Leitsatz

Die entgeltliche Aufnahme eines Sozius in eine ärztliche Einzelpraxis unter Anwendung des Zwei-Stufen-Modells stellt einen Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten dar. Steuerrechtlich ist von einem einzigen, nicht tarifbegünstigten Verkauf von Gesellschaftsanteilen auszugehen.

 

Sachverhalt

Der Kläger ist als Arzt freiberuflich tätig. Er betrieb im Streitjahr zunächst eine Einzelpraxis. Anschließend übte er seine ärztliche Tätigkeit zusammen mit einem Berufskollegen in einer Gemeinschaftspraxis aus. Hierzu wurde eine GbR gegründet. Der Kläger beteiligte seinen Mitgesellschafter gegen einen geringen Kaufpreis mit 5 Prozent an der Einzelpraxis. Im Verlauf des Streitjahres schlossen die Gesellschafter einen zweiten Vertrag über den Erwerb von weiteren Gesellschaftsanteilen an der Gemeinschaftspraxis. Der Sozius erwarb weitere 45 Prozent Gesellschaftsanteile gegen Zahlung eines Kaufpreises in Höhe von mehreren hunderttausend DM. Der Veräußerungsgewinn wurde vom FA als laufender Gewinn erfasst. Der Einspruch der GbR blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Die Klage war zulässig aber nicht begründet. Die entgeltliche Aufnahme eines Sozius in eine Einzelpraxis sei im Gegensatz zur Veräußerung eines Bruchteils eines bereits entstandenen Mitunternehmeranteils nicht als eine steuerbegünstigte Veräußerung zu betrachten. An diese Differenzierung knüpfe das sog. Zwei-Stufen-Modell an. In Rechtsprechung und Literatur werde diese Rechtsauffassung mittlerweile in Zweifel gezogen und auch die Veräußerung des Bruchteils eines Mitunternehmeranteils nicht als tarifbegünstigt angesehen. Der Senat lässt in seiner Entscheidung ausdrücklich offen, ob er sich dieser neuen, bisher noch nicht höchstrichterlich bestätigten Rechtsansicht anschließt. Im Streitfall sei nur aus steuerlichen Gründen eine Aufspaltung in zwei zeitlich getrennte Erwerbsvorgänge erfolgt. Es liege ein Gestaltungsmissbrauch mit der Rechtsfolge vor, dass steuerrechtlich von einem einzigen, nicht tarifbegünstigten Verkauf von Gesellschaftsanteilen auszugehen sei.

 

Hinweis

Das Zwei-Stufen-Modell wurde als Gestaltungsalternative zur Erlangung der Tarifermäßigung für den Gewinn aus der Ausgleichszahlung bei der Aufnahme eines Mitunternehmers empfohlen (Wacker, in: Schmidt, EStG, 22. Aufl. 2003, § 16 Rz. 565). Durch den Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden (§ 42 Abs. 1 S. 1 AO). Der Senat wertete die Umstände des konkreten Einzelfalls als missbräuchliche Gestaltung. Das Urteil erging zur alten Rechtslage (§ 16 Abs. 1 EStG a. F.). Das Zwei-Stufen-Modell ist für Veräußerungen ab dem 1.1.2002 versperrt, weil die Gewinne aus der Veräußerung eines Teils eines Anteils eines Gesellschafters nunmehr laufender Gewinn sind (§ 16 Abs. 1 S. 2 EStG n. F.).

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 08.10.2003, 10 K 3692/01

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