Neue Herausforderungen für die Prüfung des Lageberichts

Das IDW hatte den Entwurf der Neufassung mit dem Titel "Prüfung des Lageberichts im Rahmen der Abschlussprüfung" (IDW EPS 350 n. F.) im Januar 2016 veröffentlicht. Die Verabschiedung des finalen Standards soll demnächst erfolgen.

Anzuwenden ist der neue Standard voraussichtlich für Prüfungen von Lageberichten für Berichtszeiträume, die nach dem 31.12.2016 beginnen. Es besteht also bereits heute Handlungsbedarf.

Der Standard bezieht sich auf die Prüfung des Lage- und Konzernlageberichts (im Weiteren wird vereinfachend nur auf den Lagebericht Bezug genommen).

Der bisherige IDW Prüfungsstandard "Prüfung des Lageberichts" (IDW PS 350) i. d. F. vom 9.9.2009 wurde umfassend überarbeitet. Dazu gab es viele Gründe, allen voran ist die dynamische Entwicklung der Lageberichterstattung anzuführen.

IDW EPS 350 stellt klar, dass für bei der Prüfung des Lageberichts (mitsamt seiner Angaben finanzieller / nichtfinanzieller Art, vergangenheitsorientiert / prognostisch) eine Urteilssicherheit zu erlangen ist, die mit der Prüfung eines Abschlusses vergleichbar ist. Um sich nicht mit der Prüfung einzelner Angaben zu verzetteln und dabei u. a. die Wirtschaftlichkeit der Prüfungsdurchführung aus dem Blick zu verlieren, ist ein risikoorientierter Prüfungsansatz notwendig. Dies erfordert insbesondere:

  • eine Befassung mit der Vorgehensweise des geprüften Unternehmens zur Ermittlung der Informationen und Aufstellung des Lageberichts,
  • eine Fokussierung auf Informationskategorien und entscheidungserhebliche Aussagen bei der Planung und abschließenden Beurteilung des Lageberichts sowie
  • eine Durchführung sachgerechter Prüfungshandlungen.

Wirtschaftsprüfer sind aufgefordert sich mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ihre bisherige Vorgehensweise bei der Prüfung des Lageberichts weiterhin adäquat ist. Im Rahmen eines e-Trainings werden für die Prüfung des Lageberichts verantwortliche Prüfer zielgerichtet über die nachfolgend dargestellten Neuerungen und Herausforderungen informiert.

Lageberichterstattung im Wandel

Der Lagebericht gehört zu den zentralen Berichtinstrumenten der Unternehmenskommunikation und befindet sich im stetigen Wandel. Mit diesem dynamischen Prozess sind stets neue Anforderungen an die Prüfung des Lageberichts verbunden.

Ursprünglich war es die Aufgabe des Lageberichts, die Aussagefähigkeit des Jahres- bzw. Konzernabschlusses über den vergangenen Geschäftsverlauf zu erhöhen. Im Lagebericht wurden daher die vergangenheitsorientierten finanziellen Angaben ergänzend erläutert und in einen Zusammenhang gestellt. Dementsprechend ist die Prüfung des Lageberichts integraler Bestandteil der Jahres- bzw. Konzernabschlussprüfung.

In mehreren Gesetzgebungsverfahren wurde der Lagebericht sukzessive um in die Zukunft gerichtete Informationen über die wirtschaftliche Lage des Unternehmens und deren Risiken und Chancen erweitert. Die Prüfung des Lageberichts wurde daher insgesamt darauf ausgerichtet, ob dieser in allen wesentlichen Belangen in Einklang mit dem Abschluss steht und die Chancen und Risiken der zukünftigen Entwicklung zutreffend darstellt.

Neben den umfassenderen gesetzlichen Anforderungen wurde auch die Auslegung der gesetzlichen Regelungen anspruchsvoller. Seit 2012 ist der Rechnungslegungsstandard DRS 20 bei Erstellung eines Konzernlageberichts zu beachten. DRS 20 ist maßgeblich für die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit eines Konzernlageberichts und hat auch Auswirkungen auf die Beurteilung des Lageberichts. Während die Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit bereits implizit in § 321 Abs. 2 Satz 1 HGB gefordert wird, verlangt § 322 Abs. 6 HGB nun explizit, dass sich das Prüfungsurteil im Bestätigungsvermerk auch darauf zu erstrecken hat, ob die gesetzlichen Vorschriften zur Aufstellung des Lageberichts beachtet worden sind.

Neben den steigenden Anforderungen an die finanzwirtschaftliche Berichterstattung im Lagebericht, dient der Lagebericht zunehmend auch als Instrument zur Vermittlung von Informationen über nichtfinanzielle Belange. Es handelt sich dabei sowohl um zu prüfende Informationen mit einem Bezug zur Geschäftstätigkeit (nichtfinanzielle Leistungsindikatoren nach § 289 Abs. 3 bzw. § 315 Abs. 1 Satz 4 HGB) als auch um nicht zu prüfende Informationen im Zusammenhang mit der Unternehmensführung (z. B. Nachhaltigkeitsberichterstattung, Angaben zur Förderung von Frauen in Führungspositionen, Bericht zur Entgeltgleichheit). Teilweise sind nicht zu prüfende nichtfinanzielle Informationen klar von der finanzwirtschaftlichen Lageberichterstattung abgegrenzt; immer ist dies indes nicht gegeben. Hier stellt sich die Frage einer „freiwilligen“ Einbeziehung der Angaben in die Prüfung.

Auswirkungen auf die Durchführung der Prüfung

Von der Weiterentwicklung der Vorschriften zur Lagerichterstattung sind nicht alle Unternehmen und Konzerne gleichermaßen betroffen. Die neuen Berichtspflichten knüpfen an unterschiedliche Kriterien an (z. B. Börsennotierung, teilweise in Kombination mit Größenmerkmalen, Mitbestimmungspflicht, Anzahl der Arbeitnehmer). Der Abschlussprüfer ist daher zunächst gefordert, seine Mandanten über die für sie geltenden Anforderungen zu informieren. Die häufig fehlende Erklärung zur Unternehmensführung bei Unternehmen, die unter das Drittelbeteiligungsgesetz fallen, ist hier ein Paradebeispiel für die Unkenntnis von Berichtspflichten.

Die größere Herausforderung für den Abschlussprüfer besteht jedoch darin, bei der Prüfung zukunftsorientierter und nichtfinanzieller Informationen hinreichende Prüfungssicherheit zu erlangen. Dies setzt eine risikoorientierte Planung sowie eine abschließende Beurteilung der Fehlerfeststellungen im Einzelnen und in der Gesamtbetrachtung voraus. Dabei gilt es, seine Mandanten von der Notwendigkeit eines systematischen Prozesses zur Aufstellung des Lageberichts zu überzeugen. Unabhängig von der Unternehmensgröße bedarf es festgelegter Verfahren zur Informationsermittlung und entsprechende Berichtsstrukturen innerhalb des Unternehmens, um alle erforderlichen Informationen zeitgerecht und verlässlich zur Verfügung stellen zu können.

Bislang haben sich die Prüfungshandlungen zur Beurteilung der Ordnungsmäßigkeit des Lageberichts häufig auf die Vollständigkeit der Angaben unter Verwendung von Checklisten konzentriert. Bei dieser Vorgehensweise wird jedoch ungenügend beachtet, dass Ordnungsmäßigkeit auch die Verlässlichkeit von Informationen umfasst. Dies setzt insbesondere die Nachvollziehbarkeit bzw. Prüfbarkeit von Angaben voraus. Die unterschiedlichen Arten von Angaben erfordern auch unterschiedliche Prüfungshandlungen.

IDW EPS 350 n. F. gibt hierzu verbindliche Prüfungshandlungen bzw. Fragestellungen für die Informationskategorien des DRS 20 vor. So ist z. B. die Prüfung der finanziellen Leistungsindikatoren an den folgenden Fragen auszurichten:

  • Handelt es sich um die bedeutsamsten Größen für die interne Steuerung?
  • Ist die Überleitbarkeit aus dem Jahresabschluss gegeben?
  • Würdigung, ob wesentliche Veränderungen der finanziellen Leistungsindikatoren gegenüber dem Vorjahr angemessen dargestellt und erläutert sind.

Insgesamt ist der Standard so konzipiert, dass er weitgehend ohne Rückgriff der übrigen IDW PS genutzt werden kann.

Redaktioneller Hinweise

e-Training: Das gemeinsam von der BDO AG und der Haufe Gruppe konzipierte e-Training bereitet Sie in ca. 210 Lernminuten (inkl. Abschlusstest) ideal auf die Änderungen durch den neuen IDW EPS 350 n. F. vor.

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Schlagworte zum Thema:  Wirtschaftsprüfung, Lagebericht, IDW, Konzern