Leitsatz

1. Ausbildungsbedingte Mehraufwendungen sind zur Berechnung des Jahresgrenzbetrags (1996: 12000 DM) beim Kinderfreibetrag in gleicher Art und Weise von den Einkünften und Bezügen des Kindes abzuziehen, wie dies beim Kindergeld geschieht.

2. Anders als beim Kinderfreibetrag sind beim Ausbildungsfreibetrag die Einkünfte und Bezüge des Kindes, soweit sie den anrechnungsfreien Betrag (3600 DM) übersteigen, auch dann gegenzurechnen, wenn sie unter dem Jahresgrenzbetrag bleiben.

3. Der Kinderfreibetrag wird auch dann gewährt, wenn zustehendes Kindergeld nicht in Anspruch genommen worden ist.

 

Normenkette

§ 31 Sätze 4 und 5, § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3, § 33a Abs. 2 Nr. 2, § 36 Abs. 2, § 63 Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG

 

Sachverhalt

Der studierende Sohn (S) der Kläger erzielte nebenbei Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit i.H.v. 14672 DM. Er kaufte Studienbücher für 681 DM. Das FA lehnte es ab, den Klägern, die kein Kindergeld erhalten hatten, einen Kinder- und einen Ausbildungsfreibetrag für S zu gewähren, da der Jahresgrenzbetrag nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG überschritten sei. Das FG wies die Klage ab.

 

Entscheidung

Die Entscheidung Die Revision der Kläger war teilweise erfolgreich. Der BFH sah die Kosten für die Studienbücher als ausbildungsbedingte Mehraufwendungen an, so dass der Jahresgrenzbetrag i.H.v. 12000 DM unterschritten wurde (14672 DM ./. 2000 DM Arbeitnehmer-Pauschbetrag ./. 681 DM). Wegen der Anrechnung der Einkünfte und Bezüge des S stand den Klägern aber der Ausbildungsfreibetrag nicht zu.

 

Hinweis

Das Besprechungsurteil nimmt Bezug auf die Grundsatzentscheidung vom 14.11.2000, VI R 62/97, BFH-PR 2001, 90. Anders als dort geht es aber nicht um Kindergeld, sondern um den Kinderfreibetrag. Da aber die Voraussetzungen des § 32 Abs. 4 EStG sowohl für das Kindergeld (§ 63 Abs. 1 Satz 2 EStG) als auch für den Kinderfreibetrag gelten, sind ausbildungsbedingte Mehraufwendungen in beiden Fällen in gleicher Weise zu berücksichtigen.

Das Besondere im Besprechungsfall lag darin, dass die Eltern tatsächlich kein Kindergeld erhalten hatten. Der BFH geht ohne nähere Begründung davon aus, dass der Kinderfreibetrag anzusetzen ist, ohne dass es einer Günstigerprüfung bedarf; insbesondere wurde kein fiktives Kindergeld hinzugerechnet. Denn nach § 36 Abs. 2 Satz 1 EStG gilt dies nur für "gezahltes" Kindergeld (evtl. anders bei § 53 Satz 3 EStG:"zustehendes" Kindergeld).

Im Streitfall war dagegen der Ausbildungsfreibetrag nicht zuzusprechen, weil er durch die anzurechnenden Einkünfte und Bezüge des Kindes aufgezehrt worden ist (vgl. § 33a Abs. 2 Satz 2 EStG). Eine vergleichbare Regelung fehlt beim Kinderfreibetrag/Kindergeld. Eine derartige Verrechnung (zur Vermeidung des "Hackebeileffekts") erfolgt u.a. nicht, weil sie der Gesetzgeber als zu verwaltungsaufwendig ansah (vgl. BFH, Urteil vom 21.7.2000, VI R 153/99, BStBl II 2000, 566).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.11.2000, VI R 76/00

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