Umsatzsteuer 2021: Wichtige Änderungen im Überblick

Zum Jahreswechsel 2020/2021 sind wieder viele Änderungen im Umsatzsteuerrecht zu beachten. Wir geben einen kompakten Überblick über wichtige Neuerungen aus Rechtsprechung und Verwaltung in 2020 sowie neue gesetzliche Regelungen für 2021.

Das ändert sich 2021

Zum Jahreswechsel 2020/2021 sowie dann auch in 2021 werden sich umsatzsteuerrechtliche Änderungen durch verschiedene Gesetze ergeben:

  • Durch das Bürokratieentlastungsgesetz III, dass schon zum Jahreswechsel 2019/2020 verabschiedet wurde, werden die Veränderungen bei den Abgabepflichten für die Umsatzsteuer-Voranmeldung für Neugründer in 2021 in Kraft treten.
  • Die durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz für die Zeit vom 1.7.2020 - 31.12.2020 zur Entlastung der Binnenwirtschaft vorgenommene Absenkung der Umsatzsteuersätze endet für alle Umsätze, die nach dem 31.12.2020 ausgeführt werden.
  • Ebenfalls durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz ist die Fälligkeit der EUSt herausgeschoben worden, wenn ein Zahlungsaufschub bewilligt ist.
  • Zum 30.6.2021 läuft (voraussichtlich) die durch das Corona-Steuerhilfegesetz umgesetzte Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen (mit Ausnahme der Getränke) aus. Darüber hinaus ist die Übergangsregelung für juristische Personen des öffentlichen Rechts (jPdöR) um 2 Jahre  verlängert worden. Die zwingende Anwendung der Regelungen des § 2b UStG ergibt sich damit erst ab dem 1.1.2023 (§ 27 Abs. 22a UStG).
  • Durch das Jahressteuergesetz 2020 werden diverse Änderungen im Umsatzsteuerrecht eintreten, die zum 1.1.2021, 1.4.2021 und (voraussichtlich) zum 1.7.2021 in Kraft gesetzt werden.

Vereinfachungen durch das Bürokratieentlastungsgesetz III

Durch das Bürokratieentlastungsgesetz III ergibt sich eine Änderung bei der Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuer-Voranmeldungen: Unternehmensgründer, die ihre unternehmerische Betätigung neu aufnehmen, mussten bisher im Jahr der Aufnahme der Tätigkeit und im Folgejahr monatliche Umsatzsteuer-Voranmeldungen abgeben. Dies wird – erst einmal für die Kalenderjahre 2021 - 2026 – ausgesetzt (dann evaluiert). Im Gründungsjahr ist zur Frage der Abgabe von Voranmeldungen die Steuerzahllast realistisch zu schätzen, für das Folgejahr ist die im Erstjahr (= Vorjahr) gezahlte Steuer in eine Jahressteuer umzurechnen. Diese Beträge sind dann mit den bekannten Zahlungsgrößen von 7.500 EUR für die monatliche Voranmeldung und 1.000 EUR für die vierteljährliche Abgabe zu vergleichen.

Aktualisierung: Die Finanzverwaltung hat mit BMF-Schreiben vom 16.12.2020 zu den Neuregelungen Stellung genommen (Kommentierung des Schreibens).

Steuersatzabsenkung durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz

Zur Stärkung der Wirtschaft in der Corona-Pandemie war beschlossen worden, erstmalig in Deutschland, die Steuersätze temporär abzusenken. Grundsätzlich gilt danach:

  • Regelsteuersatz: Für alle vom 1.7. - 31.12.2020 ausgeführten Umsätze gilt der abgesenkte Regelsteuersatz von 16 %  und für alle dem Grunde nach dem Regelsteuersatz unterliegenden Umsätze, die ab dem 1.1.2021 ausgeführt werden, gilt dann wieder der Steuersatz von 19 %.
  • Ermäßigter Steuersatz: Für alle vom 1.7. - 31.12.2020 ausgeführten Umsätze gilt in den in § 12 Abs. 2 UStG aufgeführten Sonderfällen der abgesenkte ermäßigte Steuersatz von 5 %  und für alle ab dem 1.1.2021 ausgeführten Umsätze dann wieder der ermäßigte Steuersatz von 7 %.

Für die Entstehung der Umsatzsteuer und die zutreffende Anwendung des Steuersatzes kommt es darauf an, wann die Leistung ausgeführt worden ist. Die Anwendung des maßgeblichen Steuersatzes ist dabei unabhängig davon, ob der Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) oder nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung) besteuert, von Bedeutung ist nur, wann die entsprechende Leistung nach umsatzsteuerrechtlichen Regelungen ausgeführt ist.

Hinweis: Im Zusammenhang mit der temporären Steuersatzabsenkung sind – insbesondere zur Abgrenzung der Leistungserbringung – diverse Besonderheiten zu beachten. Vgl. dazu die ausführlichen Beiträge zur Steuersatzabsenkung und zur Steuersatzanhebung.

Tipp der Redaktion: Die Wiederanhebung der Steuersätze und ihre Folgen für die Praxis sind auch Gegenstand der Aufzeichnung des Online-Seminars von Prof. Radeisen vom 11.12.2020.

Verschiebung der Fälligkeit der EUSt durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz

Durch das 2. Corona-Steuerhilfegesetz wurde die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer, für die nach den Regelungen des Unionszollkodex ein Zahlungsaufschub bewilligt ist, auf den 26. des zweiten auf den betreffenden Monat folgenden Kalendermonats verschoben. Wegen technischer Anpassungen war geregelt worden (§ 27 Abs. 31 UStG), dass das BMF den Termin der erstmaligen Anwendung durch ein Schreiben bekanntgibt. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 6.10.2020, BStBl 2020 I S. 984) hat mitgeteilt, dass die Regelung zu dem ab dem 1.12.2020 beginnenden Aufschubzeitraum umzusetzen ist. Dies bedeutet, dass der Fälligkeitstermin für Einfuhren des Aufschubzeitraums Dezember 2020 auf den 26.2.2021 verschoben ist (ohne diese Regelung wäre es der 16.1.2021).

Steuersatz für Gastronomieumsätze durch das Corona-Steuerhilfegesetz

Seit dem 1.7.2020 gilt aufgrund des Corona-Steuerhilfegesetzes  für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen in der Zeit vom 1.7.2020 bis 30.6.2021 der ermäßigte Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 15 UStG).  Ausdrücklich davon ausgenommen ist aber die Abgabe von Getränken, hier kommt weiterhin der Regelsteuersatz zur Anwendung.

Hinweis: Damit gilt für die Abgabe von Speisen in der Zeit vom 1.7.2020 bis 31.12.2020 der ermäßigte Steuersatz von 5 % und dann vom 1.1.2021 bis 30.6.2021 der wieder angehobene ermäßigte Steuersatz von 7 %.

Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 2.7.2020, BStBl 2020 I S. 610) hat aufgrund der befristeten Anwendung des ermäßigten Steuersatzes für die Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen für Pauschalangebote eine Vereinfachungsregelung veröffentlicht. Bei Kombiangeboten, die sowohl Speisen als auch Getränke zu einem Pauschalpreis beinhalten (z. B. Buffet, All-Inclusive-Angebote), wird es nicht beanstandet, wenn der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises angesetzt wird.

Umfassende Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020

Durch das Jahressteuergesetz 2020 werden sich diverse Veränderungen ergeben, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft treten. Neben den durch die unionsrechtlichen Vorgaben des sog. MwSt-Digitalpakets zwingend notwendigen Anpassungen ergeben sich auch verschiedene nationale Änderungen.

Regelungen des Digitalpakets

Ab dem 1.7.2021 wird die bisher als "Versandhandelslieferung" bekannte Regelung des § 3c UStG als sog. "innergemeinschaftlicher Fernverkauf" reformiert. Der Ort der Lieferung wird weiterhin bei der Lieferung an einen Abnehmerkreis, der keinen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen muss, nach § 3c Abs. 1 UStG dort sein, wo sich der Gegenstand am Ende der Beförderung oder Versendung befindet. Es ergeben sich aber insbesondere 2 wesentliche Veränderungen:

  1. Es gibt keine Lieferschwelle in der bisher bekannten Höhe mehr. Es wird lediglich eine für alle Mitgliedstaaten einheitliche Bagatellgrenze i. H. v. 10.000 EUR (§ 3c Abs. 4 UStG) geben, die zusammen mit der bisher schon bekannten Bagatellgrenze für die Leistungen an Nichtunternehmer i. S. d. § 3a Abs. 5 UStG für die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen u. a. dort aufgeführte Leistungen gilt. Die Bagatellgrenze gilt nicht pro Land, sondern für die Summe aller unter diese Regelungen fallenden Umsätze.
  2. Während sich bei der bisherigen Versandhandelsregelung der leistende Unternehmer unter den Bedingungen des § 3c UStG in dem jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat auch unmittelbar registrieren und besteuern lassen musste, wird jetzt die bisher nur für bestimmte sonstige Leistungen geltende "Mini-One-Stop-Shop-Regelung" auf diese Leistungen erweitert – dann als "One-Stop-Shop-Regelung". Dies bedeutet, dass der leistende Unternehmer die Besteuerungsverpflichtungen, die sich aus diesen innergemeinschaftlichen Fernverkäufen ergeben, über ein nationales elektronisches Portal abwickeln kann, ohne sich im jeweiligen Bestimmungsland registrieren zu lassen.

Hinweis: Die One-Stop-Shop-Regelung tritt formal schon zum 1.4.2021 in Kraft, da sich die Unternehmer ab diesem Zeitpunkt für die Anwendung registrieren lassen können.

Über diese für deutsche Unternehmer relevanten Neuregelungen hinaus werden sich noch weitere Veränderungen ergeben, die aber im Wesentlichen voraussetzen, dass die Leistung durch einen Drittlandsunternehmer ausgeführt wird oder die Ware zumindest aus dem Drittland in die EU gelangt:

  • Fernverkauf eines Gegenstands, der aus dem Drittlandsgebiet in einen anderen Mitgliedstaat als den, in dem die Beförderung oder Versendung des Gegenstands an den Erwerber endet, eingeführt wird (§ 3c Abs. 2 UStG in der ab dem 1.7.2021 gültigen Fassung).
  • Fernverkauf eines Gegenstands, der aus dem Drittlandsgebiet in den Mitgliedstaat, in dem die Beförderung oder Versendung der Gegenstände an den Erwerber endet, eingeführt wird (§ 3c Abs. 3 UStG in der ab dem 1.7.2021 gültigen Fassung).
  • Steuerbefreiung einer Einfuhr von Sendungen mit einem Sachwert von höchstens 150 EUR (§ 5 Abs. 1 Nr. 7 UStG in der ab dem 1.7.2021 gültigen Fassung), wenn die Ware im Gemeinschaftsgebiet der Besteuerung über die One-Stop-Shop-Regelung des § 18k UStG unterworfen wird. Soweit von dieser Regelung kein Gebrauch gemacht wird, kann nach § 21a UStG ein besonderes Einfuhrverfahren in Anspruch genommen werden.
  • Einführung einer fiktiven Reihengeschäftsregelung (§ 3 Abs. 3a i. V. m. Abs. 7 Satz 2 UStG in der ab dem 1.7.2021 gültigen Fassung), wenn die Lieferung der Ware von einem Unternehmer über eine elektronische Schnittstelle unterstützt wird. Ist der liefernde Unternehmer ein Drittlandsunternehmer oder gelangt die Ware aus dem Drittlandsgebiet (hier bei einem Warenwert von bis zu 150 EUR) ins Gemeinschaftsgebiet, wird der Unternehmer, der die elektronische Schnittstelle unterhält, so behandelt, als wenn er die Ware selbst erhalten und geliefert hätte.

Weitere Änderungen durch das Jahressteuergesetz 2020

Neben den unionsrechtlich vorgegebenen Änderungen durch das Digitalpaket ergeben sich weitere Änderungen in der Umsatzsteuer durch das Jahressteuergesetz 2020:

  • Bestimmte Leistungen an Streitkräfte anderer Mitgliedstaaten werden über § 4 Nr. 7 Buchst. e und f UStG von der Umsatzsteuer befreit.
  • Ausweitung der Steuerbefreiung für heilkundliche Leistungen (§ 4 Nr. 14 Buchst. f UStG) auf bestimmte Leistungen, die der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens dienen.
  • Anpassung der Steuerbefreiung für Pflegeleistungen (§ 4 Nr. 16 UStG) an die Rechtsprechung des BFH sowie an die Regelungen der SGB.
  • Bei der Steuerbefreiung für die Erziehung von Kindern und Jugendlichen (§ 4 Nr. 23 UStG) werden ergänzend auch die Beherbergungsleistungen mit erfasst (z. B. Beherbergungsleistungen von Studentenwerken).
  • Ausweitung des Reverse-Charge-Verfahrens (Steuerschuldnerverfahren) auf Telekommunikationsdienstleistungen (§ 13b Abs. 2 Nr. 12 i. V. m. Abs. 5 Satz 6 UStG), die Unternehmer gegenüber Unternehmern ausführen, deren Leistungen ebenfalls im Wesentlichen aus der Ausführung von Telekommunikationsdienstleistungen bestehen (siehe hierzu BMF, Schreiben v. 23.12.2020 - Kommentierung).
  • Nach der Rechtsprechung des BFH wird klargestellt, dass Preisnachlässe und Preiserstattungen eines Unternehmers in einer Leistungskette an einen in dieser Leistungskette nicht unmittelbar nachfolgenden Abnehmer nur dann zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage führen, wenn der Leistungsbezug dieses Abnehmers im Rahmen der Leistungskette im Inland steuerpflichtig ist (§ 17 Abs. 1 Satz 6 UStG).
  • Gebietskörperschaften von Bund und Ländern können Organisationseinheiten bilden, bei denen fiktiv die betragsmäßigen Bagatellregelungen des Umsatzsteuerrechts als überschritten gelten (§ 18 Abs. 4f UStG).  Die obersten Finanzbehörden können die Besteuerung dieser Organisationseinheiten bestimmten Landesfinanzbehörden zuordnen (§ 18 Abs. 4g UStG).
  • Nach einem neuen § 27a UStG können unter bestimmten Voraussetzungen (i. d. R. bei Gefährdung des Steueraufkommens) USt-IdNrn. befristet erteilt werden.
  • Bei grenzüberschreitenden Personenbeförderungen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftfahrzeugen sind nach § 5 UStDV bisher inländische Streckenanteile, die in einer Fahrtrichtung nicht länger als 10 km sind, als ausländische Beförderungsstrecken anzusehen. Diese Regelung wird im Zusammenhang mit der dann vorhandenen Möglichkeit der Teilnahme an der One-Stop-Shop-Regelung zum 1.7.2021 aufgehoben.

Aktualisierung: Im Rahmen der Beratungen zum Jahressteuergesetz 2020 ist auch eine wesentliche Veränderung der Besteuerung nach Durchschnittssätzen bei land- und forstwirtschaftlichen Erzeugern nach § 24 UStG mit aufgenommen worden. Da die Regelung schon seit längerer Zeit im Visier der EU-Kommission ist, wird sie zukünftig nur noch für kleinere land- und forstwirtschaftliche Betriebe anwendbar sein, um hier Unionskonformität herzustellen. Für Umsätze, die nach dem 31.12.2021 ausgeführt werden, kann die Durchschnittssatzbesteuerung nach § 24 UStG nur noch angewendet werden, wenn der Gesamtumsatz des vorigen Jahrs (berechnet nach den Vorgaben des § 19 Abs. 3 UStG) nicht mehr als 600.000 EUR betragen hat. Damit werden sich etliche land- und forstwirtschaftliche Betriebe ab 2022 auf die Regelbesteuerung einstellen müssen. Insoweit ist zu überlegen, größere Investitionen wegen des unter Anwendung des § 24 UStG nicht möglichen Vorsteuerabzugs auf 2022 zu verschieben, um in den Folgejahren eine Vorsteuerberichtigung zu vermeiden.

Steuererklärungen 2020

Der Unternehmer hat – unabhängig von der Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen – nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung eine Jahressteuererklärung zu übermitteln. Die Abgabefrist für die Steuererklärung endet gem. § 149 Abs. 2 AO regelmäßig 7 Monate nach Ablauf des Besteuerungszeitraums (2.8.2021 für die Veranlagungen für 2020), soweit aufgrund der Corona-Pandemie nicht eine allgemeine Verlängerung der Abgabefristen erfolgen sollte. Soweit Angehörige steuerberatender Berufe die Erklärungen erstellen, verlängert sich diese Frist bis Ende Februar des übernächsten Jahres.

Die Abgabefrist der Jahressteuererklärung hat auch einen Einfluss auf die Möglichkeiten des Unternehmers, bezogene Leistungen, die er sowohl für unternehmerische als auch für private Zwecke verwenden möchte, seinem Unternehmen ganz oder nur teilweise zuzuordnen. Grundsätzlich sind Wahlrechte zur Zuordnung von Leistungen zum Unternehmen nur bis zur gesetzlichen Abgabefrist für die Jahressteuererklärung auszuüben oder zu korrigieren (BFH Urteil vom 07.07.2011 - V R 41/09, BStBl 2014 I S. 73).

Wichtig: Aufgrund der Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 25.07.2018  -C-140/17 (Gmina Ryjewo)) kann aber fraglich sein, ob diese starren Zuordnungsfristen unionsrechtlich haltbar sind. Der BFH  hat deshalb 2019 den EuGH angerufen, der bisher noch nicht entschieden hat (Az. beim EuGH: C-45/20 und C-46/20). Soweit für vergangene Jahre mit der Finanzverwaltung noch der Streit über die rechtzeitige Zuordnung von Gegenständen zum Unternehmen geführt wird (typischerweise bei der Installation von PV-Anlagen), sollten diese Verfahren in jedem Fall offen gehalten werden.

Für den Veranlagungszeitraum 2020 hatte die Finanzverwaltung  schon im Dezember 2019 die Erklärungsvordrucke für die Jahressteuererklärung 2020 vorgestellt. Erstmals zu der Erklärung ist aufgrund der Änderungen bei der Fiskalvertreterregelung zum 1.1.2020 auch die Anlage FV abzugeben. Dies betrifft aber nur Fiskalvertreter nach §§ 22a ff. UStG.

Hinweis: Trotz der in der zweiten Jahreshälfte 2020 abgesenkten Umsatzsteuersätze hat das BMF keine überarbeitete Jahressteuererklärung für 2020 veröffentlicht. Es gibt damit keine gesonderten Erklärungsfelder für die zu 16 % bzw. 5 % Umsatzsteuer ausgeführten Umsätze. Diese Umsätze sind einheitlich in den Zeilen zu „andere Steuersätze“ anzugeben.

Tipp: Ausführliche Informationen zur Erstellung der Umsatzsteuerjahreserklärung 2020 finden Sie im Haufe Steuer Office unter Haufe Index 14058257.

Neu: Umsatzsteuer-Voranmeldung 2021

Die Finanzverwaltung hat die neuen Vordrucke für die Umsatzsteuer-Voranmeldung 2021 vorgestellt (BMF, Schreiben v. 22.12.2020). Die Veröffentlichung erfolgte dieses Mal sehr spät, was u. a. daran lag, dass die Zustimmung des Bundesrates zum Jahressteuergesetz 2020 erst am 18.12.2020 erfolgt ist.

Neben einigen Änderungen in der Reihenfolge der Zeilen ist insbesondere die Einführung der neuen Zeilen 73 und 74 am Ende der Voranmeldung von Bedeutung. Diese beziehen sich auf Änderungen der Bemessungsgrundlage (§ 17 UStG) und machen schon eine Berücksichtigung bei der laufenden Buchhaltung notwendig. In der Zeile 73 (für den leistenden Unternehmer = Minderung der Umsatzsteuer) und in der Zeile 74 (für den Leistungsempfänger = Minderung der Vorsteuer) sind Änderungen der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG zusätzlich anzugeben.

Wichtig: Damit sind Änderungen der Bemessungsgrundlage bzw. des Vorsteuerabzugs zusätzlich zu den Zeilen 20 - 24 bzw. 55 sowie 59 und 60 anzugeben, die auf einer Uneinbringlichkeit einer Forderung basieren. Änderungen nach § 17 Abs. 1 Satz 5 UStG (innergemeinschaftliche Erwerbe und Umsätze, für die der Leistungsempfänger die Steuer nach § 13b UStG schuldet), Änderungen im Fall der Steuerschuld des Auslagerers (§ 13a Abs. 1 Nr. 6 UStG) und Änderungen bei der Lieferung an den letzten Abnehmer im innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft (§ 25b UStG) sind nicht zusätzlich einzutragen. Auch Skonti, Rabatte etc. sind nicht zu berücksichtigen, da diese nicht unter § 17 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 UStG fallen.

Damit die korrekte Angabe in den Voranmeldungen erfolgen kann, muss schon bei der Buchung ein entsprechender Steuerschlüssel bzw. ein separates Konto angesprochen werden. Insbesondere in der Übergangszeit werden nicht alle Sachverhalte korrekt erfasst werden können. In diesen Fällen sollte die Finanzverwaltung (z. B. über Zeile 82 zu Kennziffer 23) darüber informiert werden.

Wichtige Nichtbeanstandungsregelungen

Im Laufe des Jahres werden auch von der Finanzverwaltung Änderungen im Umsatzsteuerrecht vorgenommen bzw. werden gesetzliche Regelungen oder Veränderungen aufgrund der Rechtsprechung umgesetzt. Häufig ergeben sich dabei Übergangs- oder Nichtbeanstandungsregelungen, die in der Praxis mit zu beachten sind.

  • Die Finanzverwaltung hatte Änderungen bei der Beurteilung von Leasingverträgen vorgenommen (BMF, Schreiben v. 18.3.2020, BStBl 2020 I S. 286). Die neuen Regelungen zur Abgrenzung, ob eine Lieferung oder sonstige Leistung vorliegt, sind für Verträge anzuwenden, die ab dem 18.3.2020 abgeschlossen worden sind (Kommentierung des Schreibens).
  • Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 15.6.2020, BStBl 2020 I S. 580) konkretisiert im UStAE den Begriff der Erwerbsseeschifffahrt und nimmt territoriale Abgrenzungen vor. Darüber hinaus werden die Voraussetzungen für an Bord verkaufte Gegenstände nur dann in die Begünstigung einbezogen, wenn sie dem Grundbedarf der Besatzungsmitglieder oder Fahrgäste dienen. Die Finanzverwaltung beanstandet es aber nicht, wenn für Umsätze, die vor dem 1.4.2021 (ursprünglich 1.1.2021; verlängert durch BMF, Schreiben v. 18.12.2020, III C 3 - S 7155/19/10004 :001) ausgeführt werden, die bisherigen Regelungen angewendet werden.
  • Die Veräußerung von erworbenen Kapitallebensversicherungen auf dem Zweitmarkt ist nach der Rechtsprechung des BFH ein steuerfreier Umsatz im Geschäft mit Forderungen. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 17.6.2020, BStBl 2020 I S. 581) wendet dieses Urteil an, hat aber bis 31.12.2020 eine Nichtbeanstandungsregelung vorgegeben.
  • Die Mindestbemessungsgrundlage ist nach der Rechtsprechung des BFH dann nicht anwendbar, wenn der Leistungsempfänger voll zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und der Vorgang auch keiner Vorsteuerberichtigung unterliegen kann. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 7.7.2020, BStBl 2020 I S. 642) hat klargestellt, dass dies grundsätzlich auch bei der Lieferung von Strom und Wärme gilt. Für Umsätze, die vor dem 7.7.2020 ausgeführt wurden, beanstandet es die Finanzverwaltung aber auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs nicht, wenn der Unternehmer diese Leistungen der Mindestbemessungsgrundlage unterwirft. In diesen Fällen gilt die gesondert ausgewiesene Steuer auf die Mindestbemessungsgrundlage als Steuer nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG.
  • Nach der Rechtsprechung des BFH ermittelt sich die Bemessungsgrundlage bei einem Tausch anhand des subjektiven Werts, der der erhaltenen Leistung beigemessen wird. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 28.8.2020, BStBl 2020 I S. 928) schafft aufgrund dieser Rechtsprechung die bisherigen Regelungen zum verdeckten Preisnachlass im Kfz-Handel ab, beanstandet es aber für alle vor dem 1.1.2022 ausgeführten Leistungen nicht, wenn noch die bisherigen Rechtsfolgen zum verdeckten Preisnachlass angewendet werden.
  • Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 18.9.2020, BStBl 2020 I S. 976) hat grundsätzlich zu der Möglichkeit der rückwirkenden Rechnungsberichtigung Stellung genommen. Soweit eine berichtigungsfähige Rechnung vorliegt und die Rechnung vom leistenden Unternehmer berichtigt worden ist, kommt es zu einer Rückwirkung. Die Vorsteuer ist dann in dem Zeitraum abzugsfähig, in dem die ursprüngliche Rechnung vorlag. Beim Vorsteuerabzug bei rückwirkenden Rechnungsberichtigungen wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn der Vorsteuerabzug erst in dem Zeitraum geltend gemacht wird, in dem die berichtigte Rechnung vorliegt, wenn die berichtigte Rechnung dem Leistungsempfänger bis zum 31.12.2020 übermittelt worden ist.
  • Nachdem der BFH in einem Urteil 2013 festgestellt hatte, dass eine Werklieferung nur vorliegen kann, wenn ein leistender Unternehmer neben von ihm selbst beschafften Hauptstoffen auch einen fremden Gegenstand be- oder verarbeiten muss, passt die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 1.10.2020, BStBl 2020 I S. 983) den UStAE entsprechend an. Dies kann insbesondere bei der Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens von Bedeutung sein. Für Leistungen, die vor dem 1.1.2021 ausgeführt worden sind, beanstandet es die Finanzverwaltung aber nicht, wenn noch die früher von der Finanzverwaltung vertretene Rechtsauffassung angewendet wird.
  • Seit dem 1.1.2019 gelten unionseinheitliche Regelungen zu den sog. Einzweck- und Mehrzweck-Gutscheinen. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 2.11.2020) hat im November 2020 erstmalig umfassend zu den Neuregelungen Stellung bezogen (Kommentierung des Schreibens). Dabei ergeben sich Anwendungsgrundsätze, die nicht so aus dem Gesetz ersichtlich sind. Die Finanzverwaltung beanstandet es nicht, wenn für alle vor dem 2.2.2021 ausgestellten Gutscheine diese Regelungen noch nicht angewendet werden.
  • Die Finanzverwaltung  hatte im Februar 2020 ein Urteil des EuGH (Urteil vom 29.06.2017 - C-288/16 (L. C.)) umgesetzt, nach dem die drittlandsgrenzüberschreitende Güterbeförderung nur dann der Steuerbefreiung (§ 4 Nr. 3 Buchst. a UStG) unterliegt, wenn die Leistung von einem (Haupt-)Frachtführer gegenüber dem Absender oder dem Empfänger der Warenlieferung ausgeführt wird. Eine drittlandsgrenzüberschreitende Güterbeförderung, die durch einen Unterfrachtführer (Subunternehmer) ausgeführt wird, ist nach diesem Urteil nicht von der Steuerbefreiung erfasst. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 14.10.2020) beanstandet es für alle Leistungen, die bis zum 31.12.2021 ausgeführt werden, nicht, wenn auch noch die Unterfrachtführer die Steuerbefreiung für von ihnen ausgeführte drittlandsgrenzüberschreitende Güterbeförderungen in Anspruch nehmen.
  • Der BFH hatte entschieden, dass bei der Vermietung an durchschnittssatzbesteuerte Land- und Forstwirte keine Option nach § 9 Abs. 2 UStG ausgeübt werden kann, da diese nicht individuell zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 6.11.2020) hat dies umgesetzt und auch für Unternehmer als Leistungsempfänger angewendet, die die Durchschnittssatzbesteuerung nach den §§ 23 und 23a UStG anwenden. Für Umsätze, die vor dem 1.1.2020 ausgeführt waren, wird es aber nicht beanstandet, wenn entgegen der Rechtsprechung des BFH noch Vermietungsumsätze nach § 9 UStG steuerpflichtig ausgeführt wurden.
  • Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 12.11.2020) hat die Aussagen zu begünstigten Theatern u. ä. Einrichtungen präzisiert. So sind Theatervorführungen auch Aufführungen der Pantomime und Tanzkunst, der Kleinkunst, des Varietés (u. a. Zauberei, Artistik und Bauchrednerei), der Eisrevuen sowie Mischformen von Sprech-, Musik- und Tanzdarbietungen. Unter einschränkenden Voraussetzungen kann entsprechend der Rechtsprechung des BFH auch ein Hochzeits- oder Trauerredner eine begünstigte künstlerische Leistung ausführen. Die Finanzverwaltung beanstandet es – auch für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers – nicht, wenn für Umsätze vor dem 1.1.2021 noch die bisherige Rechtslage angewendet wird.

Aktualisierung: Die Finanzverwaltung hat zum Jahresende ihre Sondermaßnahmen zur Bewältigung der Coronakrise verlängert und z.T. ergänzt (mehr dazu).

Zum Jahreswechsel zu beachten

Zum Jahreswechsel sollte noch einmal für die Veranlagungen der vergangenen Jahre überprüft werden, ob evtl. strittige Sachverhalte zu Änderungen des Umsatzsteuerrechts führen könnten. In diesem Zusammenhang sollten immer die wichtigen gerade beim EuGH oder beim BFH anhängigen Verfahren beachtet werden – um ggf. für Altjahre noch durch einen Einspruch die Festsetzungsverjährung zu hemmen. Wichtige Fragen, die derzeit vom EuGH bzw. vom BFH zu klären sind, sind insbesondere:

  • Im Zusammenhang mit der Möglichkeit, Schulungsleistungen nach Unionsrecht steuerfrei auszuführen, bleibt noch eine Entscheidung des EuGH in einem Vorlageverfahren des BFH (Beschluss vom 27.03.2019 - V R 32/18, BStBl 2019 II S. 457; beim EuGH anhängig unter C-373/19 (Dubrovin & Tröger – Aquatics)) abzuwarten. Der BFH hatte den EuGH nach der Grundsatzentscheidung des EuGH (Urteil vom 14.03.2019 - C-449/17 (A & G Fahrschulakademie GmbH), BFH/NV 2019 S. 511) zu den Fahrschulen angerufen, um klären zu lassen, ob evtl. aufgrund unionsrechtlicher Vorgaben die Steuerbefreiung für (allgemeinen) Schwimmunterricht gegeben sein kann. Nach Auffassung des BFH handelt es sich bei dabei um elementare Grundkenntnisse, sodass aufgrund eines Gemeinwohlinteresses eine Steuerbefreiung durchaus unionsrechtlich in Betracht kommen könnte.
  • Dienstwagenüberlassung als entgeltlicher Umsatz: Das FG des Saarlandes (Beschluss vom 18.03.2019 - 1 K 1208/16; beim EuGH anhängig unter C-288/19 (QM)) hat den EuGH angerufen, um klären zu lassen, ob es sich bei der Überlassung eines Fahrzeugs an einen Arbeitnehmer um eine entgeltliche Leistung (tauschähnlicher Umsatz) oder um eine unentgeltliche Wertabgabe handelt. Das Ergebnis kann sowohl einen Einfluss auf die Festlegung des Orts der Leistung haben (insbesondere wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer in verschiedenen Mitgliedstaaten ansässig sind) als auch für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Höhe nach von Bedeutung sein. Nach dem Generalanwalt beim EuGH (Beschlussempfehlung des Generalanwalts Szpunar v. 17.9.2020 zur Rs. C-288/19) liegt eine entgeltliche Leistung gegenüber dem Personal nur vor, wenn das Personal etwas für die Leistung zahlt, auf einen Teil der Vergütung verzichtet oder wenn ein bestimmter Teil der geleisteten Arbeit als Gegenleistung angesehen werden kann. Unerheblich ist, ob nach nationalem Recht ertragsteuerrechtlich dies als Einkommen des Personals angesehen wird.
  • Zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft sind verschiedene Verfahren beim EuGH anhängig. Zur Frage, unter welchen Bedingungen eine Personengesellschaft weisungsgebunden eingegliedert sein kann, hat das FG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 21.11.2019 - 5 K 5044/19, DStRE 2020 S. 247; beim EuGH anhängig unter C-868/19 (M-GmbH)) den EuGH angerufen. Das FG hat Zweifel, dass die bisherige nationale Umsetzung unionsrechtlich haltbar ist. In einer anderen Frage haben sowohl der V. Senat (BFH Beschluss vom 07.05.2020 - V R 40/19, BFH/NV 2020 S. 839; beim EuGH anhängig unter C- 269/20 (S)) des BFH als auch der XI. Senat (BFH Beschluss vom 11.12.2019 - XI R 16/18, BFH/NV 2020 S. 598; beim EuGH anhängig unter C-141/20 (Norddeutsche Gesellschaft für Diakonie mbH)) den EuGH angerufen. In diesen Verfahren geht es um die Frage, ob im Falle der Organschaft der Organträger der Unternehmer und damit der Träger aller umsatzsteuerrechtlichen Rechte und Pflichten ist (so die bisherige Rechtsauffassung in Deutschland) oder ob der Organkreis (die Mehrwertsteuergruppe im unionsrechtlichen Sinne) als Unternehmer anzusehen ist.

Änderungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses zum 31.12.2020

Die Finanzverwaltung veröffentlicht jeweils zum Jahreswechsel ein umfangreiches BMF-Schreiben, in dem sie an diversen Stellen Überarbeitungen und Anpassungen am UStAE vornimmt, obwohl dieser schon unterjährig immer wieder geändert oder ergänzt wird. Neben redaktionellen Anpassungen wird hauptsächlich die schon zuvor veröffentlichte Rechtsprechung des BFH mit aufgenommen. In einigen Fällen werden Klarstellungen oder Präzisierungen vorgenommen. Materiell-rechtliche Änderungen sind damit häufig nicht verbunden, dennoch ist die Aufnahme von einigen BFH-Entscheidungen für die Praxis wichtig.

Nachtrag: Die Finanzverwaltung hat das Schreiben zwischenzeitlich veröffentlicht (BMF-Schreiben v. 15.12.2020 - Kommentierung).

Weitere wichtige Änderungen

Neben den gesetzlichen Änderungen und den auslaufenden Fristen ergeben sich aus der laufenden Rechtsprechung heraus weitere wichtige Beratungspunkte.

Unternehmereigenschaft

Zur Frage der Unternehmereigenschaft sind aus der Rechtsprechung die folgenden Punkte zu beachten:

  • Aufsichtsrat: Nach einer Entscheidung des EuGH (Urteil vom 13.06.2019 - C-420/18 (IO), BFH/NV 2019 S. 1053) hatte der BFH (Urteil vom 27.11.2019 - V R 23/19, BFH/NV 2020 S. 480) in einem Fall, bei dem ein Aufsichtsrat eine feste Vergütung bekam, ebenfalls keine Unternehmereigenschaft angenommen. Offen gelassen hat der BFH aber die Frage, wie die Unternehmereigenschaft zu beurteilen ist, wenn ein Aufsichtsrat eine erfolgsabhängige Vergütung erhält. Das Niedersächsische FG (Urteil vom 19.11.2019 - 5 K 282/18 – rechtskräftig) sieht Nichtunternehmereigenschaft auch bei (geringfügigen) leistungsabhängigen Vergütungen, da der Aufsichtsrat keine "Unternehmerinitiative" entfaltet.
  • Bruchteilsgemeinschaft: Der BFH (Urteil vom 07.05.2020 - V R 1/18, BFH/NV 2020 S. 1211) hat seine Rechtsauffassung bestätigt, dass eine Bruchteilsgemeinschaft nicht Unternehmer in der Umsatzsteuer sein kann, da sie nicht rechtsfähig ist. Eine Stellungnahme der Finanzverwaltung steht weiterhin aus.

Rechnung und Rechnungsberichtigung

Schuldet der leistende Unternehmer die Umsatzsteuer für seine Leistung, ist weiterhin eine ordnungsgemäße Rechnung notwendig. Zu den Rechnungsinhalten und der Rechnungsberichtigung ist Folgendes zu beachten:

  • Leistungsbeschreibung im Niedrigpreissegment: Im Streitfall der ordnungsgemäßen Leistungsbeschreibung in Rechnungen hat der BFH (Urteile vom 10.07.2019 - XI R 28/18, BFH/NV 2020 S. 313; XI R 2/18, BFH/NV 2020 S. 238 sowie XI R 27/18, BFH/NV 2020 S. 242) entschieden, dass "handelsüblich" keine verschärfende Voraussetzung ist. Insofern genügt jede Bezeichnung der Art der gelieferten Gegenstände den formellen Voraussetzungen, die unter die unionsrechtliche Definition "Menge und Art der gelieferten Gegenstände" fällt. Die Tatsacheninstanz muss – evtl. unter Zuhilfenahme eines Sachverständigen – ermitteln, welche Angabe der Art der gelieferten Gegenstände unter Berücksichtigung von Handelsstufe, Art und Inhalt des Geschäftes und dem Wert der einzelnen Waren handelsüblich ist.
  • Trockenbauarbeiten: Die Leistungsbezeichnung "Trockenbauarbeiten" kann ordnungsgemäß sein, wenn sie sich auf ein konkret bezeichnetes Bauvorhaben an bestimmten Ort bezieht (BFH Urteil vom 15.10.2019 - V R 29/19, BFH/NV 2020 S. 298).
  • Eine rückwirkende Rechnungsberichtigung kann durch Stornierung und Neuausstellung einer Rechnung erfolgen. Allerdings gelten die Wirkungen einer rückwirkenden Rechnungsberichtigung sowohl zum Vor- als auch zum Nachteil des Unternehmers (BFH Urteil vom 22.01.2020 - XI R 10/17, BFH/NV 2020 S. 825).

Hinweis: Die Finanzverwaltung (BMF, Schreiben v. 18.9.2020, BStBl 2020 I S. 976) hat sich mittlerweile ausführlich zur rückwirkenden Rechnungsberichtigung geäußert (Kommentierung des Schreibens).

Vorsteuerabzug

Der Vorsteuerabzug setzt neben einem Bezug für das Unternehmen auch voraus, dass die Leistung für eine den Vorsteuerabzug nicht ausschließende Ausgangsleistung verwendet wird. Zu beachten sind hier insbesondere:

  • Erschließungsmaßnahmen: Im Zusammenhang mit der Vorsteuerabzugsberechtigung von Erschließungsmaßnahmen hat der EuGH (Urteil vom 26.09.2020 - C-528/19 (Mitteldeutsche Hartstein Industrie)) festgestellt, dass Erschließungsmaßnahmen (hier Errichtung einer Straße für eine Gemeinde) den Vorsteuerabzug zulassen, wenn es sich dabei um der unternehmerischen Betätigung zuzurechnende Kosten handelt. Es handelt sich auch nicht um eine unentgeltliche Wertabgabe.
  • Zur Frage des Vorsteuerabzugs bei einem Home Office hat der BFH (Urteil vom 07.05.2020 - V R 1/18, BFH/NV 2020 S. 1211) den Vorsteuerabzug aus Aufwendungen zur Renovierung eines an den Arbeitgeber steuerpflichtig vermieteten Home Offices zugelassen. Dies kann sich auch auf einen Sanitärraum beziehen, nicht jedoch auf Dusche bzw. Badewanne.
  • Strittig war die Vorsteuerberichtigung bei einem in Bauabschnitten errichteten und in Gebrauch genommenen Gebäude. Der BFH (Urteil vom 29.04.2020 - XI R 14/19, BStBl II 2020 S. 613) hat dazu entschieden, dass ein in Etappen errichtetes und in Gebrauch genommenes Gebäude, ein "Wirtschaftsgut" i. S. d. § 15a UStG ist. Damit ist Berichtigungsobjekt jeweils der Teil, der entsprechend dem Baufortschritt in Verwendung genommen worden ist.

Steuerpflicht (Aktualisierung)

Eine wichtige Entscheidung gibt es im Zusammenhang mit der Steuerbefreiung bei Sportvereinen. Mitgliederbeiträge bei Sportvereinen werden derzeit in Deutschland – teilweise entgegen der Rechtsprechung des EuGH – als nichtsteuerbare Leistungen erfasst. Darüber hinausgehende Leistungen unterliegen dagegen regelmäßig nach nationalem Recht der Umsatzsteuer, da eine in Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL enthaltene Befreiungsmöglichkeit für Unternehmer, die Leistungen im Bereich Sport und Körperertüchtigung ausüben und kein Gewinnstreben haben, nicht national umgesetzt worden ist. Allerdings konnten entsprechende Vereine sich bisher insoweit auf das für sie günstigere Unionsrecht berufen. Der BFH (Beschluss v. 21.06.2018 - V R 20/17, BStBl 2018 II S. 558) hatte aber Zweifel an der unmittelbaren Berufungsmöglichkeit und hat den EuGH angerufen. Der EuGH (Urteil vom 10.12.2020 -  C-488/18 (Golfclub Schloss Igling e. V.)) hat die Zweifel des BFH bestätigt und sieht Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL als nicht unmittelbar berufungsfähig an. Die Vorgabe der MwStSystRL sei nicht unbedingt und hinreichend genau, sodass sich die einzelnen Unternehmer nicht auf diese Rechtsvorschrift berufen können.

Wichtig: Vereine können sich damit – soweit es für sie sinnvoll ist – auf die Steuerbarkeit von Mitgliederbeiträgen berufen. Soweit aber Vereine und Vereinigungen nach der nationalen Rechtslage steuerbare Leistungen ausführen, die nicht unter die Befreiung nach § 4 Nr. 22 UStG fallen, sind die Leistungen für Sport und Körperertüchtigung nicht von der Umsatzsteuer befreit. Es sollte jetzt der Gesetzgeber für eine unionsrechtskonforme Umsetzung in diesem Bereich Sorge tragen.

Der EuGH hat in seiner Entscheidung – obwohl es im vorliegenden Fall nicht mehr von steuerrechtlicher Bedeutung war – zu der Frage Stellung genommen, wie die Voraussetzung "ohne Gewinnstreben" auszulegen ist. Der EuGH hat dazu festgestellt, dass es sich dabei um einen autonom auszulegenden Begriff handelt, damit grundsätzlich die verfahrensrechtliche nationale Umsetzung unbeachtlich ist.

Wichtig: Der EuGH stellt aber eindeutig fest, dass diese Voraussetzung nur dann vorliegen kann, wenn die Einrichtung über ihre gesamte Existenz einschließlich der Liquidation keine Gewinne an die Gesellschafter, Teilhaber, Mitglieder o.ä. verteilt. Damit muss im Ergebnis sichergestellt sein, dass auch bei Liquidation das Vermögen an einen begünstigten Dritten übergeht.

Wärmelieferung (Aktualisierung)

Eine weitere wichtige Entscheidung zum Jahresende hat der EuGH im Zusammenhang mit der Lieferung von Wärme durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft an die Wohnungseigentümer getroffen.

Strittig war die Frage, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) mit der Lieferung von Wärme an Miteigentümer – hier aus einem von der WEG unterhaltenen Blockheizkraftwerk – eine der Besteuerung unterliegende Lieferung ausführt oder ob es sich um steuerfreie Leistungen handelt. Nach nationalen Vorschriften unterliegt dies der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 13 UStG. Der EuGH (Urteil vom 17.12.2020 - C-449/19 (WEG Tevesstraße)) hat – der Beschlussempfehlung des Generalanwalts beim EuGH (Beschlussempfehlung des Generalanwalts Bobeck v. 10.9.2020 zur Rs. C-449/19) folgend – festgestellt, dass die Lieferung der Wärme nicht unter den Begriff der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken und damit nicht in den Anwendungsbereich von Art. 135 Abs. 1 Buchst. l MwStSystRL fällt. Für eine Anwendung des § 4 Nr. 13 UStG fehlt eine unionsrechtliche Grundlage.

Wichtig: Damit ist die Lieferung der Wärme von der WEG an die Eigentümer für deren Beheizung des Sonder- oder Teileigentums zumindest aus unionsrechtlicher Sicht eine steuerbare und steuerpflichtige Leistung. Die WEG hat den Vorsteuerabzug aus den mit der Beheizung zusammenhängenden Eingangsleistungen und muss die Wärmelieferung der Besteuerung unterwerfen. Soweit eine WEG dann nicht unter die Kleinunternehmerbesteuerung fällt (dies dürfte nur für kleine Eigentümergemeinschaften möglich sein), können sich daraus erhebliche Probleme ergeben. Die nationale Umsetzung bleibt abzuwarten.

Brexit

Unternehmer, die Leistungsbeziehungen nach Großbritannien haben, müssen sich Gedanken darüber machen, welche Änderungen sich ergeben, wenn es zu einem "harten Brexit" zum 31.12.2020 oder einem geregelten Ausstieg kommen sollte. Insbesondere ergeben sich die folgenden Konsequenzen:

  • Warenlieferungen von und nach Großbritannien sind keine innergemeinschaftlichen Lieferungen bzw. innergemeinschaftlichen Erwerbe mehr. Einfuhrumsatzsteuer- und Ausfuhrverfahren müssen eingeplant werden.
  • Es muss eine andere Schlüsselung bei sonstigen Leistungen erfolgen – keine Anmeldung in der Zusammenfassenden Meldung mehr. Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers richtet sich nicht mehr nach § 13b Abs. 1 UStG.

Wichtig: Das BMF hatte im April 2019 ein Schreiben zu den umsatzsteuerlichen Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union veröffentlicht (Haufe Index 13039816). In Anbetracht der anschließend gewährten Fristverlängerung wurde das Schreiben kurze Zeit später wieder von der Homepage des BMF entfernt.

Aktualisierung: Das BMF hat mit Schreiben v. 10.12.2020 erneut zu den umsatzsteuerlichen Folgen des Brexits Stellung genommen (Kommentierung des Schreibens).

Weitere Aktualisierung: Eine erste Einschätzung zu dem am 24.12.2020 geschlossenen "EU-UK Tade and Cooperation Agreement" finden Sie hier.