1 Arbeitsrecht

1.1 Einwurf in den Hausbriefkasten: Wann ist die Kündigung zugegangen?

BAG, Urteil v. 22.8.2019, 2 AZR 111/19

Die bislang in Bezug genommenen "Normalarbeitszeiten während der Tagesstunden" eines "erheblichen Teils der Bevölkerung" lassen nach Auffassung des BAG für sich allein keinen Rückschluss auf eine Verkehrsanschauung hinsichtlich der Leerung eines Hausbriefkastens am Wohnort des Klägers zu. In die Erwägungen müsse die vermehrte Anzahl von Beschäftigungsverhältnissen mit flexiblen Arbeitszeiten, z. B. im Homeoffice Beschäftigte bzw. Teilzeit- und geringfügig Beschäftigte, einbezogen werden sowie der Umstand, dass eine große Anzahl von Berufstätigen nicht kernerwerbstätig sei. Auch hatte das Landesarbeitsgericht nicht bedacht, dass der Kläger, an dessen Wohnanschrift die Zustellung durchgeführt wurde, nicht in Deutschland, sondern in Frankreich wohnt.

1.2 Verweigerung einer amtsärztlichen Untersuchung: Beamter darf in Ruhestand versetzt werden

OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 26.2.2020, 6 A 3273/19

Es war nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich, gem. § 26 des Beamtenstatusgesetzes nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Das beklagte Land habe von der Weigerung des Beamten, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, mangels anderer medizinischer Erkenntnisse über dessen Gesundheitszustand auch darauf schließen dürfen, dass dieser kein Restleistungsvermögen mehr besessen habe.

Es wäre widersprüchlich, aus der unberechtigten Verweigerung einer rechtmäßig angeordneten ärztlichen Begutachtung zwar auf die Dienstunfähigkeit schließen zu dürfen, nicht aber auf das Fehlen einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit infolge mangelnden Restleistungsvermögens, obwohl der Beamte beide Prüfungen mit seiner unberechtigten Weigerung vereitele. Die ärztliche Begutachtung im Falle einer Dienstunfähigkeit ziele gerade auch darauf ab, die medizinische Entscheidungsgrundlage für die Prüfung der tatsächlich bestehenden Leistungseinschränkungen und damit der noch verbleibenden Einsatzmöglichkeiten des Beamten zu liefern.

Liege eine solche Entscheidungsgrundlage nicht vor, weil der Beamte an der Feststellung seines Gesundheitszustandes trotz begründeter Zweifel an seiner Dienstfähigkeit nicht mitwirke, sei es dem Dienstherrn auch aufgrund seiner Fürsorgepflicht (§ 45 BeamtStG) verwehrt, den Beamten "aufs Geratewohl" in verschiedenen Verwendungen auszuprobieren.

2 Kapitalanlage & Versicherung

2.1 Finanzierung einer Schrottimmobilie: Welche steuerlichen Auswirkungen ergeben sich?

FG Baden-Württemberg, Urteil v. 26.7.2019, 13 K 1991/17

Das FG hat die Revision zugelassen, da die Frage, wie Vergleichsvereinbarungen bei Rechtstreitigkeiten in Zusammenhang mit der Vermittlung von sogenannten "Schrottimmobilien" steuerlich zu behandeln sind, bei denen der Erwerber die Immobilie behält und im Ergebnis wirtschaftlich nur einen Teilerlass der Darlehensforderung der Bank erreicht, bislang höchstrichterlich nicht geklärt ist.

Ferner ist offen, ob im Falle eines Verzichts auf die weitere Geltendmachung eines Darlehens im Rahmen eines Vergleichs, der ersichtlich vor dem Hintergrund möglicherweise bestehender und geltend gemachter Schadensersatzansprüche geschlossen wurde, von der Leistung von Schadensersatz ausgegangen werden kann oder ob diese Schadensersatzansprüche entweder von den Beteiligten anerkannt sein oder durch das FG positiv festgestellt werden müssen. Die Revision wurde eingelegt, Az. beim BFH IX R 32/19.

3 Lohn und Gehalt

3.1 Nicht für jeden Zuschlag gilt die Steuerfreiheit für Sonn-, Feiertags- oder Nachtarbeit

Hessisches FG, Urteil v. 14.1.2019, 2 K 1434/17

Das FG verwies darauf, dass die feststehende Bruttozulage auch nicht als begünstigter Abschlag oder Vorschuss (vor einer Einzelabrechnung nach tatsächlichen Arbeitsstunden) angesehen werden konnte. Die Revision ist eingelegt, Az. beim BFH VI R 30/19.

4 Private Immobilienbesitzer

4.1 Betriebskostenabrechnung: Der Begriff der "Fläche" muss nicht erläutert werden

BGH, Urteil v. 29.1.2020, VIII ZR 244/18

Unklarheiten, welche Gebäudeteile jeweils bei der Berechnung der Gesamtfläche berücksichtigt worden sind, betreffen nicht die formelle Ordnungsgemäßheit der Betriebskostenabrechnung, sondern sind eine inhaltliche Frage.

4.2 Herstellung von Wohnungen teils zur Vermietung, teils zur Veräußerung: Schuldzinsen müssen aufgeteilt werden

BFH, Urteil v. 4.2.2020, IX R 1/18

Bei Vermietung und Verpachtung neben anteiliger Selbstnutzung (bzw. Nutzung innerhalb einer anderen Einkunftsart, hier: sonstige Einkünfte, § 22 Nr. 2, 23 EStG) sind die Zinsen in vollem Umfang bei Vermietung und Verpachtung nur dann zu berücksichtigen, wenn

(1.) das Darlehen dem Vermietung und Verpachtung dienenden Gebäudeteil zugeordnet wird und

(2.) die Herstellungskosten des vermieteten Gebäudeteils getrennt ermittelt und ausgewiesen werden sowie

(3.) mit den Darlehensmitteln tatsächlich nur Aufwendungen beglichen werden, die der Herstellung des für Vermietung und Verpachtung bestimmten Gebäudeteils konkret zuzuordnen sind.

Es dürfte zweckmäßig sein, für jeden Gebäudeteil ein separates Baukonto (Kontentrennung) einzurichten.

Dem steht die Rechtsprechung zur Durchleitung eines Darlehensbetrags durch ein privates Kontokorrentkonto (BFH, Urteil v. 9.5.2017, IX R 45/15, BFH/NV 2017 S. 1036) nicht entgegen. Eine vergleichbare Ausnahmesituation liegt im Streitfall nicht vor.

4.3 Übernahme von Instandhaltungskosten: Warum ein Hausboot kein Wohneigentum ist

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 12.3.2020, L 15 AS 96/19

5 Sonstige Steuern

5.1 Welche Informationen muss die Finanzverwaltung an den Steuerpflichtigen herausgeben?

Sächsisches FG, Urteil v. 8.5.2019, 5 K 337/19

Gegenstand der Entscheidung ist nicht das Recht auf Akteneinsicht in die Akten der Finanzbehörde. Ein solches besteht auch nach der Ei...

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