassung als zwei selbständige Betriebe nach außen auftreten (→BFH vom 19. 5. 1971 - BStBl 1972 II S. 8). 6Bei der Abgrenzung nach Absatz 2 ist auf den jeweiligen Betrieb abzustellen. 7Wird ein landwirtschaftlicher Betrieb in der Weise planmäßig im Interesse des gewerblichen Hauptbetriebs, z. B. einer Gastwirtschaft oder einer Metzgerei, geführt, daß diese Verbindung nicht ohne Nachteil für das Gesamtunternehmen gelöst wer...

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