Leitsatz

Das negative Kapitalkonto des Gesellschafters einer Personengesellschaft fällt zum Zeitpunkt weg, zu dem feststeht, dass ein Ausgleich des negativen Kapitalkontos mit zukünftigen Gewinnanteilen nicht mehr in Betracht kommt, spätestens im Moment der Betriebsveräußerung oder -aufgabe. Zumindest bei einer gewerblich geprägten Personengesellschaft sind Darlehensforderungen des Gesellschafters gegenüber der Gesellschaft, falls ein solcher Anspruch wertlos ist, im Sonderbetriebsvermögen noch nicht bei Betriebsaufgabe, sondern erst bei Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft wertzuberichtigen, da erst zu diesem Zeitpunkt der Verlust im Sonderbetriebsvermögen realisiert wird.

 

Sachverhalt

Die Klägerin war zu 100 % als Kommanditistin an der D E GmbH & Co KG beteiligt, deren Zweck der Betrieb von Gaststätten und die Durchführung von Veranstaltungen war.

Gegenüber der Stadtverwaltung und dem Finanzamt meldete die Firma ihr Gewerbe zum 31.8.2012 ab, ohne dass die Gesellschaft aufgelöst wurde. Zum 31.12.2014 schied die Komplementär-GmbH aus der D E GmbH & Co. KG aus, sodass deren Vermögen auf die Klägerin anwuchs.

Nach einer Betriebsprüfung ging das Finanzamt davon aus, dass die Betriebsaufgabe zum 31.8.2012 erfolgt sei. Das Finanzamt erfasste das negative Kapitalkonto der Kommanditistin als Veräußerungsgewinn. Der Einspruch gegen die entsprechenden Änderungsbescheide wies das Finanzamt als unbegründet zurück.

Mit der Klage trug die Klägerin vor, eine Betriebsaufgabe sei bis zur Anwachsung des Vermögens der D E GmbH & Co. KG auf die Klägerin nicht erfolgt. Mangels Erklärung der Betriebsaufgabe und aufgrund der fortbestehenden Absicht und Möglichkeit, Gewinne zu erzielen, sei das Schicksal des negativen Kapitalkontos erst im Zusammenhang mit der Anwachsung zu beurteilen.

Selbst wenn von einer Betriebsaufgabe auszugehen sein sollte, hätte eine nicht werthaltige Darlehensforderung im Sonderbetriebsvermögen der Klägerin auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden müssen. Dieser Verlust unterliege nicht den Beschränkungen des § 15a EStG.

 

Entscheidung

Das FG urteilte, dass die zulässige Klage unbegründet war. Zu Recht hat das Finanzamt das negative Kapitalkonto aufgrund der Einstellung des Gastronomiebetriebs zum 31.8.2012 aufgelöst. Auch war die Forderung der Klägerin gegen die D E GmbH & Co. KG bis zum Zeitpunkt der Anwachsung nicht abzuschreiben. Diese ist aufgrund der Anwachsung ohne Gewinnauswirkungen erloschen.

Entscheidend war, dass die D E GmbH & Co. KG den Betrieb vollständig im August 2012 eingestellt hat und danach keine Erlöse mehr erzielt oder Personal beschäftigt hat. Somit stand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass die Verluste nicht mehr mit zukünftigen Gewinnen ausgeglichen werden konnten.

Auch konnte die Darlehensforderung nicht auf den niedrigeren Teilwert abgeschrieben werden.

Ansprüche eines Gesellschafters aus einer Darlehensforderung gegenüber der Gesellschaft gehören zum Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters, das in der Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft als Eigenkapital behandelt wird. Daraus folgt, dass eine Wertberichtigung während des Bestehens der Gesellschaft regelmäßig nicht in Betracht kommt. Der Verlust im Sonderbetriebsvermögen entsteht erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerstellung, also beim Ausscheiden des Gesellschafters oder bei Beendigung der Gesellschaft. Damit trat der Verlust erst bei Vollbeendigung der Gesellschaft zum 31.12.2014 ein.

In diesem Zeitpunkt wurden Forderung und Verbindlichkeit in einer Person vereinigt, was zum Erlöschen führte. Gewinnauswirkungen konnten sich daraus nicht mehr ergeben.

 

Hinweis

Mit der Entscheidung, dass Verluste durch wertlose Forderungen im Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft erst im Zeitpunkt der Beendigung der Mitunternehmerschaft realisiert werden, schließt sich das FG der BFH-Rechtsprechung an (z. B. BFH, Urteil v. 5.6.2003, IV R 36/02 BStBl 2003 II S. 871). Nicht eindeutig durch höchstrichterliche Rechtsprechung geklärt scheint die Frage des Zeitpunkts der Betriebsaufgabe. Wohl deshalb ließ das FG die Revision zu, die (bisher) jedoch nicht eingelegt wurde.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil v. 20.07.2022, 9 K 3170/19 F

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