Entscheidungsstichwort (Thema)

Missbrauch der Vertretungsmacht durch den Geschäftsführer einer GmbH

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Geschäftsführer einer GmbH hat in seiner Tätigkeit ausschließlich die Interessen der Gesellschaft zu verfolgen. Er ist auch dann nicht berechtigt, bei der Vertretung eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen, wenn die Gesellschaft ihn vom Verbot des Selbstkontrahierens (§ 181 BGB) befreit hat.

2. Der Geschäftsführer einer GmbH ist ohne ausdrückliches Einverständnis der Gesellschafter nicht berechtigt, seine Ansprüche aus dem Anstellungsvertrag durch die Bestellung einer Sicherheit (notarielles Schuldanerkenntnis) zu Lasten der GmbH abzusichern.

3. Weiß der Geschäftsführer, dass er auf die Einräumung der Sicherheit keinen Anspruch hat, ist das im Wege des Selbstkontrahierens abgegebene notarielle Schuldanerkenntnis wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Auf die Frage, ob eine solche Sicherheit in ähnlichen Fällen von den Beteiligten als üblich oder angemessen angesehen wird, kommt es nicht an.

 

Normenkette

BGB § 138 Abs. 1, § 177 Abs. 1, § 181

 

Verfahrensgang

LG Freiburg i. Br. (Aktenzeichen 11 O 6/18)

 

Tenor

Der Senat erwägt gem. § 522 Abs. 2 ZPO eine Zurückweisung der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Freiburg vom 28.01.2019 - 9 U 29/19 -. Die Parteien erhalten vor einer Entscheidung Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

 

Gründe

I. Die Klägerinnen wenden sich gegen die Zwangsvollstreckung der Beklagten aus einer notariellen Urkunde des Notariats B. vom 26.06.2017 (Anlage K 2).

Die Klägerin Ziffer 3 ist eine Kommanditgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Sie betreibt eine private Klinik in E.. Die Klägerin Ziffer 2 ist ebenfalls eine Kommanditgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG; sie hat das Betriebsgrundstück, auf welchem sich die Klinik befindet, an die Klägerin Ziffer 3 vermietet. Die Klägerin Ziffer 1 ist eine Kapitalgesellschaft in der Rechtsform einer GmbH. Sie ist die Komplementärin der Klägerinnen Ziffer 2 und Ziffer 3.

Gesellschafter der Klägerin Ziffer 1 sind die Eheleute B. K. und B. C.. Beide halten an der Klägerin Ziffer 1 einen Geschäftsanteil in Höhe von jeweils 12.500,00 EUR. Die Eheleute B. K. und B. C. sind außerdem alleinige Kommanditisten der Klägerin Ziffer 2, mit einem Kommanditanteil in Höhe von jeweils 250,00 EUR. Einzige Kommanditistin der Klägerin Ziffer 3 ist B. K. mit einem Kommanditanteil von 1.000,00 EUR.

B. K. und B. C. sind außerdem Alleingesellschafter der OHM Co. Ltd., einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in Thailand. Am 25.07.2016 schloss die OHM einen Beratungsvertrag mit der Beklagten ab. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Hongkong. Einziger Gesellschafter und Geschäftsführer ("Director") ist A. H..

In dem Beratungsvertrag (Anlage K 1) verpflichtete sich die Beklagte, für die Klägerinnen bestimmte Dienstleistungen zu erbringen, insbesondere die Geschäftsführung der drei Klägerinnen in Deutschland durch A. H. zu übernehmen. Die Vertragspartner vereinbarten ein monatliches Honorar für die Beklagte in Höhe von 15.000,00 EUR zuzüglich weiterer Vergütungen für Überstunden und Spesen. A. H. übernahm im September 2016 die Geschäftsführung der Klägerinnen. Am 27.09.2016 wurde er als Geschäftsführer der Klägerin Ziffer 1 im Handelsregister eingetragen, und zwar einzelvertretungsberechtigt mit der Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit sich im eigenen Namen oder als Vertreter eines Dritten Rechtsgeschäfte abzuschließen.

Am 27.09.2016 wurde im Handelsregister für die Klägerin Ziffer 1 gleichzeitig die Abberufung von R. K. eingetragen, der bis dahin als Geschäftsführer für die Klägerin Ziffer 1 tätig gewesen war. R. K. war bis dahin außerdem aufgrund einer Vollmacht vom 05.03.2012 bevollmächtigt, für B. K. bestimmte Gesellschafterrechte wahrzunehmen. Zudem hielt R. K. bis Ende des Jahres 2016 die Geschäftsanteile von B. C. an der Klägerin Ziffer 1 und der Klägerin Ziffer 2 für diesen treuhänderisch aufgrund einer notariellen Treuhandvereinbarung vom 19.02.2015 (Anlage AG 4).

Am 03.09.2016 erklärte A. H. in einem schriftlichen Vertrag (Anlage K 4) einen Schuldbeitritt für die drei Klägerinnen zu den Verpflichtungen der OHM aus dem Beratungsvertrag vom 25.07.2016 gegenüber der Beklagten. A. H. handelte dabei gleichzeitig als Vertreter der drei Klägerinnen und als Vertreter der Beklagten. Am 26.06.2017 erklärte A. H. zudem in einer notariellen Urkunde des Notariats B. für die drei Klägerinnen ein Schuldanerkenntnis gegenüber der Beklagten mit Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung (Anlage K 2). Auch bei dieser Urkunde handelte A. H. sowohl für die drei Klägerinnen als auch für die Beklagte. Die Klägerinnen erkannten in dieser Urkunde an, der Beklagten einen Betrag in Höhe von 201.785,96 EUR zu schulden, außerdem weitere 15.000,00 EUR monatlich ab Juli 2017 bis einschließlich Dezember 2018 sowie für nach dem 22.06.2017 entstehende z...

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