Das ausschlaggebende BFH-Urteil v. 24.10.2017, welches für die Anerkennung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes solche Zusatzleistungen erfordert, die das übliche Maß i.R. einer langfristigen Vermietung von Wohnungen überschreitet, ist nach Auffassung der Finanzverwaltung über den Einzelfall hinaus nicht anzuwenden. Entsprechend hielt die Finanzverwaltung an ihrer bisherige Rechtsauffassung gem. R E 13b.13 Abs. 3 ErbStR 2011 fest. Hiernach ist nach Satz 2 regelmäßig ein für ein Wohnungsunternehmen voraussetzender wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb bei mehr als 300 gehaltenen eigenen Wohnungen anzunehmen. Diese Rechtsauffassung bestätigte die Finanzverwaltung mit R E 13b.17 Abs. 3 ErbStR 2019 mit gleichlautendem Satz 2 (vgl. gleich lautende Erlasse der Obersten Finanzbehörden der Länder v. 23.4.2018 – S 3821, BStBl. I 2018, 692 = ErbStB 2018, 205 [C. Herbst]).

Beraterhinweis Es ist zu verdeutlichen, dass die 300 Wohnungen eigene Wohnungen der Gesellschaft sein müssen. Unberücksichtigt bleiben explizit Wohnungen, die "über" Bruchteilsgemeinschaften oder andere vermögensverwaltende Gesellschaften gehalten werden.

Ist R E 13b.17 Abs. 3 Satz 2 ErbStR 2019 nicht anzuwenden, da die Anzahl der Wohnungen die 300-Wohneinheiten-Grenze nicht überschreitet, gehören zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke und Grundstücksteile, die zum (begünstigungsfähigen) Betriebsvermögen gehören, gem. R E 13b.17 Abs. 1 ErbStR 2019 nicht zum sonstigen Verwaltungsvermögen, wenn der Hauptzweck des Betriebs in der Vermietung von eigenen Wohnungen (i.S.d. § 181 Abs. 9 BewG) liegt und dessen Erfüllung einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (i.S.d. § 14 AO) erfordert. Diese detailliert dem Wortlaut des Gesetzes nachempfundene Auffassung wird in Abs. 2 um eine betriebsbezogene Verhältnismäßigkeitsgrenze zur Identifikation des Hauptzwecks eines Betriebs ergänzt, welche besagt, dass dieser Zweck in der Vermietung von Wohnung besteht, wenn diese Vermietung zu Wohnzwecken den überwiegenden Teil der betrieblichen Tätigkeit ausmacht. Ergebnis ist, dass dieser Hauptzweck nach Auffassung der Finanzverwaltung auch dann anzunehmen ist, wenn der nicht überwiegende Teil nicht zu Wohnzwecken vermietet wird. Im Weiteren definiert die Finanzverwaltung die folgenden Indizien in Abs. 3, die zum Vorliegen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs führen können wie folgt (vgl. Wachter in Spiegelberger, Unternehmensnachfolge, 3. Aufl. 2022, § 7 Rz. 48, Hannes/Holtz in Meincke/Hannes/Holtz, ErbStG, 18. Aufl. 2021, § 13b Rz. 57 f. m.w.N., R E 13b.17 ErbStR 2019; v. Oertzen/Hübner, DStR 2020, 2587 m.w.N.):

  • Umfang der Geschäfte,
  • Unterhalten eines Büros,
  • Buchführung zur Gewinnermittlung,
  • Umfangreiche Organisationsstruktur zur Durchführung der Geschäfte,
  • Bewerbung der Tätigkeit,
  • Anbieten der Dienstleistungen bzw. Produkte einer breiten Öffentlichkeit gegenüber.

Zudem ist es nach Auffassung der Finanzverwaltung unschädlich, wenn nach R E 13b.17 Abs. 4 ErbStR 2019 dieser notwendige wirtschaftliche Geschäftsbetrieb nicht direkt beim übertragenen Betrieb vorliegt. Hiernach liegt auch dann ein Wohnungsunternehmen vor, wenn die Tätigkeit der Vermietung und Verwaltung durch die Betriebsgesellschaft i.R. einer Betriebsaufspaltung erfolgt. Gleiches gilt, wenn diese Tätigkeit für den eigenen Grundbesitz durch Tochtergesellschaften oder externe Dienstleistungsunternehmen durchgeführt wird. Es ist jedoch ausgeschlossen, eine Verwaltungstätigkeit, welche den Umfang der Vermögensverwaltung nicht überschreitet, durch Auslagerung an externe Dienstleitungsunternehmen dahingehend zu heilen, dass dadurch ein notwendiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vorliegt (vgl. ebenda).

Wird nun Fall 2 die Auffassung der Finanzverwaltung zugrunde gelegt, ergibt sich abweichend Folgendes:

 

Beispiel 2 – Lösung 3

Zunächst ist auch der an Dritte überlassene Grundbesitz als sonstiges Verwaltungsvermögen gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 1 ErbStG zu identifizieren, wenn keine Ausnahme des § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 ErbStG anzuwenden ist. Entsprechend ist § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. d ErbStG im Zusammenhang mit R E 13b.17 ErbStR 2019 zu prüfen. Gemäß R E 13b.17 Abs. 3 Satz 2 ErbStR 2019 ist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb regelmäßig anzunehmen, wenn das Unternehmen mehr als 300 Wohnungen hält. Dies liegt im Fall der Immobilien-GmbH mit 301 Wohnungen vor. Unter Hinzunahme des vorliegenden Hauptzwecks in der Vermietung von eigenen Wohnungen ist § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. d ErbStG i.V.m. R E 13b.17 ErbStR 2019 anzuwenden, wodurch der an Dritte überlassene Grundbesitz kein sonstiges Verwaltungsvermögen darstellt. Da kein sonstiges Verwaltungsvermögen vorliegt und der Finanzmittelbestand nicht mehr als 90 % des Unternehmenswerts darstellt, wird für eine Übertragung die Steuerbefreiung nach den §§ 13a, 13b ErbStG möglich sein.

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