1 Arbeitsrecht

1.1 Austritt aus der Kirche: Wann ist eine fristlose Kündigung gerechtfertigt?

LAG Stuttgart, Urteil v. 10.2.2021, 4 Sa 27/20; Vorinstanz: Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil v. 12.3.2020, 22 Ca 5625/19

Ob im Krankenhaus, im Kindergarten oder der Pflege: Immer wieder kommt es zu Kündigungen von Mitarbeitern kirchlicher Einrichtungen, denen der Vorwurf fehlender Loyalität zur Kirche gemacht wird. In unionskonformer Auslegung hat das Bundesarbeitsgericht zuletzt die Rechte von Arbeitnehmern in kirchlichen Einrichtungen gestärkt. Kirchen dürfen nur dann an Mitarbeiter Anforderungen aufgrund von Religionszugehörigkeit stellen, wenn sich diese Erwartungen als "wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderungen" darstellen.

1.2 Bereitschaftszeit bei der Feuerwehr: Ist das Arbeitszeit und wie muss sie bezahlt werden?

EuGH, Urteil v. 9.3.2021, C-580/19

Innerhalb von 20 Minuten in Arbeitskleidung zum Einsatz: Wenn Arbeitnehmer sich auf Abruf für die Arbeit bereithalten müssen, stellt sich immer wieder die Frage, wie diese Zeit rechtlich einzuordnen ist. Arbeitszeit oder Ruhezeit?

Mit dem aktuellen Urteil hat der EuGH jetzt Kriterien zur Abgrenzung von Ruhezeit und Arbeitszeit vorgegeben. Maßgeblich kommt es danach auf die konkreten "Einschränkungen" während der Bereitschaft an. Eine Einstufung als Arbeitszeit steht einer geringeren Vergütung jedoch nicht entgegen.

1.3 Streit unter Kollegen eskaliert: Fristlose Kündigung rechtmäßig

Arbeitsgericht Siegburg, Urteil v. 11.2.2021, 5 Ca 1397/20

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Auf Fehlverhalten am Arbeitsplatz folgt oftmals eine fristlose Kündigung. Arbeitsgerichte müssen dann häufig klären, ob der Arbeitgeber nicht zunächst hätte abmahnen oder ordentlich kündigen müssen. Der Diebstahl von Weinflaschen, das Löschen von Arbeitsdateien vom Server des Arbeitgebers oder der Missbrauch von Kundendaten waren aus Sicht verschiedener Arbeitsgerichte beispielsweise legitime Kündigungsgründe.

Auch im vorliegenden Fall war eine vorherige Abmahnung oder ordentliche Kündigung für das Arbeitsgericht Siegburg entbehrlich.

2 GmbH-Gesellschafter/-Geschäftsführer

2.1 Kein Freibetrag für die GmbH vor Gründung der atypischen stillen Gesellschaft

BFH, Urteil v. 15.7.2020, III R 68/18

Der BFH ergänzt, dass eine GmbH & atypisch Still als reine Innengesellschaft nicht Beteiligte in einem Verfahren wegen Gewerbesteuer sein kann. Die Besteuerungsmerkmale sind deshalb in einem gegen den Geschäftsherrn (die GmbH) als Steuerschuldner gerichteten Gewerbesteuer-Messbescheid zu erfassen. Die GmbH ist auch Adressat des die GmbH & atypisch Still betreffenden Gewerbesteuer-Messbescheids I. Der (hier nicht streitige) Gewerbesteuer-Messbescheid II, der den Gewinn der vom 18.12.2015 an bestehenden atypisch stillen Gesellschaft betrifft, war ebenfalls an die GmbH zu richten.

Im Übrigen ist die Vorstellung, der Freibetrag sei, da er sich bei der stillen Gesellschaft nicht in voller Höhe auswirkte, teilweise "verloren", unzutreffend. Denn der GmbH als einer Kapitalgesellschaft kann der Freibetrag nicht zustehen.

2.2 Kein rückwirkendes Entstehen eines Übernahmegewinns bei verstorbenem Gesellschafter

BFH, Urteil v. 8.9.2020, X R 36/18

Dieses Ergebnis entspricht der gesetzlichen Systematik. Es vermeidet rückwirkende Steuerbelastungen von Personen, die an dem Vermögensübergang gar nicht beteiligt sind und weder diesen noch den vorangegangenen Übergang der Anteile beeinflussen konnten. A hat sich als Alleingesellschafter zu der Verschmelzung entschlossen. Dadurch hat er den Besteuerungstatbestand des § 4 Abs. 4 UmwStG allein verwirklicht. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, dass die einkommensteuerrechtlichen Folgen dieser Entscheidung auch noch von einer dritten Person zu tragen sein sollten.

2.3 Persönliche Zahlungszusage des GmbH-Geschäftsführers als Schuldbeitritt

BGH, Urteil v. 3.9.2020, III ZR 56/19

Grundsätzlich ist die Haftung eines GmbH-Geschäftsführers als Binnenhaftung allein gegenüber der Gesellschaft ausgestaltet. Insbesondere Schadensersatzansprüche gegen den Geschäftsführer können damit im Grundsatz nur von der Gesellschaft, nicht aber von Dritten, geltend gemacht werden. Gleichzeitig können Zahlungsansprüche gegen die Gesellschaft im Regelfall nur gegen diese, nicht hingegen gegen die Geschäftsführer persönlich geltend gemacht werden. Das Urteil des BGH führt jedoch deutlich vor Augen, dass es hiervon auch Ausnahmen gibt und in zahlreichen Konstellationen – z. B. bei Schuldbeitritten, Garantieversprechen und Bürgschaften – für den Geschäftsführer die Gefahr einer persönlichen Haftung gegenüber Gesellschaftsgläubigern besteht.

2.4 Wenn der GmbH-Geschäftsführer seine Vertretungsmacht missbraucht

OLG Karlsruhe, Beschluss v. 25.8.2021, 9 U 29/19

Das Thema ist praxisrelevant und zwar gerade für Geschäftsführer, die von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sind und daher bei Vertragsabschlüssen auf mehreren Seiten als Vertreter oder Vertragspartei stehen können. Sie sollten interne Beschränkungen ihrer Geschäftsführungsbefugnisse immer beachten und sich um die Einholung der erforderlichen Genehmigungserklärungen (notfalls im Nachhinein) bemühen. Umgekehrt trifft zwar Vertragspartner im Rechtsverkehr keine aktive Nachforschungspflicht zu internen Geschäftsführungsbeschränkungen auf Seiten seines Vertragspartners. Wer beim Vertragsabschluss den Eindruck gewinnt, dass der Geschäftsführer seines Vertragspartners interne Beschränkungen missachtet, sollte sich jedoch ggf. rückversichern, um mindestens...

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