Leitsatz

1. Ein inländisches Grundstück "gehört" einer Gesellschaft i.S. des § 1 Abs. 2a GrEStG nur dann, wenn es ihr im Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld für den nach § 1 Abs. 2a GrEStG der Grunderwerbsteuer unterliegenden Vorgang aufgrund eines zuvor unter § 1 Abs. 1 bis 3a GrEStG fallenden und verwirklichten Erwerbsvorgangs grunderwerbsteuerrechtlich zuzurechnen ist.

2. Ein Grundstück einer Untergesellschaft ist einer Obergesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich nur zuzurechnen, wenn die Obergesellschaft selbst es aufgrund eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1 bis 3a GrEStG erworben hat.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 2a, § 6 Abs. 3 Satz 2, § 23 GrEStG

 

Sachverhalt

Mit notarieller Vereinbarung vom xx.xx.2011 trat A die von ihm allein gehaltenen Anteile an einer GmbH & Co. KG (A‐KG) und deren Komplementärin (A‐GmbH) mit Wirkung zum yy.yy.2011 an eine luxemburgische Personengesellschaft (A‐S.e.c.s.) ab. Deren Gesellschaftsvermögen wiederum hielt allein A. Weiterer Gesellschafter der A‐S.e.c.s. war eine Kapitalgesellschaft luxemburgischen Rechts, deren Anteile ebenfalls von A gehalten wurden.

Die A‐KG war als Kommanditistin zu 100 % an der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, beteiligt. Die Klägerin ist Alleingesellschafterin einer Holding AG (X‐AG). Die X‐AG wurde durch die Klägerin und durch natürliche Personen 1994 gegründet. Die Klägerin hatte bei Gründung zunächst 99,97 % der Aktien übernommen. Infolge einer noch 1994 durchgeführten Kapitalerhöhung hielt die Klägerin 99,99 % der Aktien. Die X‐AG erwarb nach der Kapitalerhöhung Grundstücke. Im Jahre 2002 übernahm die Klägerin die bislang nicht von ihr gehaltenen Aktien (0,01 %) der X‐AG und war ab diesem Zeitpunkt zu 100 % an der X‐AG beteiligt.

Infolge der 2011 durchgeführten Konzernumstrukturierung stellte das FA gegenüber der Klägerin durch einen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abs. 1 AO) stehenden Bescheid fest, dass die im Vermögen der X‐AG befindlichen Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich zum Vermögen der Klägerin gehörten und die Konzernumstrukturierung im Hinblick auf die in die A‐S.e.c.s. eingebrachten Grundstücke der X‐AG nach § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. zwar steuerbar, nach § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG a.F. aber steuerbefreit sei. Nach weiteren Umstrukturierungen im Jahr 2013 nahm das FA an, dass diese Steuerbefreiung rückwirkend weggefallen sei, und erließ einen entsprechenden Feststellungsbescheid.

Das FG gab der Klage gegen den Feststellungsbescheid mit der Begründung statt, dieser sei schon deshalb rechtswidrig, weil die Klägerin den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. nicht erfüllt habe. Die Grundstücke der X‐AG seien der Klägerin mangels vorherigen Erwerbs grunderwerbsteuerrechtlich nicht zuzurechnen (FG München, Urteil vom 24.10.2018, 4 K 1101/15, Haufe-Index 12475103, EFG 2019, 65).

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision des FA zurück. Zutreffend habe das FG den angefochtenen Bescheid bereits deshalb aufgehoben, weil die Übertragung der Anteile im Jahre 2011 den Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. nicht erfülle. Im Zeitpunkt der wirksamen Übertragung der Anteile am yy.yy.2011 habe der Klägerin kein Grundstück i.S.d. § 1 Abs. 2a GrEStG a.F. "gehört". Die Grundstücke, die die X‐AG 1994 erworben hatte, seien der Klägerin grunderwerbsteuerrechtlich nicht zuzurechnen gewesen. Sie habe in Bezug auf diese Grundstücke zuvor keinen Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 1 bis 3a GrEStG verwirklicht. Die Mehrheitsbeteiligung an der X‐AG allein habe nicht dazu geführt, der Klägerin die Grundstücke beim Erwerb durch die X‐AG zuzurechnen. Die Absenkung der Beteiligungsgrenze für Anteilserwerbe nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG a.F. ab dem 1.1.2000 durch das StEntlG 1999/2000/2002 habe nicht zu einem Erwerbsvorgang und auch nicht zu einer Zurechnung der 1994 von der X‐AG erworbenen Grundstücke geführt. Durch den Erwerb der restlichen 0,01 % Anteile durch die Klägerin im Jahre 2002 sei der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG a.F. ebenfalls nicht verwirklicht worden. Auf die Frage, ob die Übertragungen und Umwandlungen im Jahre 2013 nach § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG a.F. zu einem rückwirkenden Wegfall einer Begünstigung hätten führen können, komme es daher nicht an.

 

Hinweis

Der BFH befasst sich im Besprechungsurteil mit verschiedenen Aspekten der grunderwerbsteuerrechtlichen Zurechnung von Grundstücken.

1. Der Übergang von mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen an einer Personengesellschaft unterliegt nur dann nach § 1 Abs. 2a GrEStG in der im Jahr 2011 geltenden Fassung (GrEStG a.F.) der GrESt, wenn der Gesellschaft im Zeitpunkt des Übergangs der Anteile ein inländisches Grundstück "gehört".

a) Gehört zum Vermögen einer Personengesellschaft ein inländisches Grundstück und ändert sich innerhalb von fünf Jahren der Gesellschafterbestand unmittelbar oder mittelbar dergestalt, dass mindestens 95 % der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen, gilt dies als ein auf die Übereignung eines Grundstücks auf eine neue Personengesellschaft gerichtet...

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