Leitsatz

1. Der von einer beschränkt steuerpflichtigen Körperschaft erzielte Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer inländischen Kapitalgesellschaft ist gemäß § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfrei.

2. Die Fiktion nichtabziehbarer Betriebsausgaben nach Maßgabe von § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG (sog. Schachtelstrafe) geht ins Leere, wenn die veräußernde Kapitalgesellschaft im Inland über keine Betriebsstätte und keinen ständigen Vertreter verfügt.

 

Normenkette

§ 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1, § 2 Nr. 1 KStG, § 17 Abs. 1 Satz 1, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. aa EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft ("Limited") mit Sitz und Geschäftsleitung in Bermuda (keine Betriebsstätte und kein ständiger Vertreter im Inland). Sie war im Streitjahr (2006) an der G LP (Bermuda) beteiligt, die aus der Veräußerung von Anteilen an einer inländischen AG (L AG) einen Gewinn erzielte, der wiederum "mittelbar" i.H.v. 10,95 % der Klägerin zuzurechnen war.

Das FA sah diesen Anteil als der beschränkten Körperschaftsteuerpflicht unterfallenden mittelbaren Veräußerungsgewinn an (§ 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e Doppelbuchst. aa und § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG), der nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG steuerfrei sei. 5 % dieses Gewinns qualifizierte das FA jedoch als Ausgaben, die nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 8b Abs. 3 Satz 1 KStG). Die Klage blieb ohne Erfolg (Hessisches FG, Urteil vom 28.4.2015, 4 K 1366/14, Haufe-Index 9116108, EFG 2016, 315).

 

Entscheidung

Der BFH hob das angefochtene Urteil auf und setzte die Körperschaftsteuer auf 0 EUR herab.

 

Hinweis

1. Mit der sog. Schachtelstrafe sind einige gravierende Rechtsprobleme verbunden. Hier ging es um die Reichweite der Fiktionswirkung mit Blick auf den für einen Besteuerungszugriff notwendigen Inlandsbezug von Einkünften eines Steuerausländers.

Im Streitfall liegen zwar der inländischen Besteuerung unterliegende Einkünfte vor (ein "DBA-Schutz" im Verhältnis zum Sitzstaat Bermuda besteht nicht) und es greift die Steuerfreistellung des § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG (Anwendung auch auf beschränkt steuerpflichtige Körperschaftsteuersubjekte). Aber die Fiktion pauschalierter Betriebsausgaben geht ins Leere, weil die Klägerin im Streitjahr nicht solche inländischen Einkünfte erzielt hat, bei deren Ermittlung Betriebsausgaben berücksichtigt werden könnten.

2. Dazu verweist der BFH auf den Gegenstand der Norm: Die Betriebsausgabenfiktion greift zwar als typisierende Pauschalierung unabhängig davon, ob und in welchem Umfang beim Steuerpflichtigen tatsächlich Betriebsausgaben im Zusammenhang mit dem veräußerten Anteil angefallen sind. Fingiert werden aber lediglich der betriebliche Aufwand und dessen Nichtabziehbarkeit. Der Besteuerungszugriff des deutschen Fiskus auf den fingierten betrieblichen Aufwand ist aber nicht Gegenstand der Fiktion.

Kontrollfrage: Würde der fingierte betriebliche Aufwand, falls er tatsächlich entstanden wäre, dem Besteuerungszugriff des deutschen Fiskus unterliegen?

3. Diese Frage ist hier zu verneinen: Denn zur Ermittlung der Einkünfte ist keine Gewinnermittlung durchzuführen, in deren Rahmen Betriebsausgaben be­rücksichtigt werden könnten. Es geht hier um den Veräußerungsgewinn als den Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Soweit in den Saldo tatsächlicher betrieblicher Aufwand eingeht (Veräußerungskosten), ist dieser von der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG umfasst (und daher nicht abziehbar). Ein etwaiger weiterer betrieblicher Aufwand, der in einem Veranlassungszusammenhang mit den veräußerten Anteilen steht, würde mithin wegen Fehlens einer inländischen Betriebsstätte oder eines für das Inland bestellten ständigen Vertreters (§ 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG) nicht dem deutschen Besteuerungszugriff unterliegen.

4. Hier hilft auch keine wirtschaftliche Betrachtung, der zufolge die Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 Satz 1 KStG im Ergebnis nur zu 95 % zu gewähren wäre und § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG daher als Vorschrift zu verstehen sei, die die Steuerfreistellung partiell wieder zurücknimmt.

Vielmehr flankiert § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG die prinzipielle Freistellung des Veräußerungsgewinns durch Qualifizierung eines pauschalen Prozentsatzes des Nettogewinns als fiktive Nichtabzugsgröße "nichtabziehbare Betriebsausgaben". Unabhängig von der wirtschaftlichen Wirkung ist der vom Gesetz gewählte Weg (echte Pauschalierung nicht abziehbarer Betriebsaufwendungen) wörtlich zu verstehen und ernst zu nehmen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 31.5.2017 – I R 37/15

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