Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Verhältnis von Kindergeld, Kinderfreibetrag und Ausbildungsfreibetrag bei ausbildungsbedingtem Mehraufwand

 

Leitsatz (NV)

  1. Ausbildungsbedingte Mehraufwendungen sind zur Berechnung des Jahresgrenzbetrages (im Streitjahr 1996: 12.000 DM) beim Kinderfreibetrag in gleicher Art und Weise von den Einkünften und Bezügen des Kindes abzuziehen, wie das beim Kindergeld geschieht.
  2. Anders als beim Kinderfreibetrag sind beim Ausbildungsfreibetrag die Einkünfte und Bezüge des Kindes, soweit sie den anrechnungsfreien Betrag (3.600 DM) übersteigen, auch dann gegenzurechnen, wenn sie unter dem Jahresgrenzbetrag bleiben.
  3. Der Kinderfreibetrag wird auch dann gewährt, wenn zustehendes Kindergeld nicht in Anspruch genommen worden ist.
 

Normenkette

EStG § 31 Sätze 4-5, § 32 Abs. 4 Sätze 2-3, Abs. 6, § 33a Abs. 2 Nr. 2, § 36 Abs. 2

 

Verfahrensgang

FG München (EFG 2000, 683)

 

Tatbestand

Der im Jahre 1974 geborene Sohn (S) der verheirateten und zusammenveranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) studierte im Streitjahr 1996. Für sein Studium erwarb S Fachbücher für insgesamt 681 DM. Im Streitjahr erzielte S nebenbei Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 14 672 DM. Die Kläger bezogen für S, der bei ihnen untergebracht war, kein Kindergeld.

Bei der Einkommensteuer-Veranlagung für 1996 lehnte es der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ―FA―) ab, zugunsten der Kläger einen Kinder- und einen Ausbildungsfreibetrag für S zu gewähren. Die Einkünftegrenze des § 32 Abs. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 12 000 DM sei überschritten. Nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG seien die Aufwendungen für die Studienbücher bei der Berechnung der Einkünfte des S außer Ansatz zu lassen.

Die hiergegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2000, 683 veröffentlichten Gründen im Wesentlichen ab. Aufwendungen für die Beschaffung von für das Studium benötigter Fachliteratur deckten keinen ausbildungsbedingten Sonderbedarf und seien deshalb nicht den Aufwendungen für "besondere Ausbildungszwecke" i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG zuzurechnen.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung von § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG. Die einengende Auslegung des Begriffs der "besondere Ausbildungszwecke" widerspreche dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 32 Abs. 4 EStG.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das Urteil der Vorinstanz abzuändern und bei der Einkommensteuer 1996 einen Kinderfreibetrag in Höhe von 6 264 DM und einen Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 2 400 DM für S zu berücksichtigen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist teilweise begründet.

1. Den Klägern steht für S ein Kinderfreibetrag in Höhe von 6 264 DM zu.

Gemäß § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a und Satz 2 i.V.m. Abs. 6 Sätze 1 und 2 EStG (in der für das Streitjahr 1996 geltenden Fassung) ist bei der Einkommensteuer zusammenveranlagter Eltern für das gesamte Jahr ein Kinderfreibetrag in Höhe von 6 264 DM in Abzug zu bringen, wenn ein Kind, das das 18., nicht aber das 27. Lebensjahr vollendet hat, sich in Ausbildung befindet und es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, in Höhe von nicht mehr als 12 000 DM im Kalenderjahr hat. Nach § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG bleiben hierbei Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt oder geeignet sind, außer Ansatz. Entsprechendes gilt für Einkünfte, soweit sie für solche Zwecke verwendet werden.

In dem Urteil vom 24. Oktober 2000 VI R 62/97 (BFH/NV 2001, 375) hat der Senat entschieden, dass unter den besonderen Ausbildungskosten i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 3 EStG alle über die Lebensführung hinausgehenden ausbildungsbedingten Mehraufwendungen zu verstehen sind. Hierzu zählen folglich auch Kosten für Studienbücher.

S hat im Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von 12 672 DM (14 672 DM ./. 2 000 DM) erzielt. Da S einen Teil dieser Einkünfte ausbildungsbedingt für Studienbücher in Höhe von 681 DM verwendet hat, wird der Jahresgrenzbetrag in Höhe von 12 000 DM unterschritten (12 672 DM ./. 681 DM).

2. Mit der Revision haben die Kläger zusätzlich zu dem Kinderfreibetrag weitere kindbedingte Steuervergünstigungen beantragt. Der Senat geht davon aus, dass die Kläger ―wie im Klageverfahren― für S einen Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 2 400 DM begehren.

Ein Ausbildungsfreibetrag nach § 33a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG steht den Klägern indessen nicht zu. Die nach Satz 2 dieser Vorschrift gegenzurechnenden eigenen Einkünfte des S in Höhe von 12 672 DM überschreiten den anrechnungsfreien Betrag von 3 600 DM so erheblich, dass der Ausbildungsfreibetrag in Höhe von 2 400 DM entfällt.

 

Fundstellen

BFH/NV 2001, 753

DStRE 2001, 524

EStB 2001, 170

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